Kommentar
01:00 Uhr, 12.12.2009

Rohstoff-Ausblick 2010: Gegenwind

Erwähnte Instrumente

Interventionen von Zentralbanken und Regierungen haben die Schuldenlast von Finanzinstituten auf die öffentliche Hand verlagert, mit dem Ziel, die Finanzkrise abzuwenden, mit dem Preis explodierenden Verschuldungen und mit dem Ergebnis der Beendigung der Rezession in Europa und den USA.

Das war allerdings nicht ganz umsonst. Auf über 12.000 Mrd. Dollar summieren sich die Kosten und Auslagen für die Rettung des Finanzsystems alleine in den USA. Diese Summe ist größer als die Kosten aus Marshall-Plan, Mondlandung, NASA-Budget und den Kriegen in Vietnam, Korea und dem ersten wie zweiten Irakkrieg zusammengenommen. Um weitere 9000 Mrd. Dollar wird sich die Regierung in Washington in den nächsten zehn Jahren verschulden, 4800 Mrd. Dollar davon werden nur für die Bezahlung der Zinslast bestehender Kredite benötigt.

Es ist wie ein Kampf gegen Windmühlen. 60.000 Mrd. Dollar beträgt das jährliche Bruttoinlandsprodukt aller Staaten der Erde, 600.000 Mrd. Dollar ist die Summe der weltweit im Umlauf befindlichen Kredite oder Kreditderivate. Nicht umsonst wird die Realwirtschaft als Kind der Kreditwirtschaft bezeichnet: Wirtschaftliches Schaffen ist nur durch Geld und Kredite möglich. Aus diesem Grund ist die Kreditblase, die in den USA geplatzt ist, so bedrohlich. Sie führt zu einem Prozess der Rückführung von Fremdkapital.

Aus einer Einlage von einem Euro bei der Bank können durch Geldschöpfung je nach Zentralbankvorschriften ein Vielfaches dieses einen Euro geschaffen werden, was die Realwirtschaft beflügelt, die mit dem Geld investieren und wachsen kann. Kommt dieser Prozess ins Stocken, kommt es zur Geldvernichtung und der Realwirtschaft wird Geld entzogen. Die Geldmenge fällt und jeder Euro, der noch im Umlauf ist, besitzt nun mehr Kaufkraft als zuvor. Das führt zu fallenden Preisen, was zunächst positiv für Konsumenten ist, später wegen fallender Unternehmensgewinne aber wohl oder übel zu Entlassungen führt. Diese Spirale setzt sich über die Zeit fort, eine Deflation breitet sich aus.

Deflationsdruck wiegt schwer

Eine solche Entwicklung ist die größte Angst von US-Notenbankchef Ben Bernanke, der eine Wiederholung des japanischen Deflationstraumas in Amerika mit aller Kraft abwenden will. Das liegt vor allem an der Tatsache, dass sich eine Inflation, nicht aber eine Deflation durch Geldpolitik steuern lässt. Trotzdem wird er nicht verhindern können, dass Verbraucher und Unternehmen auch im Jahr 2010 Kredite zurückführen werden. Sparen ist plötzlich ein Trend in den USA. Analysten der BNP Paribas rechnen mit einem Rückgang der Inflationsrate in den USA und Europa „auf Null oder sogar darunter“ in den nächsten zwei Jahren.

„Wenn das Bankensystem immer noch beschädigt ist, wenn viele Haushalte ihre Schulden verringern wollen, und Unternehmen keine Schulden aufnehmen müssen, führt die lockere Geldpolitik nicht zu erhöhter Kreditvergabe, sondern bahnt sich ihren Weg zu den Assetpreisen“, beschreiben die Analysten der BNP die aktuelle Marktlage. Das billige Geld führt also zu steigenden Aktien- und Rohstoffpreisen, aber nicht zu mehr Kreditvergabe an Unternehmen. Die Banken vergeben keine Kredite, weil die Nachfrage nicht da ist, vielmehr noch: Kredite werden abgebaut, wo nur möglich. „Der Inflationsdruck aus den hohen Rohstoffpreisen könnte sogar willkommen sein, da er die Gefahr einer Deflation abmildert.“

