Kommentar
14:38 Uhr, 23.02.2012

Trading mit Zyklen: EUR/USD vor mehrmonatigem Kaufsignal?

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Um die Überraschung gleich vorwegzunehmen: EUR/USD steht kurz vor einem langfristigen Kaufsignal. Für diese Behauptung gibt es viele stichhaltige Argumente, von denen kein einziges fundamentaler Natur ist. Die Schlussfolgerung folgt einzig und allein aus zyklischen Gesichtspunkten.

Je nach Basiswert funktioniert die Zyklenanalyse unterschiedlich gut. Währungen sind eine Anlageklasse, bei denen Zyklen besonders gute Ergebnisse liefern. Das Währungspaar EUR/USD steht demnach kurz vor einem Kaufsignal, das mindestens 7 Monate gelten sollte. Im besten Fall sogar 12 Monate. Der 10-Jahreschart auf Monatsbasis enthüllt gleich mehrere Zyklen. Der längste zu erkennende Zeitraum ist 4,5 Jahre lang. Dieser Zyklus gibt den Zeitpunkt 54-monatiger Tiefs vor. Das zuletzt gesehene Tief erfolgte im Juni 2010 bei ca. 1,19. Das nächste langfristige Tief ist voraussichtlich Ende 2014 zu erwarten. Der Weg dorthin wird begleitet von kürzeren Zyklen. Laut der Theorie ist der nächstkürzere Zyklus ausgehend von 54 Monaten ein 18 Monatszyklus. Das trifft bei EUR/USD sehr gut zu. Innerhalb der 4,5 Jahresspanne bildet das Paar alle 1,5 Jahre ein kleineres Tief aus. Die Hochpunkte zwischen den Tiefs waren von 2001 bis 2004 bullisch zu werten, da das Ausbilden von zyklischen Hochs länger als 9 Monate in Anspruch nahm. 2004 zeigte eine kürzere Anstiegsphase von 8 Monaten an, dass eine größere Konsolidierung zu erwarten war. Die Logik dahinter ist relativ einfach. In Bullenmärkten steigen die Märkte länger als sie fallen. Daher bilden sich Hochs über einen Zeitraum, der größer ist als die Hälfte des mittelfristigen Zyklus. Das Tief vom Juni 2007 war extrem bescheiden, was ebenfalls als sehr bullisch zu werten war.

Euro Dollar weist noch eine Besonderheit auf: nicht nur die Tiefs halten sich ziemlich exakt an einen 18-Monatszyklus, sondern auch die Hochs. Seit dem letzten Hoch sind gut 9 Monate vergangen und das mittelfristige Tief ist im Januar/Februar 2012 zu verzeichnen. Jetzt sollte eine längere Aufwärtsphase folgen. Da noch nicht klar ist, ob das Tief Anfang 2012 ein bullisches oder bärisches ist, wird noch abzuwarten sein, ob das Währungspaar weniger oder mehr als 9 Monate ansteigen kann. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass das Tief bullisch zu werten ist. Der Wochenchart zeigt in Verbindung mit dem Detrended Price Oscillator eine interessante Divergenz zwischen dem Tief von 2008 und 2010. Während das Preistief 2010 tiefer war, fiel der DPO nicht auf ein neues Tief und dreht 2012 auf einem noch höheren Niveau wieder nach oben. Damit ist die Kuh noch nicht vollends vom Eis, die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Signal bestätigt, ist aber hoch.

Neben der rein mechanischen Feststellung von Zyklen und den Zeitpunkten von Hochs und Tiefs lässt sich neben der Verifizierung mit dem DPO auch sehr gut mit gleitenden Durchschnitten arbeiten. Sowohl für Durchschnitte als auch für sämtliche Indikatoren wie den DPO, Stochastik etc. bietet es sich an eine Periode zu wählen, die den Zyklus widerspiegelt. Das kann man aufwendig betreiben, indem man nach weiteren kleineren Zyklen sucht, muss man aber nicht. Währungen halten sich recht gut an die Grundregeln. Ein „Gesetz“ der Zyklenlänge ist auf Wochenbasis eine Zeitspanne von 5, 10, 20, 40 Wochen usw. Um mittelfristige mechanische Signale zu generieren bietet sich die Kombination aus dem 10 und 20 Wochen EMA an. Die EMA Crossover sollten trotz ihrer Zuverlässigkeit auch immer im größeren Zusammenhang der Zyklen gesehen werden. Das Fehlsignal Anfang 2011 konnte so zweifelsfrei als solches erkannt werden.

