Kommentar
11:31 Uhr, 14.11.2024

Steigt diese Aktie weiter wie eine Rakete?

Rocket Lab, ein US-amerikanischer Raumfahrtkonzern, hat am 12. November 2024 seine Geschäftszahlen für das dritte Quartal veröffentlicht und damit die Erwartungen vieler Analysten übertroffen. Das Ergebnis: Ein Kursanstieg der Aktie von über 25 %, der die Aufmerksamkeit von Investoren weltweit auf sich zog. Mit einem Umsatzsprung von 55 % im Jahresvergleich und einer rasant wachsenden Auftragslage scheint Rocket Lab auf dem besten Weg, seine Position als führendes Raumfahrtunternehmen weiter auszubauen.

Doch stellt sich die Frage, ob der Kurs tatsächlich weiterhin wie eine Rakete steigen kann oder ob dieser Höhenflug möglicherweise nur von kurzer Dauer sein wird. In diesem Artikel beleuchten wir das Geschäftsmodell von Rocket Labs, die Finanzkennzahlen, die aktuelle Marktposition und potenzielle Chancen und Risiken – und wagen einen Ausblick auf die Zukunft der Aktie.

Geschäftsmodell: Wie verdient der Konzern Geld?

Rocket Lab verfolgt ein diversifiziertes Geschäftsmodell, das auf zwei wesentlichen Säulen basiert: Launch Services und Space Systems. Die nebenstehende Grafik zeigt die Umsatzverteilung zwischen diesen beiden Segmenten.

Rocket Lab ist in zwei Segmenten tätig: Launch Services und Space Systems
  1. Launch Services: Dieses Segment umfasst die Bereitstellung von Raketenstarts für kleine bis mittlere Satelliten. Rocket Labs wichtigste Trägerrakete, die Electron, hat sich als zuverlässige Lösung im Markt für Kleinsatelliten etabliert und ist inzwischen die weltweit dritthäufigst gestartete Rakete. Launch Services machen einen signifikanten Anteil der Einnahmen aus, da Rocket Lab hier als Dienstleister für private und öffentliche Kunden auftritt, die Zugang zum Weltraum suchen. Künftig soll die Entwicklung der neuen Neutron-Rakete auch mittlere Nutzlasten bedienen und so das Angebot erweitern.
  2. Space Systems: Dieses Segment fokussiert sich auf die Herstellung und den Betrieb von Satelliten sowie die Bereitstellung von Satellitenkomponenten und Dienstleistungen im Orbit. Rocket Lab unterstützt seine Kunden mit maßgeschneiderten Lösungen, die den Betrieb und die Wartung von Satelliten im Weltraum ermöglichen. Ein Beispiel für den Erfolg in diesem Bereich ist der Produktionsprozess, der Satelliten in Serienproduktion ermöglicht, und das Engagement in Projekten wie der Mars Sample Return Mission für die NASA. Space Systems generiert langfristige, wiederkehrende Umsätze und stärkt die Position von Rocket Lab als umfassender Dienstleister in der Raumfahrtindustrie.

Durch die Kombination dieser beiden Geschäftssegmente schafft Rocket Lab ein breites Portfolio, das nicht nur Raketenstarts, sondern auch umfassende Raumfahrtdienstleistungen abdeckt. Dieses Geschäftsmodell bietet dem Unternehmen Stabilität und eröffnet Wachstumspotenziale in einem dynamischen und zukunftsorientierten Markt.

Zahlen und Fakten

Börsenwert 7,28 Mrd. USD
Mitarbeiter 1.650
Gründungsjahr 2006
Hauptsitz Long Beach, CA

Leistungskennzahlen

Umsatz, Nettogewinn und Nettomarge von Rocket Lab

Rocket Lab konnte die letzten Quartale den Umsatz stark steigern, wobei der Nettoverlust relativ konstant um -50 Mio. USD pendelt. Für die nächsten Quartale sieht der Konzern weiteres Umsatzwachstum durch neue Aufträge, unter anderem mit der US Air Force. Der Verlust soll auch etwas eingedämmt werden. Laut Prognosen soll der Konzern 2026 das erste Mal unterm Strich einen Nettogewinn ausweisen können.

