Kommentar
08:17 Uhr, 21.10.2014

Sinkt der Zins für Kredite unter 0%?

Miles Kimbal ist kein Unbekannter. Nicht in der englischen Blogosphäre, und vor allem nicht in hochrangigen Zentralbankkreisen. Was er ernsthaft vorrschlägt, dürfte für viele kaum zu glauben sein.

Der mit Mit Romney verwandte Ökonom von der University of Michigan ist der Vordenker der sogenannten "E-Money"-Bewegung, die sich für die Abschaffung des Papiergeldsystems einsetzt, um die Zinsuntergrenze von 0% - den „Zero Lower Bound“ endgültig zu überwinden, und um damit die Bahn für tiefrote Zinsen freizumachen.

Kimbal ist dabei nicht irgendein spinnerter Professor, sondern hat neben beraterischen Tätigkeiten für Fed, EZB, Bundesbank und BoE unter anderem der BoJ beim Entwurf ihres massiven QE-Programms geholfen. Es ist kein Geheimnis, dass seine Ideen in allerhöchsten Notenbankkreise sehr ernst genommen werden.

Der Geldexperte hat sich nun heute wieder zu Wort gemeldet , weil das „Wall Street Journal“ die Zentralbanken am Ende ihrer Möglichkeiten angekommen sieht, und damit einer seiner Hauptthesen widerspricht. Kimbal hält nämlich die Währungshüter noch lange nicht am Ende ihres Lateins und vertritt die These, dass die Zinsuntergrenze eine politische – und somit überwindbare Grenze darstellt.

Der Professor geht davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit und des Willens ist, wann diese Grenze fällt und hat für die technische Umsetzung sogar schon sehr detaillierte Pläne ausgearbeitet von denen anzunehmen ist, dass sie schon lange in den entsprechenden Schubladen in Frankfurt oder New York liegen.

Eine gute Übersicht über die Arbeit des Ökonomen kann auf seinem „Supply Side Liberal“-Blog eingesehen werden.

Ich bin der Meinung, dass Kimbal's Schwundgeld-Phantasien leider wirklich den nächsten logischen Schritt für Zentralbanken darstellen könnten, und der „Zero Lower Bound“ über kurz oder lang auf dem Müllhalde der Geschichte landen wird.

Wer weiß, aber selbst bei eskalierender Deflationsspirale ist es, ob solcher Tricks, wahrscheinlich noch ein sehr weiter Weg, bevor das gegenwärtige System kippen wird. Goldbug sei geduldig.

7 Kommentare

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  • student
    student

    Geld mit Null Zinsen und Inflation enteignet die Sparguthaben.

    Geld mit Minus-Zinsen und Inflation beschleunigt den Prozess noch mehr.

    Was ist die Folge?

    Vermögen: der Sparer verliert sein Geld, hoffentlich merkt er es und kauft Sachwerte, bevor alles weg ist. Das ist typisch neoliberaler Darwinismus mit der Kettensäge.

    Schulden: die Schulden bleiben. Und wachsen. Die Banken werden den Negativzins nicht an ihre Kunden weitergeben. Nirgendwo im Euroland.

    Fazit: Auch diese Politik nützt nur den Banken, die Bevölkerung verarmt noch schneller. Die Krise beschleunigt und verschärft sich.

    Die Eurokrise wäre auf einen Schlag beendet, wenn alle Staaten ihre eigene Währung kontrollieren - ohne auf einen gemeinsamen Wirtschaftsraum zu verzichten. So verlieren Banken ihre horrende Machtfülle und die Staaten können ihre Schulden ans Ausland erstmal streichen und neu anfangen.

    02:39 Uhr, 22.10.2014
  • Daniel Kühn
    Daniel Kühn Freier Finanzjournalist

    ​Das i-Tüpfelchen bei dem Konzept fehlt noch. Nämlich dass man den Kredit nicht zurückzahen muss :D

    15:55 Uhr, 21.10.2014
  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    ​Ich bin sehr freiheitlich eingestellt. Die Abschaffung des Bargeldes (Voraussetzung für nominale Negativzinsen) würde meinem Geschmack dem Staat zu viel Macht bescheren. Silvio Gsell hatte damals noch eine weitere Problematik erkannt, nämlich dass Schwundgeld einen Run auf Grund und Boden auslösen würde, und deshalb großflächige Verstaatlichungen von Nöten wären.

    13:59 Uhr, 21.10.2014
    2 Antworten anzeigen
  • WillyB
    WillyB

    ​So neu ist der Gedanke des schwindenden Geldes auch wieder nicht: Rudolf Steiner nennt alterndes Geld eine Voraussetzung fuer eine gesunde Volkswirtschaft. Dass Geld sich abnutzt wie eine Ware - wenn es nicht gebraucht wird - entspricht einem negativen Zins auf Spareinlagen. Der Vorteil ist in jedem Fall, dass Sparer "gezwungen" werden, etwas mit dem Gesparten zu tun: entweder sie geben es aus und kurbeln mittels des Konsums die Wirtschaft an (positiv fuer eine Volkswirtschaft) oder sie stellen ihr Geld in Form von Aktien/Anleihen Unternehmen zur Verfuegung, die Kapital benoetigen um zu wirtschaften (ebenfalls positiv fuer die Volkswirtschaft).

    13:14 Uhr, 21.10.2014
  • Investor
    Investor

    ​Zu einem gewissen Masse sind die Zinsen schon negativ. Wenn eine Bank Geld bei der EZB parken will, sind die Zinsen schon negativ. Inzwischen verlangen die Banken für hohe Einlagen auch schon einen negativen Zins.

    Das Konzept ist aus meiner Sicht verwandt, mit dem Schrumpfgeld der Regionalwährungen. Das Geld wird mit der Zeit weniger Wert. Ziel ist es, den Geldumlauf anzukurbeln und sparen zu verhindern. Das Konzept funktioniert gut, um Nachfragestaus aufzulösen aber nicht bei Überangebotssituationen.

    Aus meiner Sicht wird es die momentane Situation nicht lösen, da wir sowohl bei Kapital (bedingt durch die Zentralbanken), bei den Rohstoffen, und bei Arbeit (EM, China) ein Überangebot haben. Dadurch wird Deflation global erzeugt.

    Würde man wie der IWF vorschlägt, nun Infrastrukturprojekte durchführen, dann würde die Nachfrage nach allen 3 Teilen angekurbelt und das Problem gemildert. Nachteil dieser Lösung wäre, daß entgültig die Steuerungsfunktion des Zinsen zu den effizientesten Projekten vorloren ginge. Gleichzeitig muß das marktwirtschaftliche System in ein planwirtschaftliches System überführt werden, denn jemand muß die Entscheidung treffen, welche Investionen getätigt werden sollen. Planwirtschaften waren in der Vergangenheit nicht sehr effizient und haben selten den Lebensstandard der Menschen verbessert.

    Aus geldpolitischer Sicht ein interessanten Vorschlag aber ob dies gesellschaftlich gut wäre, bezweifele ich.

    09:35 Uhr, 21.10.2014

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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