S&P erntet nach Rating-Rundumschlag heftige Kritik
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Berlin/ Brüssel/ Paris/ New York (BoerseGo.de) – Die Androhung einer Bonitäts-Herabstufung für 15 Euro-Länder seitens der Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) stößt auf scharfe Kritik. Der Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, kann die „Drohgebärde“ aus New York nicht nachvollziehen. Nahezu alle Eurostaaten mit einem negativen Ausblick zu versehen sei eine "unfaire" und "komplett exzessive" Entscheidung, sagte Juncker am Dienstag im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. "Die Drohung durch die Ratingagentur sei ein K.O.-Schlag für alle Staaten, die sich Bemühen, ihre Haushaltsdefizite zu senken. Vor allem der Zeitpunkt der Drohung kurz vor einem entscheidenden EU-Gipfel zur Schuldenkrise sein "erstaunlich", sagte der Luxemburgische Regierungschef.
S&P hat am späten Montagabend 15 der 17 Euro-Länder mit Herabstufungen ihrer Kreditwürdigkeit gedroht und dies unter anderem mit dem schleppenden Fortgang der politischen Reaktion auf die Schuldenmisere begründet. Die Agentur beschränkte sich dabei nicht darauf, den Ausblick auf "negativ" zu senken. Sie wählte die schärfere Form des "CreditWatch with negative implications", was auf eine hohe Dringlichkeit der Überprüfung hinweisen soll. Die Bonitätswächter haben 90 Tage Zeit, eine Entscheidung zu treffen. S&P will auf jeden Fall den EU-Gipfel Ende der Woche abwarten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nahmen in Paris die Ankündigung der Bonitätswächter ohne näheren Kommentar zur Kenntnis. Zugleich hielten sie an ihren am Montag gemachten Vorschlägen zur Verschärfung der Regeln in der Euro-Zone fest. Sie sehen einen Fünf-Punkte-Plan zur Stärkung der Haushaltsdisziplin in Europa vor, der automatische Sanktionen für Defizitsünder vorsieht.
Blankes Unverständnis an der Einschätzung von S&P zeigte der Obmann der Unionsfraktion im Bundestagsfinanzausschuss Hans Michelbach (CSU). Er sprach am Montagabend in Berlin "von einer willkürlichen Entscheidung ohne Bezug zur Wirklichkeit". Ziel der Ankündigung sei es ganz offenbar, im Vorfeld des EU-Gipfels zusätzliche Nervosität zu erzeugen. Der CSU-Politiker forderte eine härtere Gangart der EU gegen das "unkontrollierte Spiel" der Agenturen.
Trotz der erneuten Schelte aus New York halten die Länder der Euro-Zone stur an ihrem eingeschlagenen Kurs fest. So sagte Frankreichs Finanzminister François Baroin am Dienstag, sein Land brauche "keinen dritten Sparplan" und "keine weiteren Maßnahmen". Frankreich müsse auch keine öffentlichen Gelder in die Banken pumpen. Die Rating-Agentur habe bei der Einschätzung nicht die französisch-deutschen Pläne zur Bewältigung der Schuldenkrise einbezogen.
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