Fundamentale Nachricht
09:23 Uhr, 12.07.2016

Trotz gutem Jahresauftakt belastet Brexit die Schwellenländer

Eine Rezession würde nach Meinung von Paul McNamara, Investment Director bei GAM, der Türkei am stärksten zusetzen.

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Zürich (GodmodeTrader.de) - Nach einem sehr guten Jahresauftakt von Schwellenländeranleihen und -währungen haben einige Anleger Gewinne realisieren können. Das überraschende Brexit-Votum Großbritanniens hat die Schwellenländer jedoch getroffen: Lokalwährungsanleihen und Schwellenländeraktien büßten nach dem Austritts-Referendum ein. Paul McNamara, Investment Director bei GAM, ist aber der Meinung, dass sich der beschlossene Brexit nur dann dauerhaft negativ auf die Schwellenländer auswirken wird, wenn er die globale Wirtschaft in Mitleidenschaft zieht.

„Schwellenländer haben eigentlich keine direkte Verbindung zur britischen Wirtschaft. Somit hätte eine durch den Brexit hervorgerufene Rezession in Großbritannien nur einen begrenzten Einfluss auf die Emerging Markets. Das größere Risiko besteht darin, dass die gestiegene Unsicherheit den Kreditmarkt in der Eurozone stark verengt und so die gesamte Eurozone in eine Rezession rutschen könnte“, schreibt McNamara in einem aktuellen Marktkommentar.

Eine solche Rezession könne dazu führen, dass die Risikoscheue wachse und die Zinssätze im Euroraum sänken. Beide Faktoren würden laut McNamara den US-Dollar stärken. „Eine solche Aufwertung des US-Dollar würde die gesamten Emerging Markets belasten – insbesondere jedoch die Türkei“, so McNamara. „Im jetzigen Stadium sehen wir eine potenzielle Rezession in der Eurozone jedoch nicht als Basisszenario. Wir werden die Risiken aber im Auge behalten.“ Die Experten von GAM sichern das Risiko bereits zum Teil ab, indem sie – abhängig vom Mandat – in EUR/USD oder GBP/USD short gehen.

Es sei extrem schwierig die kurzfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen des Brexit-Votums einzuschätzen, so McNamara. Die Unsicherheit der Investoren sei daher gestiegen und die Stimmung am Markt könne sich verschlechtern. Das Risiko, dass die britische Wirtschaft im zweiten Halbjahr 2016 in eine Rezession rutschen könnte, sei erheblich. Einen direkten Einfluss auf die Emerging Markets habe die Entscheidung der Briten jedoch nicht: „Nur 2,5 Prozent der Exporte aus Emerging Markets gehen nach Großbritannien. Ein Rückgang der Nachfrage wäre somit nur ein milder Gegenwind für die Schwellenländer“, sagt McNamara. „Allerdings ist es wahrscheinlich, dass andere Faktoren die Emerging Markets beeinflussen. Unserer Meinung nach wäre eine Ansteckung über die Finanzkanäle ein viel signifikanteres Risiko.“ Die Banken der Eurozone sind durch negative Zinssätze und strengere Regulierungen (Basel IV) bereits angeschlagen. Zudem habe der EURO STOXX Banks-Index schon vor dem Referendum in Großbritannien rund 35 Prozent unter dem Vorjahreswert gelegen. Seit dem „Nein“ der Briten zur EU sei der Index um zusätzliche 23 Prozent gefallen, heißt es weiter.

„Diese Fakten sind besorgniserregend, da Bankenaktien historisch gesehen immer ein guter Indikator für die zukünftige Entwicklung des Kreditwachstums waren. Wenn diese Wechselwirkung – auch nur teilweise – anhält, könnten die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum in Europa massiv sein“, warnt McNamara. Allerdings sei in diesem Fall absehbar, dass die Vorschläge zur Bankenregulierung abgeschwächt werden und die Regierungen die Banken rekapitalisieren könnten, falls die Kapitaladäquanz das Kreditwachstum einschränken würde. Dies sei auch der Grund, warum die Experten bei GAM zwar das Risiko beobachten, aber eine Rezession in der Eurozone nicht als Ausgangsszenario für ihre Prognose der Emerging Markets sähen. Ein wichtiger Indikator zur Beurteilung der Eurozone werde die EZB Bank Lending Survey sein, die Ende Juli veröffentlicht werden wird.

Am heftigsten könnten sich die Entwicklungen auf die Türkei auswirken. Denn: Sowohl die Eurozone als auch Großbritannien sind wichtige Handelspartner. Außerdem neigt die Türkei zu relativ großen Leistungsbilanzdefiziten. Die Portfolioinvestitionen in die Türkei waren zudem tendenziell volatil, die ausländischen Direktinvestments und die Investitionen in Bankenkredite waren jedoch bislang relativ stabil. „Wenn sich die Kreditkonditionen in der Eurozone verschärfen, werden die Kredite für die Türkei mit als erstes einbrechen. Wenn dann zusätzlich die Risikoaversion steigt und Kapitalströme in das Portfolio von entwickelten Märkten fließen, könnte die Zahlungsbilanz der Türkei schnell unter Druck geraten“, erklärt McNamara. „Das hohe Level der Fremdwährungsschuld in der Türkei würde dazu führen, dass die Devisenschwäche eine Ausfallquote bei Unternehmensanleihen hervorruft.”

„Unserer Ansicht nach haben sich die Fundamentaldaten der Emerging Markets über die letzten drei Jahre wesentlich verbessert: Eine Wende im Kreditzyklus könnte dafür sorgen, dass das Wachstum der Schwellenländer zum Jahresende 2016 an Fahrt aufnimmt“, prognostiziert McNamara. „Jedoch können wir das mögliche Risiko, dass der Brexit nach sich zieht, nicht ignorieren. Sollten sich die Konditionen verschärfen, werden wir uns defensiver aufstellen.”

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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