The Road to Hell – Teil II – Purgatory – das Fegefeuer
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Auf Grund der sich überschlagenden Ereignisse habe ich einen zweiten Teil von Road to Hell verfasst, denn wir befinden uns zumindest im Fegefeuer.
Das war eine Börsenwoche wie eine Hochschaubahn. Der Unterschied ist nur, dass mein Vertrauen in die Erbauer der Hochschaubahnen (und deren staatliche Aufsichtsorgane) wesentlich höher ist, als in die Verantwortlichen für unser Finanzsystem.
Die Nachrichten sind derzeit gespickt mit Durchhalteparolen wie: „uns betrifft das nicht“ oder „bitte handeln Sie nicht überhastet“.
Auch ich rate Ihnen nicht überhastet zu handeln. Lesen Sie diesen Artikel durch (vielleicht auch den einen oder anderen meiner älteren), informieren Sie sich bei anderen Quellen (hier zählt Ihre Erfahrung und Phantasie!) denken Sie darüber gründlich nach und HANDELN Sie dann. (auch wenn Sie nichts unternehmen handeln Sie!) JETZT!
LINK zu Artikel 1 : The Road to Hell – Wie aus der Finanzkrise eine Wirtschaftskrise wurde
Bevor ich mich auf die aktuellen Ereignisse der letzten Woche stürze, erlauben Sie mir einen kleinen Seitenblick auf die Welt der Ökonomen zu machen. Der hier zugrundeliegende Bericht wurde vor den Ereignissen der letzten Woche verfaßt.
Rezessionsängste nehmen zu
So titelte die HVB ihr Freitagspapier vom 12.9.08. Ich habe mich schon im August mit den Thesen der Ökonomen der HVB beschäftigt und die waren damals schon nicht rosig.
Jetzt sieht die Welt bei der HVB folgendermaßen aus:
Der Euroraum wird an der Rezession haarscharf vorbeischrammen; Deutschland, Großbritannien und Japan werden ziemlich sicher in eine Rezession schlittern; bei Frankreich und Italien wird es knapp, eine „technische“ Rezession ist im Euroraum laut HVB aber gut möglich
Und was geschieht in den USA? Dort stellt man fest, dass das Konjunkturprogramm im Frühjahr, welches weit über 100 Mrd. US$ gekostet hat, fast wirkungslos verpufft ist. Nur knapp 20 % der staatlichen Zuschüsse wurden für Konsumzwecke verwendet. Diese untypische (besser wäre „unamerikanische“) Kaufzurückhaltung spiegelt den „eingeengten Ausgabenspielraum“ der Haushalte wider. D.h. die Leute haben wegen der gestiegenen Preise kein Geld flüssig, nichts gespart (Sparquote in den USA seit Jahren um die Null) und von den Banken gibt es auch keine Unterstützung mehr.
Bei einer regelmäßigen Umfrage unter Bankern wird nachgefragt, wie sich deren Kreditstandards für Konsumkredite verändern. Das aktuelle Ergebnis: Mehr als zwei Drittel der befragten Banken geben an, dass sie ihre Standards für Konsumkredite gestrafft haben. Das ist mit Abstand der höchste Wert seit Einführung der Umfrage in 1996.
Weiters wird erstmals seit 17 Jahren der Privatkonsum zurückgehen und auch die Exportwirtschaft schwächt sich ab.
Die Conclusio der HVB lautet: Angst geht um, die Angst vor gesamtwirtschaftlicher Schrumpfung der industrialisierten Welt. Gut möglich, dass die offiziellen Stellen doch noch Rezession ausrufen.
Mich erinnert die USA an einen Krankenhauspatienten. Jahrelang wurde er mit Medikamenten (niedrige Zinsen) behandelt. Nun hat das Medikament nicht mehr funktioniert und man verwendet ein weiteres (Konjunkturprogramm), welches aber ebenfalls nicht funktioniert hat. Aktuell versucht man es mit einem neuen Wundermittel, der Verstaatlichung der Unternehmen und Schulden. Es wird auch nicht funktionieren und man wird solange an dem Patienten herumdoktorn, bis es zum schlimmsten (Abverkauf der Staatsanleihen) kommt. Dann ist das Spiel für die USA vorbei.
