Kommentar
12:02 Uhr, 09.09.2016

STP Broker: Wissenswertes zum Marktmodell

Was unterscheidet echtes „Straight Through Processing“, kurz STP von gemischten Marktmodellen, welche Qualitätskriterien machen gute STP Broker aus und für welche Trader sind die Anbieter geeignet?

STP Broker handeln nicht gegen ihre Kunden, sondern leiten Orders lediglich gegen Entgelt an einen Bankenpool weiter und treten damit ganz ohne Interessenskonflikte als Dienstleister auf. Das gilt in der Praxis allerdings nicht ganz ohne Ausnahmen.

STP Broker: Die wichtigsten Fakten im Überblick

  • STP Broker leiten Orders an einen Bankenpool weiter
  • Die Broker können Geld durch Kommissionen und Markups auf die Spreads verdienen
  • Einige STP Broker matchen einen Teil der Orders hausintern als Market Maker
  • Im Idealfall ist der Handel günstiger als bei Market Makern und frei von Interessenkonflikten
  • Im schlechtesten Fall ist STP verdecktes Market Making

Funktionsweise von STP Trading

STP steht für „Straight Through Processing“ und bezeichnet NDD-Marktmodelle (No-Dealing-Desk-Broker), bei denen Kundenorders ohne Intervention des Brokers an einen Bankenpool weitergeleitet werden.

Es kann sich dabei um einen größeren Interbankenmarktplatz oder einen eigens durch den Broker initiierten Liquiditätspool handeln. Auch die Bündelung mehrerer Liquiditätsquellen kommt in Betracht.

Broker treten bei diesem Marktmodell als Dienstleister auf. Die Broker sind zu keinem Zeitpunkt der Gegenpart der handelnden Kunden. Deshalb gelten STP Broker im Hinblick auf potenzielle Interessenkonflikte als bessere Alternative zu Market Makern, die Kundenorders selbst ausführen und nach interner Saldierung auftretende Nettopositionen nach billigem Ermessen extern absichern oder nicht.

Abgrenzung zu ECN und Market Making

Die Unterschiede zu Market Making sind damit sehr deutlich skizziert.

STP Broker werden für die Weiterleitung der Orders an den Interbankenmarkt vergütet und haben keinen Einfluss auf die Kurse, die das Liquiditätsnetzwerk stellt.

Die Unterscheidung zu ECN Brokern erfordert einen Blick aufs Detail. Bei STP Brokern führt jede Order über den Weg des Bankenpools – es ist ausgeschlossen, dass die Order eines Traders mit einer gegenläufigen Order eines anderen Traders „gematched“ wird. Dies ist im Handel über ein ECN prinzipiell möglich.

ECN Broker verbinden ihre Kunden direkt mit einem Handelsnetzwerk. Trader können dort ebenso wie Banken und andere Marktteilnehmer Orders direkt im Orderbuch platzieren, die nach festgelegten Regeln automatisch gematched werden. Der Handel ist im besten Fall ohne Spread möglich. Außerdem erhalten alle an ein ECN angebundenen Kunden Einblick ins Orderbuch und damit die Markttiefe.

STP Broker können ihren Kunden Einblick in die Markttiefe gewähren, müssen es aber nicht zwingend.

Womit verdient ein STP Broker Geld?

Ein STP Broker kann Geld durch Kommissionen (z. B. 4 € pro Standard-Lot) und/ oder durch Markups auf die Spreads des Bankenpools verdienen. Ist letzteres der Fall, fällt der Spread in der Handelsoberfläche des Kunden z. B. um 0,50 Pips breiter aus als es im Bankenpool tatsächlich der Fall ist.

Vor allem im Hinblick auf die Transparenz des Marktmodells sind STP Broker mit ausschließlich auf Kommissionen basierendem Geschäftsmodell vorzuziehen.

Das größte Problem an Markup-Modellen besteht darin, dass ihre Zusammensetzung von außen letztlich nicht nachvollziehbar ist.

Dazu seien zwei hypothetische und dennoch praxisrelevante Beispiele genannt.