„Krugman, Geithner, Bernanke, Greenspan und Mishkin glauben, dass eine neue Spekulationsblase der Weltwirtschaft helfen würde“, schimpft Marc Faber, Autor des Gloom, Boom & Doom-Börsenbriefs. Laut Faber habe die Federal Reserve ihre Bilanz bis zum 30. September 2009 von 800 auf 2179 Mrd. Dollar erweitert. 692 Mrd. Dollar von dieser Summe wurden in Kreditderivate investiert, die „wahrscheinlich wertlos“ sind. Analysten von Goldman Sachs erwarten, dass die Suche nach mehr Rendite im nächsten Jahr dazu führen könnte, dass auch die Märkte für Kreditderivate wieder von Investoren angelaufen werden. Das ist die große Hoffnung, dass die Regierungen ihr Geld aus der Übernahme von Kreditderivaten wieder zurückerhalten. Aber es ist eben auch nur eine große Hoffnung, und auch ein großes Experiment, Ergebnis offen.

Die Märkte für strukturierte Kredite haben durch die Insolvenz von Lehman Brothers praktisch aufgehört zu existieren, da es keine Preise mehr dafür gab. Das hat wiederum "die Verfügbarkeit von Krediten verschlechtert, weil Kreditgeber nicht mehr in der Lage waren, ihr Risiko auszulagern", schreibt Goldman Sachs.

Risiko ist auch das große Wort für das Jahr 2010. „Das Momentum der globalen und innerstaatlichen Makroindikatoren könnte im Jahr 2010 zusammenfallen, auch wenn gleichzeitig das Wachstum zurückkehrt“, analysiert Goldman Sachs. Daraus folgt „Gegenwind während des Jahres“ für die asiatischen Volkswirtschaften, aber auch für den Westen. Das Nachlassen der Wirkung der Konjunkturpakete und die Stärke des eigenständigen Wachstums der etablierten und aufstrebenden Volkswirtschaften wird die Stimmung im Jahr 2010 prägen. Die Société Générale befürchtet in einer Studie mit dem Titel „Wie Sie sich selbst gegen den wirtschaftlichen Zusammenbruch rüsten“, dass die Konjunkturerholung in den USA nur „eingeschränkt“ verläuft. Außerdem „fallen die Steuereinnahmen und steigen die Ausgaben auf ein historisches Hoch.“

Der in der Studie geschilderte „schlimmste Fall“ teilt die Krise in zwei Teile ein: In das Platzen der Aktienblase im Jahr 2000 und 2001 sowie in das Platzen der Kredit- und Immobilienblase im Jahr 2007 und 2008. „Wenn wir dieser Idee folgen (…) haben wir möglicherweise eine Situation erreicht, die der von Japan in den 1990er Jahren ähnelt. Diese Analogie würde bedeuten, dass wir jetzt aus einer Bärenmarktrally austreten, die durch Lageraufbau und Konjunkturpakete getrieben war.“ Anschließend könnte die Abwärtsbewegung fortgesetzt werden, da der Konsum die entstehende Lücke aus den Konjunkturpaketen nicht alleine tragen könnte.

Eine solche Situation plagt derzeit die japanische Wirtschaft. Im Jahr 2009 wird sie vermutlich um fast 5% schrumpfen, obwohl mittlerweile bereits das vierte Konjunkturpaket aufgelegt wurde. Auf das jüngste Paket reagierten die Börsen schon gar nicht mehr, was wohl B��nde spricht. Auch in den USA gab es im Jahr 2009 Gerüchte über ein zweites Konjunkturpaket. Neue Schulden, das dürfte Barack Obama klar sein, dürften aber kaum möglich sein. Im Jahr 2010 werden die USA ihre Schulden auf 100% ihres jährlichen Bruttoinlandsprodukts hochgeschraubt haben, schreiben die Analysten der Société Générale. „Wir haben jetzt einen Punkt erreicht wo die entwickelten Industriestaaten, besonders aber die USA, kaum eine andere Möglichkeit haben als Schulden abzubauen.“

