Kommentar
09:52 Uhr, 03.07.2020

Steht der US-Dollar vor einer Halbierung?

In Krisenzeiten ist der Dollar gefragt. Diese Krise hat jedoch das Potential, etwas Grundlegendes zu verändern.

Erwähnte Instrumente

  • EUR/USD
    ISIN: EU0009652759Kopiert
    Kursstand: 1,12356 $ (FOREX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • EUR/USD - WKN: 965275 - ISIN: EU0009652759 - Kurs: 1,12356 $ (FOREX)

Zu Beginn der Coronakrise konnte der Dollar stark zulegen. Gegenüber einem Währungskorb gewann er 6 %. Ein Teil der Gewinne wurde inzwischen wieder abgegeben. Die Lage hat sich ja auch etwas entspannt. Spitzt sich die Lage wieder zu, kann das den Dollar auch wieder stärken. Das sind die kurzfristigen Treiber des Kurses: Stress und Entspannung im globalen Finanzsystem. Langfristig sind auch andere Kräfte am Werk. Die USA investieren mehr als sie sparen. Um dieses Defizit auszugleichen, müssen sie sich Geld im Ausland leihen. Die Differenz aus Investitions- und Sparquote entspricht mehr oder minder dem Leistungsbilanzdefizit. Ist die Leistungsbilanz negativ, reicht die Sparquote im Inland nicht aus. Die Lücke wird durch ausländisches Kapital geschlossen. Da der Dollar Reservewährung ist, funktioniert das gut. Andere Länder haben diesen Luxus nicht. Reicht die Sparquote nicht aus, um Investitionen zu stemmen, wertet die Währung ab.


Auch der Dollar ist gegen diese Systematik nicht vollkommen immun. Die Nettosparquote und der Dollar Index sind eng miteinander verbunden (Grafik 2). Seit Jahren sinkt die Sparquote in den USA, doch der Dollar bleibt stark. Das hat mehrere Gründe. Einer davon ist die aktuelle Krise. Ein anderer ist der Handelskrieg. Zölle werden indirekt über Währungsbewegungen ausgehebelt.

Langfristig muss der Dollar jedoch abwerten. Dies gilt insbesondere jetzt, da die Sparquote in den negativen Bereich vordringen wird. Der Staat häuft enorme Defizite an. Ein Anstieg der Sparquote der Haushalte kann das nicht auffangen. Haushalte werden in den USA in diesem Jahr vermutlich 1 Billion Dollar mehr sparen. Der Staat wird jedoch ein Defizit von knapp 4 Billionen anhäufen.

Das Defizit wird vermutlich weiter ansteigen. Es braucht mehr als die bisher beschlossenen Konjunkturhilfen. Das führt dazu, dass die USA deutlich höhere Defizite haben werden als der Rest der Welt. Dieser stützt die Konjunktur auch, aber weniger. Relativ gesehen haben die USA also ein höheres Defizit.

Es spricht für eine Schwächung des Dollars. Solange der Dollar Reservewährung bleibt, ist ein Kollaps oder eine spontane Halbierung nicht zu erwarten, auch wenn einige (z.B. Stephen Roach) vor einer deutlichen Abwertung warnen. Den Status als Reservewährung verliert man nicht innerhalb von Monaten.

Dennoch wird der Dollar Probleme bekommen. Die Sparquote im Ausland fällt im Zuge der Krise ebenfalls. Es steht weniger ausländisches Kapital zur Verfügung, um die Lücke zu stopfen. Dabei hilft es nicht, wenn die Notenbank einspringt. Eine Notenbank, die den Kapitalfluss aus dem Ausland zu ersetzen versucht, wertet die Währung ebenso ab.

Clemens Schmale


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2 Kommentare

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  • TradeBomb
    TradeBomb

    Wenn der Dollar massiv abwertet, wie verhält sich das auf den Kurs von Gold in €uro? Bei dieser Frage komme ich immer ins Schlingern...

    11:12 Uhr, 03.07.2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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