Ukrainische Gegenoffensive: Putins Super-Gau
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Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben im Süden des Landes rund 500 Quadratkilometer im Zuge seiner Gegenoffensive zurückerobert. Auf verschiedenen Abschnitten seien die Truppen etliche Kilometer vorgerückt, sagt die Sprecherin des südlichen Militärkommandos, Natalia Humeniuk. Nach Einschätzung Großbritanniens hat Russland zudem den Abzug seiner Truppen aus dem gesamten zuvor besetzten Gebiet westlich des Flusses Oskil in der Region Charkiw im Nordosten befohlen. Die schnellen Erfolge der ukrainischen Streitkräfte hätten erhebliche Auswirkungen auf die gesamten operativen Pläne Russlands, teilte das britische Verteidigungsministerium mit.
Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin bedeuten die militärischen Rückschläge womöglich Ungemach. Jahrelang pflegte er das Image eines Führers, der Russlands militärische Macht und seinen Status als Großmacht nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wiederherstellt. Mehrere Kriege und Militäraktionen (Tschetschenien, Georgien) untermauern diese These. Diese Errungenschaften scheinen sich in der Ukraine im Zuge eines diffusen russischen Rückzugs unterzugehen.
Freilich ist der Krieg noch lange nicht vorbei. Trotz der jüngsten Rückeroberungen hält Russland immer noch einen beträchtlichen Teil des Nachbarlandes besetzt. Moskau hat zudem bewiesen, dass es weiterhin Zerstörungspotenzial besitzt. Am Wochenende wurden wichtige Infrastrukturen beschossen. Am Sonntag meldeten die ukrainischen Behörden großflächige Strom- und Wasserversorgungsausfälle.
Putin und der Kreml haben zu den Rückschlägen vom Wochenende geschwiegen. Bislang gibt es auch keine Anzeichen dafür, dass sich unter den russischen Bürgern Widerstand gegen den Krieg regt oder dass sie den Präsidenten persönlich für die Fehler verantwortlich machen. Doch der Trommelwirbel der Unzufriedenheit über das Versagen der Armee wird unter russischen Analysten, die eine Niederlage in der Ukraine für möglich halten, immer lauter. Ein solches Ergebnis würde Putins Ruf als unfehlbarer Führer schwer erschüttern. Es könnte auch sein politisches Aus bedeuten. Noch aber ist es noch nicht so weit.
In Deutschland sind die Diskussionen um weitere Waffenlieferungen an die Ukraine nach den jüngsten militärischen Erfolgen Kiews wieder hochgekocht. Westliche Waffensysteme könnten in dem Abwehrkrieg der Ukraine gegen Russland einen Unterschied machen, hieß es etwa von den Grünen. „Die Zeit der Zögerlichkeit muss vorbei sein. Es muss mehr geliefert werden.“ Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine. Es sei von hoher Relevanz, die Erfolge des äußerst kampfwilligen ukrainischen Militärs bei der Rückgewinnung der eigenen Gebiete durch die Lieferung solcher Panzer zu untermauern, sagt Strack-Zimmermann in der ARD.
Bundeskanzler Olaf Scholz reagierte derweil zurückhaltend auf erneute Forderungen nach Panzerlieferungen. Die Waffen, die Deutschland geliefert habe, leisteten derzeit einen wichtigen Beitrag für die derzeitige Kriegssituation, sagte Scholz. Ansonsten gelte weiter, dass Deutschland keine Alleingänge unternehmen werde. Deutschland werde der Ukraine aber besonders bei der Artillerie und der Luftabwehr helfen, sagte Scholz.
Der russische Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, erhob schwere Vorwürfe gegen Deutschland wegen der Waffenlieferungen an Ukraine. „Allein die Lieferung tödlicher Waffen an das ukrainische Regime, die nicht nur gegen russische Soldaten, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung im Donbass eingesetzt werden, ist eine "rote Linie", die die deutsche Regierung (...) nicht hätte überschreiten dürfen", sagte Netschajew der Tageszeitung „Iswestija".
Russland will den Krieg ungeachtet der jüngsten Rückschläge in voller Intensität weiterführen. „Die militärische Spezial-Operation wird fortgesetzt", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. „Sie wird fortgesetzt, bis die anfangs gesetzten Ziele erreicht sind", fügte er hinzu.
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