Zum Abbau von Schulden gibt es vier Wege: Wirtschaftliche Reformen, eine Staatspleite, Inflation oder Innovation und neues Wachstum. Die Lösungswege könnten weltweit je nach Land unterschiedlich aussehen. Gerald Celente hält es für möglich, dass es in Osteuropa bei einigen Staaten zu Pleiten kommen wird. „Die osteuropäischen Staaten sind nach jahrzehntelanger Unterdrückung durch den Eisenen Vorhang blindlings in die freie Marktwirtschaft gesprungen“, schreibt Celente in seiner Herbstausgabe des „Trends Journal.“ Er schätzt, dass Österreich 230 Mrd. Dollar, also 70% der eigenen Wirtschaftsleistung an osteuropäische Länder vergeben hat. Ein Ausfall von nur 10% dieser Summe würde Österreich in schwere Bedrängnis bringen. Nachdem seit März 2009 über ein halbes Jahr gute Stimmung herrschte, der Optimismus überwog und die Kurse stiegen, taucht das Thema Staatspleite im Dezember mit Dubai und Griechenland wieder auf.

Die Risikoaversion der Anleger wird im Jahr 2009 zurückkehren. Das liegt nicht zuletzt daran, dass wir eine Rally beim US-Dollar bis ins erste Halbjahr 2010 hinein erwarten. Eine solche Rally geht einher mit einem erhöhten Sicherheitsbedürfnis der Anleger, da die Währung der Vereinigten Staaten als sicherer Hafen gilt, denn, wenn es zu Pleiten kommt, dann werden die USA als größte Volkswirtschaft der Erde und gleichzeitig als Inhaber der Weltreservewährung wahrscheinlich als letztes untergehen, zumindest glaubt man das. Der Euro dürfte zum US-Dollar nach Erreichen des Kurszielbereichs von 1,51-1,53 (Elliottwellenziel von André Tiedje von 1,5122 bereits Anfang Dezember erreicht) US-Dollar bis auf unter 1,30 US-Dollar fallen, was einer Dollar-Rally von 15-20% entspricht.

Terror 2010

Nicht von der Hand zu weisen ist ein weiterer Hinweis von Trendforscher Gerald Celente. Ich habe lange überlegt ob ich diesen Hinweis hier abdrucken soll, ohne Gefahr zu laufen, angesichts der Party-Stimmung in allen Medien und Zeitungen endgültig in die Ecke der Untergangspropheten gestellt zu werden. Ich mache es jetzt aber trotzdem, weil die Parallelen einfach zu frappierend sind. Hierzu ein Rückblick: Die Dot.Com-Spekulationsblase platzte im April des Jahres 2000 und es dauerte rund eineinhalb Jahre, bis die Wirtschaft sich durch zahlreiche Maßnahmen der Regierungen und Zentralbanken rehabilitierte. Der 11. September 2001 war ziemlich exakt der Zeitpunkt, wo die Wirtschaftsdaten danach aussahen, als bekämen wir jetzt tatsächlich wieder einen neuen, selbsttragenden Aufschwung. Nach dem 11. September wusste jeder, dass dieser Aufschwung nicht kommen wird. Nun betrachten Sie sich die aktuelle Situation. Erkennen Sie die Parallelen? Ein neuer großer Terroranschlag wäre so ziemlich das Schlimmste, was uns jetzt passieren könnte. Celente schreibt am 8. Dezember 2009: „9/11 warf Amerika in diese Dekade, und der Terror wird wieder zuschlagen, bevor die Dekade endet.“