Dieses Spiel lässt sich beliebig lang fortführen. Auf Tagesbasis kann die Einstellung von 10 bzw. 20 Einheiten beibehalten werden. Die mehrmonatigen Trends werden ziemlich gut erfasst. Lediglich in der Seitwärtsphase von Juni bis August 2011 hatte man mit der Einstellung keine Freude. Im Januar 2012 wurde bereits ein erstes kurzfristiges Kaufsignal für EUR/USD generiert. Gelingt dies auch noch auf Wochenbasis, gibt es am Bestand des 18 Monatszyklus keine Zweifel mehr.

Nicht ganz unbeteiligt an dieser Zuverlässigkeit ist der US Dollar. Die Zyklik ist nämlich vor allem auf den Dollar zurückzuführen und nicht auf den Euro. Das ist äußerst praktisch, denn die Zyklik des Dollars lässt sich entsprechend auf die meisten Dollar Währungspaare anwenden. Der nächste Chart zeigt den US Dollar Index über einen Zeitraum von 40 Jahren. Neben dem offensichtlichen Abwärtstrend ist auch der langfristige Zyklus zu erkennen. Hier zeigt sich wieder, wie wichtig der Zeitraum von ungefähr 18 Jahren ist. Etwas genauer genommen liegen die zyklischen Tiefs ca. 17 Jahre auseinander. Absolut regelkonform wäre also ein langfristiges Tief 2012, spätestens aber 2013.

Auf kürzerer Zeitebene gilt der 18 Monatszyklus (hier 18-21 Monate). Die vergangenen Tiefs wurden im April 2008, November 2009 und zuletzt im April 2011 ausgebildet. Das darauf folgende Hoch konnte zum Jahreswechsel 2011/12 erreicht werden und somit 8 Monate nach dem Tief. Das ist bärisch zu werten. Bis Ende 2012 sollte der Index also wieder in den Bereich von 70 Punkten zurückfallen und darüber hinaus eventuell bis Anfang 2013 noch etwas tiefer. Viele Analysten haben bereits ein großes Comeback für den Dollar in diesem Jahr vorausgesagt. Aller Wahrscheinlichkeit nach lässt eine länger anhaltende Dollarstärke noch auf sich warten. Frühestens zum Jahresende kann mit einem aufwertenden Dollar gerechnet werden. Grob gilt das für alle Währungspaare, die von dem Zyklus betroffen sind. Einzelne Abweichungen sind natürlich möglich. Es ist aber dennoch nicht damit zu rechnen, dass gleich morgen Früh z.B. der Dollar gegenüber dem Yen einbricht.

So unglaublich es auch scheint, aber der historische Tiefststand vom Dollar gegenüber dem Yen muss noch nicht das Ende der Fahnenstange gewesen sein. Wenn der Schock der garantierten Nullzinsen in den USA bis 2014 erst einmal verdaut ist, kann es durchaus wenige Prozent nach oben gehen. Mehr als 10 Yen – also Aufwertung des Dollar bis 85 – sollten in diesem Zyklus nicht möglich sein. Ein nachhaltiger Aufwärtstrend ist also erst einmal nicht in Sicht. Ob Dollar/Yen ein neues Tief ausbildet sei einmal dahingestellt. Möglich wäre dies. Nach oben ist der Weg jedenfalls zunächst auch durch den langfristigen Abwärtstrend bei ca. 80 versperrt. Nach unten wären aus zyklischen Gesichtspunkten bis November 2012 Kurse um 65 möglich. Mit etwas Phantasie lässt sich im RSI (eingestellt auf halbe Zyklenlänge) eine Divergenz des 2010er und 2011er Tiefs erkennen. Dynamisch ist das noch nicht. Solange der RSI aber über 50 notiert sollte Dollar gegen Yen nicht verkauft werden.

Ich denke, die Zyklik des US Dollars zeigt sehr schön, welchen Mehrwert diese Analysemethode bringt. Nicht jedes Prozent an Kursbewegung wird damit erfolgreich im Depot landen, aber um Preise in den größeren Kontext zu setzen und prozyklisch zu Investieren eignen sich Zyklen sehr gut. Die Tages- und Wochenregeln lassen sich auf jede beliebige Anlageklasse anwenden. In der letzten Ausgabe des Traders Journal habe ich mit Rohstoffen begonnen, wobei dort eher Regeln die Richtung angeben denn ausgefeilte Zyklen. Währungen eignen sich besonders gut für diese Art der Analyse, aber auch auf Aktien und Indizes ist das Regelwerk anwendbar, wenn auch etwas aufwendiger. Damit beschäftige ich mich in Kürze im Traders Journal.

Bis dahin viel Erfolg

Clemens Schmale

P.S. Ich schreibe regelmäßig Artikel für das Traders Journal und den Strategie Report. Beide Publikationen können Sie kostenlos hier abonnieren: http://www.godmode-trader.de/service/newsletter/b2c

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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