  • Algorithmen könnten variable Markups auf die Spreads vorsehen. Dann ist für Trader völlig unklar, nach welchen Kriterien die Anpassung der Aufschläge erfolgt. Volatilität? Tageszeit? Nachfrageverhalten?
  • Markups auf die Spreads sind gleichbedeutend mit Änderungen an den Kursen des Interbankenmarktes. Im schlimmsten Fall könnte ein STP Broker Maßnahmen umsetzen, die böse Zungen vor allem Market Makern nachsagen – z. B. eine plötzliche Ausweitung der Spreads zum Zwecke des „Stop-Phishings“.

Schwachstellen und Ungewissheiten von STP Brokern

Nicht alle Broker die sich als STP Broker bezeichnen, bieten dieses Marktmodell auch tatsächlich an.

Die Bezeichnung „STP“ ist kein geschützter Begriff. Ein Broker könnte sein Angebot deshalb mit diesem Merkmal schmücken, ohne tatsächlich ein solches Marktmodell anzubieten. Um das Marktmodell eines STP Brokers beurteilen zu können, sind Trader nicht zuletzt auf Angaben des Brokers angewiesen.

Einige Broker fahren zweigleisig und leiten einen Teil der Kundenorders an ihren Bankenpool weiter. Der verbleibende Teil wird dagegen intern im Wege des Market Making abgewickelt. Welchen Weg eine Order nimmt, entscheiden nicht zuletzt die Verträge des Brokers mit den Banken. Sehen die Kontrakte z. B. Konventionalstrafen für einen zu großen Anteil sehr kleiner Orders vor, wird der Broker entsprechend handeln.

Auch die Beschaffenheit des Liquiditätspools ist entscheidend für die Qualität eines Marktmodells. Im schlimmsten (und keinesfalls aus der Luft gegriffenen) Fall besteht der „Pool“ aus lediglich einer einzigen Bank. Diese tritt dann de facto als Market Maker auf.

Nicht nur die Anzahl der angebundenen Banken, sondern auch deren Verhältnis im Marktmodell zueinander ist maßgeblich. Im besten Fall konkurrieren mehrere Tier-1-Banken aus identischer Position um Kundenorders. Die Kurse in der Handelsoberfläche des Traders stammen dann von mehreren Banken. Zudem sollten die Banken keine Informationen über Limits, Stop-Loss-Orders usw. der Kunden erhalten.

Qualitätskriterien für STP Broker

ANGABEN ZUM MARKTMODELL

Detaillierte und möglichst nachvollziehbare Angaben zum Marktmodell und zum Ablauf einer Order sind im STP Broker Vergleich deshalb ein entscheidendes Qualitätskriterium. Es ist von Vorteil, wenn die an den Pool angebundenen Banken konkret genannt werden.

Achten Sie auf Details in den Angaben.

Werden nur „die besten Kurse“ weitergeleitet, oder zwingend die „besten Geld- und Briefkurse“, wobei Geld- und Briefkurs von unterschiedlichen Banken stammen können?

Gibt es eine Primärbank oder bieten alle Banken aus identischer vertraglicher Position heraus?

Erscheinen die Angaben des Brokers im Hinblick auf seine eigene Position als Unternehmen glaubwürdig?

Leistungsmerkmale der Handelsplattform

Ein transparentes und nicht von Interessenkonflikten belastetes Marktmodell ist notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für einen guten Broker. Auch die Handelsplattform sollte fortgeschrittene und am besten auch professionelle Ansprüche erfüllen.

Bringen Sie die entscheidenden Leistungsmerkmale in Erfahrung:

  • Welche Funktionen bietet das Charting-Tool?
  • Gibt es Möglichkeiten zur Entwicklung und zum Backtest automatisierter Handelssysteme? Falls ja: Benötigen Sie dafür zwingend Kenntnisse in einer Programmiersprache?
  • Sind Scalping und Hedging zugelassen?
  • Welche Ordertypen stehen zur Verfügung?
  • Und nicht zuletzt: Gibt es Webinare, Tutorials und andere Weiterbildungsangebote mit Substanz?