Höhere Risikoaversion und ein steigender Dollar sprechen für eine Korrektur bei den Rohstoffen, die am stärksten mit dem US-Dollar korrelierten. Das sind Gold und Erdöl, die beiden liquidesten Märkte innerhalb der Rohstoffe, die am einfachsten von kapitalstarken Marktteilnehmern angesteuert werden können, um einen Dollarhedge, also eine Absicherung gegen einen fallenden Dollar, aufzubauen. Von diesen beiden Rohstoffen ist Erdöl am stärksten in Rohstofffonds gewichtet, sodass dem Öl eine besondere Bedeutung zukommt. Korrigiert Öl, werden andere Rohstoffe oft in Sippenhaft genommen. Entsprechend gilt: Steigt Öl, stützt das die anderen Rohstoffe. Diese Korrelation lässt sich auch fundamental erklären: Energie und besonders Öl hat einen spürbaren Anteil an den Kosten der Wertschöpfung der etablierten Volkswirtschaften, wenngleich diese Kosten als Anteil am Bruttoinlandsprodukt in den letzten Jahrzehnten gefallen sind. Steigen die Ölpreise, erhöht das die Importpreise, was besonders für die USA gilt, die mit 3% Anteil an der Weltbevölkerung 25% des Öls verbrauchen. Da die USA wiederum als „Pace Maker“ der Weltbörsen bei Aktien und Rohstoffen gelten, hat die Preisbildung des Öls weiterhin Relevanz.

Vier Modelle für das Öl

Ölanalyst Dr. Steffen Bukold, den wir in der Ausgabe 24 des Rohstoff-Reports interviewten, bringt eine weitere Perspektive bei der Bewertung des Ölpreises ein. Vier Modelle zur Analyse des Ölpreises wechseln sich ab: Makromodelle, die versuchen, von der konjunkturellen Entwicklung auf die Ölnachfrage zu schließen, technische Modelle, die nach Chartmustern den Ölpreis prognostizieren, wobei auch Trendfolgemodelle hierzu gehören, Terminmarktmodelle, die zwischen Contango und Backwardation abwägen und auch die Positionierungen der kommerziellen und spekulativen Marktteilnehmer analysieren und schließlich Fundamentalmodelle, die derzeit am wenigsten beachtet werden, denn das hohe Angebot und die vollen Lagerbestände müssen eigentlich zu einer Korrektur des Ölpreises führen beziehungsweise hätten diesen erst gar nicht so hoch steigen lassen. Technische und Makromodelle hält Bukold derzeit für die relevantesten, wenn es darum geht, die Ölpreise zu erklären. Sprich: Die positiven Konjunkturerwartungen und die einfache Tatsache, dass im Ölpreis seit Anfang dieses Jahres ein Aufwärtstrend vorliegt sprechen für den Ölpreis. Perspektivisch für das Jahr 2010 bedeutet dies: Wenn das Momentum der Konjunkturentwicklung nachlässt, dürfte der Ölpreis nachgeben. Wenn bei der Konsolidierung sogar der Aufwärtstrend gebrochen wird, dürfte es zu einer ausgewachsenen Korrektur kommen, wenn trendfolgende Hedgefonds und andere kapitalstarke Investoren Öl abstoßen. Bei Erdöl steht noch das wellentechnische Kursziel von 90 US-Dollar/Barrel aus. Dieses kann weiterhin erreicht werden. Das Ziel für das Jahr 2010 sehen wir bei 50 Dollar, möglicherweise sogar darunter.

Eine weitere Perspektive zur Bewertung des Ölpreises, aber auch aller anderen Rohstoffe bringt die britische Barclays vor. Das Überangebot bei Öl, die vollen Tanker, die in den Häfen vor Anker liegen, die noch nicht gewachsene Ölnachfrage in den Industrieländern: All das wird als temporäre Erscheinung interpretiert, meinen die Analysten. Auf Sicht der nächsten Jahre erwarte der Markt wieder ein Angebotsdefizit bei Öl. In den späten 90er Jahren war das noch anders, heißt es von Barclays weiter. Da wurden Angebotsdefizite noch als temporäre Erscheinungen interpretiert, Überschüsse waren hingegen der Normalzustand. Dass sich diese Situation jetzt geändert hat begründen die Analysten unter anderem mit der Tatsache, dass w��hrend des Ölcrashs im Dezember für sofortige Lieferungen zwar nur noch wenig mehr als 33 Dollar pro 159-Liter-Fass gezahlt wurden, Öl für Lieferungen in einem Jahr kosteten damals allerdings weiterhin deutlich mehr und wurden bei 60 US-Dollar/Barrel oder sogar darüber gehandelt.