Solvenzkennzahlen

Gesamtkapital 1,15 Mrd. USD
Eigenkapital 419,84 Mio. USD
Gesamtverschuldung 470,49 Mio. USD
Liquide Mittel 442,39 Mio. USD
Q3 Bilanz von Rocket Lab

Die Bilanz von Rocket Lab ist zwar noch nicht problematisch, sollte aber kritisch im Blick behalten werden. Das Eigenkapital ist aufgrund steigender Verschuldung die letzten Quartale rückläufig. Der Konzern musste dieses Quartal zum ersten Mal eine Nettoverschuldung ausweisen, also die Gesamtverschuldung überwiegt die liquiden Mittel. Sollte diese Entwicklung weiter gehen, könnte eine neue Finanzierungsrunde mit Kapitalerhöhung einhergehen. Das würde zu eine Verwässerung bestehender Aktionäre führen.

Bewertungskennzahlen

KGV
KUV 20,05
KBV 17,45

Die Bewertung von Rocket Lab ist mittlerweile sehr ambitioniert. Der Markt hat hohe Erwartungen an den Konzern, was die zukünftige Umsatz- und Gewinnperformance angeht. Mit den jüngsten Earnings konnte der Konzern die Erwartungen schlagen, allerdings muss man für die kommenden Earnings die extremen Erwartungen im Hinterkopf behalten.

Marktanalyse: Die Konkurrenz schläft nie!

Bisherige Orbitalflüge dieses Jahr von führenden Raketen

Die Grafik zeigt die Anzahl orbitaler Raketenstarts verschiedener Anbieter bis zum Jahr 2024. Auffällig ist die extreme Dominanz von SpaceX mit der Falcon 9, welche in der Grafik verzerrt ist. Tatsächlich liegt die Anzahl der Starts für die Falcon 9 in diesem Jahr bei beeindruckenden 105 Missionen, weit über den anderen Anbietern. Im Vergleich dazu positioniert sich Rocket Lab mit der Electron-Rakete als dritte Kraft auf dem globalen Markt, hinter der Falcon 9 und Chinas Long March 2.

Die Electron, die vor allem für kleinere Satellitenmissionen entwickelt wurde, konnte sich als flexible und verlässliche Lösung im Bereich der Kleinsatellitenstarts etablieren. Dies zeigt sich auch in der Nachfrage nach ihren Diensten, die Rocket Lab zu einem gefragten Partner für sowohl kommerzielle als auch staatliche Kunden macht. Allerdings ist die Konkurrenz mit Anbietern wie SpaceX, die in einer eigenen Liga spielen, eine Herausforderung. SpaceX dominiert den Markt nicht nur durch eine hohe Startfrequenz, sondern auch durch Kosteneffizienz und Innovationskraft, was den Wettbewerb für kleinere Anbieter anspruchsvoll macht.

Rocket Lab versucht, sich durch schnelle Startabwicklung und spezielle Services wie die Entwicklung der neuen Neutron-Rakete, die auch mittlere Nutzlasten tragen kann, zu differenzieren.

Chancen und Risiken

Rocket Lab steht aktuell an einem entscheidenden Punkt. Das Unternehmen hat einerseits großes Potenzial, sich als führender Anbieter von Raumfahrtlösungen zu etablieren, sieht sich aber andererseits auch mit bedeutenden Herausforderungen konfrontiert. Die Chancen und Risiken im Überblick:

Chancen

Wachstumspotenzial im Bereich Space Systems

  • Erweiterung durch neue Projekte: Rocket Lab baut seinen Einfluss im Bereich Space Systems weiter aus. Ein wichtiger Meilenstein ist die Beteiligung an der ESCAPADE Mars-Mission der NASA sowie die Lieferung von Raumsonden für Varda Space Industries.
  • Staatliche Großverträge: Der 515-Millionen-Dollar-Vertrag mit der Space Development Agency zeigt das Vertrauen in Rocket Labs Fähigkeiten und könnte als Türöffner für weitere staatliche Aufträge dienen.