Wirtschaftsprognosen:
Als weiteres Ergebnis dieser Studie wurden die Wachstumsprognosen für 2009 gesenkt. (z.B. Dt. auf 0,6 %; EWU 0,8 %). Somit wird keine wirkliche Erholung für 2009 erwartet, sondern es wird länger sehr schwierig bleiben.
Diese Aussagen wurden am 12.9. veröffentlicht, also vor dem Untergang von Lehman, der Rettung von AIG usw. Diese Aktionen werden die Gesamtwirtschaft jedenfalls massiv beeinträchtigen und somit werden diese Prognosen immer noch zu gut sein.
Es wird jetzt immer klarer, dass eine klassische Wechselbeziehung zwischen der Finanz- und der Wirtschaftskrise eingetreten ist. Zuerst war die Finanzkrise, diese führte zur Wirtschaftskrise, welche jetzt wieder die Finanzkrise verstärkt usw. Wir sind in einem sehr gefährlichen Zyklus und es ist nicht abzusehen, wann diese Abwärtsspirale beendet wird. Alle wirtschaftlichen Kommentatoren gehen davon aus, dass diese Krise nicht kurzfristig beendet werden kann. Wenn jetzt noch die Gewerkschaften hohe Lohnabschlüsse im Herbst durchsetzen, verstärkt sich auch noch die Lohn-Preis-Spirale und wir sind am Weg zur Hyperinflation.
Die amerikanische Inflation:
In der Wirtschaftwoche 36/08 war ein achtseitiger!! Artikel über Gold und warum man es in der aktuellen Situation haben sollte. Nachdem viele der Argumente dieses WIWO-Artikel nichts Neues bringen, möchte ich nur einen Absatz über die Inflation in den USA wiedergeben:
Der unabhängige US-Statistiker John Williams ermittelt die US-Inflation noch mithilfe öffentlich zugänglicher Daten nach den statistischen Methoden von 1980. Demnach wären die US-Verbraucherpreise im Juli im Jahresvergleich nicht um 5,6 %, sondern um mehr als 13 % gestiegen.
Somit kann sich jeder Anleihengläubiger selbst ausrechnen, wie viel er an Kaufkraft mit seinen Anleihen jedes Jahr verliert. Jetzt schreibt auch das führende deutschsprachige Wirtschaftsmagazin, dass die Berechnung der Inflation zumindest hinterfragungswürdig ist.
Die Rolle der FED:
Diese hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Prinzipiell ist man der „Lender of last resort“. Das hat sich im letzten Jahr gewandelt und man wurde zum „Lender of first/only resort“, da sich die Banken gegenseitig kein Geld mehr geben und dieses nur noch von der FED bekommen. Mit den Übernahmen von Fannie und Freddie (siehe dazu auch die Daten im meinem Artikel Road to hell) bzw. AIG hat sich die FED eine neue Aufgabe gegeben: „Owner of last resort“. Wenn Gesellschaften so angeschlagen sind, dass diese niemand mehr kaufen will, dann springt jetzt die FED ein. Eine mehr als bedenkliche Entwicklung, hinsichtlich der Verschuldung der USA.
Durch die Übernahme von Fannie und Freddie bzw. AIG steigen die Schulden der USA gewaltig. Nebenbei gibt es neue Prognosen für den US-Staatshaushalt. Das jährlichen Minus beträgt 2007 knapp über 400 Mrd. US$ und soll 2008 auf ca. 450 Mrd. US$ ansteigen. 2009 wird es überhaupt kritisch. Da soll das Defizit über 900 Mrd. US$ betragen. (die Prognosen enthalten aber noch keine Kosten für Fannie/Freddie bzw. AIG!)