Aus unserer Sicht wird das Überangebot aber nicht immer ausgeblendet sein. Wir rechnen damit, dass wir im nächsten Jahr wieder sehr viel in den Medien hören und lesen werden über das Überangebot an Erdöl und die Restkapazitäten der OPEC. Doch hierzu muss der Ölpreis erst wieder fallen, sodass diese Art von Information wieder zur Erklärung der dann fallenden Ölpreise passt.

Gold: Eine Blase

Eine stärkere Korrektur als bei Öl ist bei Gold zu erwarten, das spekulativ überhitzt und bereits als kleine Blase bezeichnet werden kann. Tatsächlich prallt der Dollargoldpreis nach Erreichen des wellentechnischen Kursziels von 1225 US-Dollar pro Feinunze dynamisch nach unten ab. Wir sehen hier zwar weiterhin die Möglichkeit (nicht die Pflicht) temporärer kleinerer Hochs, die sich über 1225 US-Dollar/Unze ausdehnen können. Die nächste große Bewegung befindet sich jedoch auf der Unterseite. Korrekturpotenzial besteht bis unter 900 Dollar im Jahr 2010. Diese Korrektur, die den Goldmarkt bereinigen würde, ist eine Einstiegsgelegenheit.

Der Chinafaktor

Ich habe auf mehreren Börsentagen und Vorträgen in den letzten Wochen von Anlegern gehört, dass sie nicht an eine Korrektur des Goldpreises glauben, da bei niedrigeren Kursen Käufer aus aller Welt zugreifen und nachkaufen würden. Hier wurde vor allem China genannt. Lassen Sie mich hierzu ein paar Worte sagen. China ist die älteste Handelsnation der Erde. Brücken, Kraftwerke, Städte entstehen dort in einer Geschwindigkeit, die Atem beraubend ist. Wenn eine Brücke halb fertig ist, und noch Kupfer benötigt wird, dann wird das Kupfer einfach gekauft, unabhängig davon, ob im Westen gerade eine Rezession oder Kreditkrise oder sonst etwas im Argen liegt. Dieses Spiel haben wir seit Beginn der Krise gesehen: Die Chinesen nutzten die niedrigen Preise für Kupfer, Soja, Öl und andere Rohstoffe, um zuzukaufen, als gäbe es kein Morgen. Sie haben sich auch im großen Stil an westlichen, lateinamerikanischen, pazifischen und afrikanischen Rohstoffproduzenten beteiligt oder diese übernommen. Jetzt, im Herbst und Winter, ist es um die chinesischen Käufer wieder ruhiger geworden. Denn sie mögen die hohen Preise nicht, die mittlerweile an den Weltbörsen gehandelt werden. Das brachte die Regierung in Peking Anfang Dezember sogar dazu, den Goldpreis als „teuer“ zu bezeichnen. Eine solche Aussage sollte nicht ganz ignoriert werden. Immerhin ist Gold immer noch ein Rohstoff, der an der Börse gehebelt gehandelt wird und damit prädestiniert ist, entsprechend heftige Korrekturen vollziehen zu können.

Fazit: Wir erwarten eine –temporäre- Korrektur, die den Goldpreis deutlich unter die Marke von 900 US-Dollar/Unze drücken kann. Wir werden Sie auf www.godmode-trader.de/rohstoffe und auch im Rohstoff-Report auf dem Laufenden diesbezüglich halten. Nach einer Bodenbildung kann der Goldpreis gekauft werden. Das Ziel liegt dann bei 1500 US-Dollar/Unze oder sogar darüber.
Mais: Outperformer in 2010

