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17:49 Uhr, 23.05.2019

Türkischer Wahlleiter: „Neuwahl in Istanbul nicht ausreichend begründet“

Der Chef der türkischen Wahlbehörde hält die Annullierung der Bürgermeisterwahl in Istanbul für nicht ausreichend begründet.

Istanbul (Godmode-Trader.de) - Auf Drängen des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan beschloss die oberste Wahlbehörde (YSK) der Türkei, die Bürgermeisterwahl von Istanbul zu annullieren und eine Neuwahl am 23. Juni anzusetzen. Der Kandidat der größten Oppositionspartei CHP, Ekrem Imamoglu, hatte die Bürgermeisterwahl am 31. März knapp vor dem früheren Ministerpräsidenten Binali Yildirim gewonnen. Imamoglu wurde das Mandat aberkannt.

Nach der internationalen Kritik in Bezug auf die umstrittene Annullierung der Bürgermeisterwahl hat die oberste Wahlbehörde nun eine 200 Seiten starke Erklärung veröffentlicht. YSK hat ihren Entscheid in erster Linie damit gerechtfertigt, dass an 754 Urnen die Vorsitzenden der Wahlräte anders als gesetzlich vorgesehen keine Beamten gewesen seien.

Nun hält pikanterweise der Chef der türkischen Wahlbehörde YSK selbst die Annullierung der Bürgermeisterwahl für unzureichend begründet. YSK-Chef Sadi Güven schrieb in einer persönlichen Stellungnahme, die an die Erklärung der YSK zur Wahl angehängt ist, er selbst habe deshalb dagegen gestimmt. Jeder Wahlrat bestehe aus sieben Personen, und es gebe keine Beweise dafür, dass regelwidrig beauftragte Vorsitzende allein Einfluss auf das Ergebnis der Wahl haben könnten. Zudem reiche auch „nach der Bestimmung des Verfahrens zur Bildung der Wahlräte" die regelwidrige Zusammensetzung solcher Räte als Grund nicht aus, um die Wahl selbst für ungültig zu erklären. Er machte darauf aufmerksam, dass die AKP von Präsident Erdogan auch an den beanstandeten Urnen Beobachter hatte.

Sieben Mitglieder der YSK hatten für die Neuwahl gestimmt, vier dagegen - unter ihnen der langjährige Chef, wie sich nun herausstellte. Und die Situation spitzt sich derweil weiter zu: Vor der Wiederholung der Bürgermeisterwahl in der türkischen Millionenmetropole hat die dortige Staatsanwaltschaft Anklage gegen eine prominente Politikerin der Oppositionspartei CHP erhoben. Canan Kaftancioglu wird der Nachrichtenagentur DHA zufolge Terrorpropaganda, Volksverhetzung, Präsidentenbeleidigung, Beamtenbeleidigung und Verunglimpfung des Staates vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft fordert laut DHA bis zu 17 Jahre Haft. Unter den acht Klägern sei auch Präsident Erdogan. Kaftancioglu ist als CHP-Chefin von Istanbul eine einflussreiche Unterstützerin ihres Parteikollegen Ekrem Imamoglu, der bei der Kommunalwahl Ende März in Istanbul zum Bürgermeister gewählt worden war.

2 Kommentare

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  • Pitjupp
    Pitjupp

    Sehr demokratischer NATO-Staat, die Türkei. Immerhin gab es Stimmen gegen die Annullierung der Wahl. Finde ich im Übrigen ganz richtig, dass Politiker, die von Leuten unterstützt werden, die Verbrechen wie Terrorpropaganda, Volksverhetzung, Präsidentenbeleidigung, Beamtenbeleidigung und Verunglimpfung des Staates begehen, keine Bürgermeister werden sollten. Bei uns zum Beispiel wären das einige AFD-Politiker. Nur geht gegen die keiner vor.

    14:19 Uhr, 24.05.2019
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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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