Es stellt sich hier eine einfache Frage. Wie sollen die USA ihre Schulden je zurückzahlen? Aus meiner Sicht ist dieses absolut unmöglich, ohne die Weltwirtschaft auf Jahre in eine Dauerrezession zu treiben. Somit ist die eleganteste Lösung die Schulden loszubekommen eine Hyperinflation und nach der oben angestellten Berechnung (13 % wirkliche Inflation) sind wir schon mittendrin. Deshalb befinden wir uns bereits im Fegefeuer. Wann beginnt die Hölle? Meines Erachtens spätestens beim Abverkauf der US-Staatsanleihen.
Abschließend kann ich zur FED-Übernahme von AIG und auch zu allen anderen Blitzübernahmen nur festhalten, dass ich mich sehr wundere. Hier werden Riesenübernahmen in Tagesfrist, ohne jegliche due-dilligence durchgezogen und das bei den beachtlichen Risiken in den Gesellschaften. Somit sind diese Übernahmen als reine Glücksspiele zu betrachten. Wenn es gut geht, hat man Glück gehabt, wenn es schief geht, geht die betreffende Firma unter. Das Risiko ist enorm, also muss das System extrem belastet sein, sonst würde man so etwas nicht tun.
Erlauben Sie mir noch einen abschließenden Gedanken zum Thema Assetverkäufe in der nächsten Zeit. Der Masseverwalter von Lehman hat jetzt die Aufgabe sämtliche Aktiva zu verkaufen, um die Schuldner zu befriedigen. Die Bilanzsumme beträgt über 500 Mrd. US$. Davon wird einiges recht einfach verkaufbar sein. Aber jede Menge werden Level-3-Assets (Werte für die es derzeit keinen Markt gibt und deren Werte bei der Bilanzerstellung geschätzt werden müssen) sein. Diese werden nur zu heftigsten Abschlägen zu verwerten sein und die Bewertungen für die anderen Banken noch erschweren. Wahrscheinlich werden auch einige Märkte die bisher funktioniert haben, aufhören zu funktionieren. Das Level-3-Risiko der Banken wird jedenfalls steigen.
Weiters frage ich mich, wo in diesen liquiditätsarmen Zeiten das Geld herkommen soll, um diese Assets zu kaufen. Es wird Lehman nicht die einzige Gesellschaft sein, die sich jetzt von Ballast trennt. (so hat man auch bei AIG bekanntgegeben, dass man einiges verkaufen wird) Das Ergebnis wird sehr spannend in den Bankbilanzen 30.9 bzw. 31.12.08 zu verfolgen sein.
Ratingagenturen:
Letzten Freitag sah ich etwas sehr Interessantes auf CNBC. Es kam die Meldung herein, dass eine Ratingagentur das Rating von Lehman Brothers zurückstuft, da „der Markt die Aktienkurse des Unternehmens stark nach unten treibt“. Ich konnte diese Zeilen kaum glauben. Hier gibt man offensichtlich zu, dass man keine Ahnung hat. In der Theorie sollte es nämlich umgekehrt laufen, zuerst sagen die Ratingexperten, dass ein Unternehmen Probleme hat und dann reagiert der Markt und nicht umgekehrt.
Am Montag darauf war Lehman tot. Ich habe in einigen meiner Artikeln kritisiert, dass die Ratingagenturen viel zu spät die Ratings zurückstufen und hier haben wir wieder einen klaren Beweis für diese Vorgangsweise.
Für mich lässt sich daraus auch ein Schluss auf das Rating der Staatsanleihen (vor allem für die USA) treffen. Solange die Märkte die Staatsanleihen nicht abverkaufen, werden die Ratingagenturen den USA die beste Ratingstufe nicht entziehen.
Die HVB schrieb im Freitagspapier vom 12.9.08, dass „die USA mit der Übernahme der Verbindlichkeiten von Fannie und Freddie, ihren Schuldenstand erheblich erhöhen und damit möglicherweise ihr AAA-Rating risikieren“.
Deshalb meine eindringliche Warnung, vertrauen Sie nicht auf die Ratingagenturen und verkaufen Sie die Staatsanleihen zuerst, denn im Ernstfall können die Kurse sehr schnell einbrechen und bis Sie das bemerken, haben Sie schon sehr viel Geld verloren.