Auf der Seite der Agrarrohstoffe dürfte es zu einem leichten Auseinanderstreben der Preise kommen, wobei sich Mais besser und Weizen sowie Sojabohnen schlechter entwickeln dürften. Insgesamt dürfte die durch den starken Dollar ausgelöste Sippenhaft alle drei Getreidesorten unter Verkaufsdruck bringen. Mais sehen wir wegen den Missernten in Mexiko, den USA und China als möglichen Outperformer. Wir rechnen damit, dass sich im Frühjahr Ängste breit machen werden, dass nicht genug Mais angebaut werden kann, um das diesjährige Erntedefizit auszugleichen. Das dürfte die Preise stützen, wobei das Septemberpreistief im Bereich von 3 Dollar gleich in zweierlei Hinsicht interessant ist. Zum einen aus charttechnischer Sicht. Der Maispreis hat die Marke von 3 Dollar seit dem Jahr 2007 dreimal getestet. Außerdem gibt es in den USA im Bereich von 3 Dollar Ausgleichszahlungen der Regierung. Diese Ausgleichszahlungen können Landwirte in Anspruch nehmen, die bereit sind, ihre Maisernte in eigenen Silos zu lagern und erst später wieder am Markt zu verkaufen. Bewandtnis dieser Zwischenlagerung ist die Stützung der Marktpreise, weil das am Markt sichtbare Angebot verringert wird.

Zucker: Schnelle Preissteigerungen möglich

Spannend dürfte die Preisentwicklung bei Zucker werden. Neben der sich abzeichnenden Verknappung von Zucker durch die indischen Importe in diesem Jahr könnte auch ein übervorsichtiges Verhalten der Zuckerproduzenten die Preise weiter anheben. „Das ist wirklich ungewöhnlich“, erklärt David Hightower von Hightower Research in einem Interview auf ONN.TV. „Jetzt haben wir die Zuckerproduzenten, die den hohen Preis sehen und ihn sich sichern wollen. Also verkaufen sie. Das ist wie im Goldmarkt, wo wir Vorwärtsverkäufe hatten und jetzt sehen wir, dass die Produzenten Gold wieder am Markt zurückkaufen müssen, weil die Preise weiter steigen.“ Zu einer ähnlichen Situation könnte es bei Zucker kommen. „Zwar noch nicht jetzt. Wenn sich die Angebotsverknappung aber verschlimmert, kann alles sehr schnell gehen.“

China wird noch reicher

Die Chinesen werden im Jahr 2010 trotz der durch Deleveraging geplagten westlichen Volkswirtschaften weiter wachsen und seinen Expansionskurs weiterführen. „Asien ohne Japan hat in den vergangenen zehn Jahren 25% des weltweiten Wachstums beigetragen, aber 2010 und 2011 werden es wahrscheinlich 40% sein, was weit mehr ist also die G7-Industrieländer (25-30%) zusammenbringen“, schreibt die Citigroup. „Die G7 werden um nur 1,7% wachsen, und Asien ohne Japan um 8,7%, angetrieben durch China.

Immer wieder ist von Marktkommentatoren zu hören, dass China die nächste Weltmacht wird und irgendwann einmal mit den USA in einen Konflikt eintreten wird, der nicht nur wirtschaftlicher, sondern militärischer Natur sein könnte. Der US-amerikanische Militärstratege Edward N. Luttwak hält dies aber nicht für wahrscheinlich. Vielmehr würden die USA im nächsten und auch in den darauf folgenden Jahren abgelenkt durch „ein paar Unbekannte“ im Nahen Osten, Afghanistan und Pakistan und bezieht sich dabei auf den Kampf gegen den Terror. Gleichzeitig würden China, Indien und Russland weiter aufstreben.

Die Angst vor geopolitischen Ambitionen Chinas hält Luttwak für übertrieben. Chinesen seien keine Deutschen oder Franzosen. In der gesamten Geschichte des Milliardenreichs habe es nur zweimal geopolitische Aktionen seitens Chinas gegeben. Zuerst als die Yuan-Dynastie die Herrschaft übernommen hatte. „Die Yuan-Dynastie war eine mongolische Kaiserfamilie und daher nicht chinesisch“, erklärt Luttwak. Später, als die Chinesen Tibet übernahmen, waren die Mandschuren an der Macht. „Man sollte die Geschichte nicht so leichtfertig ausblenden“, meint Luttwak und betont, dass die Chinesen selbst in ihrer Geschichte nie geopolitische Ambitionen anstrebten und das wahrscheinlich auch nicht in Zukunft tun werden.