Steigende Nachfrage und wachsender Auftragsbestand

  • Anhaltendes Wachstum: Der Auftragsbestand hat 1,05 Milliarden Dollar erreicht und zeigt die hohe Nachfrage nach den Dienstleistungen des Unternehmens. Dies sichert zukünftige Umsätze und deutet auf eine langfristige Marktdynamik hin.
  • Neutron-Rakete als Markterweiterung: Mit der Entwicklung der Neutron-Rakete, die für mittlere Nutzlasten ausgelegt ist, erschließt Rocket Lab ein neues Marktsegment. Dies könnte den Kundenkreis erweitern und das Wachstum weiter befeuern.

Erfolgreiche Steigerung der Launch Services

  • Höhere Preise und Rekordstarts: Die Electron-Rakete hat in diesem Jahr bereits 12 erfolgreiche Starts absolviert, und der durchschnittliche Preis pro Start ist um 67 % seit der Einführung gestiegen. Das sichert höhere Einnahmen pro Mission und zeigt die Wettbewerbsfähigkeit dieses Segments.

Risiken

Hohe Verluste und Kostenstruktur

  • Finanzielle Belastung: Trotz des Umsatzwachstums bleibt Rocket Lab unprofitabel. Im Q3 2024 lag der Nettoverlust bei 51,9 Millionen Dollar, und das negative EBITDA hat sich auf -30,9 Millionen Dollar nahezu verdoppelt. Hohe Kosten für Forschung und Entwicklung, insbesondere für die Neutron-Rakete und die Archimedes-Triebwerke, belasten die Bilanz.

Abhängigkeit von Großkunden und Projekten

  • Klumpenrisiko: Ein Großteil der Einnahmen hängt von großen, langfristigen Verträgen ab. Verzögerungen oder Ausfälle solcher Projekte könnten erhebliche finanzielle Auswirkungen haben und die Stabilität des Unternehmens gefährden.

Starke Konkurrenz im Raumfahrtmarkt

  • Wettbewerbsdruck durch SpaceX: SpaceX dominiert den Markt mit häufigen und kostengünstigen Starts. Rocket Lab muss sich gegen diesen Giganten behaupten, um konkurrenzfähig zu bleiben und seinen Marktanteil zu verteidigen.

Chart

Tageschart von Rocket Lab | Quelle: stock3

Die Aktie von Rocket Lab konnte seit April dieses Jahres eine beispiellose Rallye aufs Börsenparkett zaubern. Mit den jüngsten Zahlen gab es einen Anstieg in der Spitze von über 40 %. Die Aktie schloss allerdings letztlich unter ihrem Eröffnungskurs, die Gewinne konnten nicht gehalten werden.

Geht die Rallye weiter?

Ich persönlich denke, dass ein Rücksetzer gut und gesund für die Aktie wäre. Eine Möglichkeit ist ein Gap-Close bis zum 0,382 Fib Retracement, oder sogar ein größerer Rücksetzer bis 8 USD auf die Unterstützung und das 0,764 Fib Retracement. Obwohl die mittelfristigen Aussichten sehr positiv sind, ist die Aktie meiner Meinung nach erst nach einem Rücksetzer für einen Einstieg interessant. Mit der Rallye wurde bereits sehr viel positive Fantasie in die Bewertung eingepreist.

Fazit

Rocket Lab hat sich mit starken Quartalszahlen und einem expandierenden Auftragsbestand als aufstrebender Player in der Raumfahrt etabliert. Die beiden Geschäftsfelder Launch Services und Space Systems schaffen ein solides Fundament, das durch die Neutron-Rakete und staatliche Großaufträge zusätzliche Wachstumschancen eröffnet.

Chancen bestehen im wachsenden Markt für Raumfahrtdienstleistungen und neuen Projekten, die langfristige Einnahmen sichern. Gleichzeitig bleiben hohe Verluste, Abhängigkeit von Großkunden und der harte Wettbewerb durch SpaceX große Herausforderungen.

Rocket Lab bietet daher Potenzial für Investoren, jedoch mit Risiken, die wachstumsorientierte Anleger im Blick behalten sollten.