Der Goldpreis wird aus meiner Sicht erst so richtig explodieren, wenn die US-Staatsanleihen nicht mehr als sicher angesehen werden. Alles was wir diese Woche dazu gesehen haben, ist im Vergleich dazu harmlos. Kaufen Sie deshalb physisches Gold jetzt.
Die Differenz zwischen den Renditen verschiedener Staatsanleihen ist in den letzten Wochen wieder weiter auseinandergegangen. So liegt die Differenz (Spread) zwischen Dt. und italienischen Staatsanleihen mittlerweile bei 0,75 %, was schon recht ordentlich ist. Für mich ein erstes Anzeichen, dass der Markt anfängt Unterschiede verstärkt wahrzunehmen. (die Ratingagenturen machen natürlich noch nichts)
Zertifikate:
Ich habe auch hier bereits in einigen Artikeln vor deren Risiken gewarnt. Nun gibt es mit dem Konkurs von Lehman, den ersten Fall von realen Auswirkungen. Deren Zertifikate kommen nun in die Konkursmasse und wie viel man erhält ist absolut ungewiss. Gott sei dank ist Lehman nur ein sehr kleiner Marktteilnehmer gewesen, aber was geschieht wenn es einen großen erwischt? Die Kurse von Goldman Sachs werden nach unten geprügelt und das ist ein Platzhirsch am Zertifikatmarkt. Das Risiko steigt hier gerade enorm an. Vor allem alle jene die sich mittels Zertifikaten oder Optionsscheinen auf Gold absichern wollen, sei nochmals gesagt, das ist nur Papiergold und bei Zusammenbruch des Emittenten wenig wert. Wenn Absicherung mit Gold (und natürlich Silber) dann mittels physischem Gold und nicht Papiergold.
Wer sich von seinen Zertifikaten nicht trennen will, dem gebe ich einen guten Rat. Betrachten Sie die Kurse täglich! Achten Sie ob sich das Papier vom zugrunde liegenden Wert nach unten hin abkoppelt. Als Ursache könnte die wirtschaftliche Schieflage des Emittenten (hat man bei Bear Stearns bereits sehen können) oder eines Derivatpartners des Emittenten vorliegen. Prüfen Sie die Situation und verkaufen Sie das Papier wenn sich die Zweifel nicht ausräumen lassen. (besser wäre aber ein Verkauf solange nichts passiert ist)
Conclusio:
Bitte machen Sie sich den Ernst der Lage bewusst. Noch ist Zeit zum Handeln. Wir befinden uns noch nicht in der Hölle, sondern in einer Art Fegefeuer. Wir wissen aber nicht wie lange noch. Wenn Sie bisher wenig Zeit für Ihre finanziellen Angelegenheiten verwendet haben, dann ändern Sie dieses rasch.
Meine Artikel der letzten neun Monate sind sicherlich ein Überblick und ein Anhaltspunkt zu diversen Themen, was man jetzt hinsichtlich Finanzfragen tun sollte. .
Seit Jahrhunderten gilt die Faustregel, dass man 10 % in Gold und Silber investieren sollte. Das ist, aus meiner Sicht, in der aktuellen Situation ein absolutes Minimum. Aber bitte nur physisches Gold und kein Papiergold. Deshalb “hope for the best, but be prepared for the worst”.
Die Entscheidung treffen Sie, das kann Ihnen niemand abnehmen und mit den Ergebnissen Ihrer Entscheidungen müssen Sie leben.
Sie können mich unter der E-Mail-Adresse a.mostfee@gmx.at erreichen.
Haftungsausschluss:
Dieser Artikel wurde zur Information der Leser zum besseren Verständnis der Materie verfasst. Die dargelegten Argumente spiegeln die Meinung des Autors wider und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich möchte mit diesem Artikel keine professionelle Dienstleistung erbringen. Für eine professionelle Beratung sollten Sie sich an einen professionellen Berater wenden.
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