Hinzu komme eine völlig andere Mentalität. „Wenn Sie einem Europäer 2 Franken in die Hand gaben, dann gab er einen Franken an die Regierung, um einen Krieg loszutreten. Ein Chinese behält lieber beide Franken für sich.“ Auch die Einstellung gegenüber dem Militär sei anders. In den USA sei es Tradition, dass Söhne zum Militärdienst geschickt werden, um als Patrioten das Land zu verteidigen. Chinesische Familien sehen den größten Vorteil im Militär darin, dass es dort eine gute Zahnbehandlung gibt, so Luttwak. „Es würde mich sehr verwundern, wenn China durch das Geld eine kulturelle Veränderung durchmacht und das Geld nimmt, um Kriegsschiffe zu bauen. Sie sind mit dem Geld lieber in Afrika, um Rohstoffe zu sichern.“

Magere Zeiten am Aktienmarkt

Durch die Rettungsaktionen der Jahre 2008 und 2009 hat sich der Einfluss des Staates auf die Wirtschaft spürbar erhöht. Wir befinden uns immer noch in einem Prozess, in dem wir herausfinden, wie dieses neue System funktioniert. Klar scheint aber, dass wie in der Vergangenheit Phasen höherer Regierungsanteile an der wirtschaftlichen Wertschöpfung zu geringeren Wachstumsraten und zu geringeren Gewinnspannen bei den Unternehmen führen. Hinzu kommt, dass es zu einem graduellen Decoupling der asiatischen Börsen und allen voran der chinesischen Börse von den Börsen im Westen kommen könnte. Dieses Decoupling ist bereits heute zu beobachten: Die Börse in Shanghai bewegt sich quasi um vier Monate zeitversetzt zur Wall Street und den europäischen Börsen. Diese graduelle Abkopplung dürfte weiter anhalten, da sich China stärker auf seine Binnenwirtschaft fokussiert und seine Abhängigkeit von Exporten in die USA und nach Europa senken will. Auf der anderen Seite des Globus werden die USA versuchen müssen, ihre Exportwirtschaft wieder anzukurbeln, womit besonders der Wechselkurs zwischen Euro und Dollar zu einem neuen Politikum werden könnte, da über diese Stellschraube die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen und US-amerikanischen Exporte im besonderen Maße geregelt wird. Dass der US-Dollar im ersten Halbjahr 2010 stärker wird, dürfte den USA dabei nicht in den Kram passen, sie dürften den Trend aber nicht aufhalten können, wenn es zu einer Repatriierung von Mitteln aus dem Ausland und zur zwischenzeitlichen Abwicklung von Dollar Carry Trades kommen dürfte. Das Jahr 2010 wird ein Jahr, indem die durch billiges Geld geschaffene Aufwärtsbewegung an den Aktienmärkten in eine volatile Seitwärtskorrektur münden wird. Diese anfängliche Korrektur könnte außerdem der Beginn einer übergeordneten Trendwende an den Aktienbörsen in Europa und an der Wall Street sein.
Fazit

Unsere in diesem Report veröffentlichten Prognosen lassen sich wie folgt zusammenfassen. Wir erwarten eine Korrektur bei Aktien und Rohstoffen und eine Rally beim US-Dollar, eine Rückkehr des Sicherheitsbedürfnisses bei den Anlegern und weitere Krisen, die mit Überschuldung und der mangelnden Verfügbarkeit von Refinanzierungsmöglichkeiten einhergehen. Auf Seiten der Konjunkturdaten dürfte es sich bemerkbar machen, dass das aus den Konjunkturpaketen erzeugte Momentum nachlassen und sich die Planungssicherheit verringern dürfte. Auch wenn die Industrieländer weiter moderat wachsen und sich das hohe Wachstum in den Emerging Markets fortsetzt, dürfte sich durch das nachlassende Momentum beim Wachstum das Sentiment, dass an den Börsen derzeit fast einheitlich bullish ist, eintrüben. Den Weltbörsen dürfte im ersten Halbjahr 2010 also einiges an Gegenwind entgegenwehen.

Dieser Artikel erschien im Rohstoff-Report, dem Research-Letter für die weltweiten Rohstoffmärkte. Weitere Informationen zum Abonnement des Rohstoff-Reports finden Sie unter www.rohstoff-report.de

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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