STP Broker vergeichen hinsichtlich Handelskosten, Regulierungsumfeld und Service

Ein entscheidendes Kriterium sind die Handelskosten, die sich aus Spreads, Kommissionen und Finanzierungskosten zusammensetzen. Auch bei Brokern mit ausschließlichem Kommissionsmodell lohnt sich ein Blick auf die typischen Spreads, da deren Breite von der Beschaffenheit des Bankenpools abhängt.

Je niedriger die Kommissionen, desto besser – einige Broker staffeln ihre Kommissionen degressiv in Abhängigkeit vom monatlichen Ordervolumen.

Das regulatorische Umfeld ist aus mehreren Gründen wichtig:

Erstens sind die Aufsichtsbehörden an den etablierten Finanzplätzen wie z. B. UK strenger als an Standorten wie z. B. Zypern.

Zweitens spielt bei Brokern mit eigener Banklizenz der Standort auch eine Rolle für die Einlagensicherung. Broker ohne Banklizenz sollten Kundengelder auf segregierten Konten bei Banken mit Anbindung an die nationale Einlagensicherung eines Kern-EU-Lands verwahren.

Drittens spielt der Sitz des Brokers für die Abgeltungssteuer eine Rolle. Bei Brokern mit Sitz in (z. B.) Großbritannien wird die Steuer nicht automatisch abgeführt. Kontoinhaber veranlagen die Steuer stattdessen im Zuge ihrer Steuererklärung und zahlen die fälligen Beträge somit deutlich später.

Welcher Trader-Typ sollte sich für STP entscheiden?

STP Broker eigenen sich sowohl für Daytrader als auch für Positionstrader.

STP Broker sind die richtige Adresse für Trader, die nicht (mehr) über einen Market Maker handeln möchten. Gute STP Broker verdienen Geld ausschließlich durch Kommissionen und sind damit nicht durch Interessenkonflikte belastet. Die Spreads eines guten Marktmodells sollten sehr eng ausfallen, wodurch die Handelskosten minimiert werden.

STP Marktmodelle sind ausschließlich für den FX-Handel relevant. Das Pendant zu STP im Aktienhandel sind DMA-Marktmodelle. Dabei werden Aktien-CFDs zu den tatsächlichen Kursen der Referenzbörse(n) gehandelt.

Technisch platziert der CFD Broker dabei eine Order im Orderbuch der Börse. Zeitgleich wird ein Differenzausgleichsvertrag zwischen dem Broker und dem Kunden mit dem Börsenkurs als Abrechnungskurs erstellt.

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Zu jedem einzelnen Broker finden Sie übersichtliche Kurzangaben mit allen wichtigen Informationen und ausführliche Steckbriefe.

Im Rahmen der Recherche wurden nicht nur Kriterien wie Spread und Mindesteinlage, sondern auch Handelsplattform, Nachschusspflichten und viele weitere Details ermittelt.

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Über den Experten

Michael Hinterleitner
Michael Hinterleitner

Michael Hinterleitner ist seit 2006 Redakteur und Trader bei GodmodeTrader.

Bereits 1998 der Faszination Börse erlegen, wurde Trading neben dem Studium der Wirtschaftswissenschaften zu seiner Hauptbeschäftigung. Sein Fokus: Aktien. Neben der täglichen spannenden Jagd an den Börsen kam 2011 die Idee zu einem neuen Brokervergleich, der nicht nur einen detaillierten Blick hinter die Kulissen erlaubt, sondern auch handfeste Vorteile für Mitglieder bringt.

Als Mitbegründer der Vergleichsplattform BrokerDeal.de hat sich Michael Hinterleitner zum Ziel gesetzt, Licht in den Brokerdschungel zu bringen. Er erklärt, worauf es bei der Brokerwahl ankommt, welche Anbieter für welche Bedürfnisse Sinn macht und auf welche Unterschiede man bei den Produkten und der Ausführungsqualität achten sollte.

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