Robotik: Die Alltagshelfer beginnen ihren Siegeszug
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Robotik: Die untoten Alltagshelfer beginnen ihren Siegeszug
von Dr. Eike Wenzel ITZ
Roboter, die untoten Dienstleister aus der Zukunft, sind seit Jahrhunderten ein Menschheitstraum und Angst-Szenario zugleich. Mit den Robotern verbindet sich der Wunsch der Menschen nach der Abschaffung des Alltags. Endlich keinen Abwasch mehr, kein Aufräumen, der Roboter holt den Wein aus dem Keller und dekantiert mit höchster Präzision. Als Sony im Jahr 2007 mit seinem Roboterhund Aibo Schiffbruch erlitt, schien die Idee der unbemannten Alltagshelfer endgültig tot. Selbst die verspielten Japaner konnten mit Aibo, der ständig im Weg herumlag und störte, wenig anfangen. Knapp vier Jahre später zeichnet sich der endgültige Durchbruch der Maschinenwesen in unserem Alltag ab. Siri, das charmante Sprachsystem im iPhone 4S könnte das Ereignis gewesen sein, dass endgültig das Tor in die Zukunft der Konsumenten-Robotik aufgestoßen hat. Von den Apple-Freaks zunächst abgelehnt, belehrte Siri viele eines Besseren, als sich das intelligente Sprachsystem als sehr flexibel und hilfreich herausstellte. Das iPhone mit dem Sprachroboter wurde seit Einführung im Oktober 2011 insgesamt 37 Millionen Mal verkauft, ein neuer Rekord.
1. Was den Zukunftsmarkt Robotik antreibt
Dass Bild Gates 2006 behauptete, Roboter in Privathaushalten wären bis 2030 ein größerer Markt als der Automobilmarkt, wurde von vielen als eine überspannte Nerd-Phantasie abgetan. Jetzt stellen wir fest, dass die Untoten langsam und unbemerkt die eigenen vier Wände erobern. Neue Unternehmen kommen ständig mit eigenen Entwicklungen auf den Markt. Ein zentraler Erfolgsfaktor für die Unternehmen ist ihr Humankapital: ohne spezialisierte Ingenieure und Roboterexperten läuft gar nichts. Dazu sollten die Unternehmen sehr enge Verflechtungen mit vom Staat unterstützen Forschungslabors oder Universitäten unterhalten, um an die neuesten Forschungsergebnisse heran zu kommen.
Bis vor kurzem orderten das Militär und Industrien wie Automobil oder Landwirtschaft die meisten Roboter oder roboterähnlichen Maschinen. Doch 2010 und 2011 waren die Jahre, in denen der Markt kippte. 2010 (vgl. Abb.3) wurde laut Japan Robotics Association bereits rund die Hälfte des Robotik-Umsatzes mit Maschinen gemacht, die für das privaten Umfeld der Verbraucher bestimmt waren. Roboter werden in Zukunft in erster Linie zur Alltagsbewältigung der Menschen eingesetzt
Hier liegt der Zukunftsmarkt, hier wird mit Robotik künftig das Geld verdient. Und wenn selbst Imbissbuden demnächst von automatischen Kollegen bevölkert werden könnten, scheint sich ein Trend abzuzeichnen. Die türkische Firma Alkadur wird demnächst Döner-Roboter weltweit einsetzen, die vollautomatisch leckeres Döner zubereiten.
Wo begann der Flirt mit den Untoten? Mit George Lucas‘in den 1970er und 1980er Jahren kreierten und legendär gewordenen Hilfsrobotern rund um die Sternenkrieger und Luke Skywalker in den Episoden von „Krieg der Sterne“haben wir über Maschinenmenschen phantasiert. Jeder kennt C3PO, den etwas trotteligen Haus-, Zeremonien- und Übersetzungsroboter mit guten Manieren und R2D2, den lustig fiepsenden, wie eine umhergleitende Mülltonne auf Blades aussehenden Hyper-Technik-Droiden. Sie markierten die Geburtsstunde des Roboters und haben sich tief in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt. Der mit menschlichen und emotionalen Zügen ausgestattete C3PO ist so etwas wie der Ur-Roboter, den jeder vor Augen hat. Später kamen weitere Phantasieroboter hinzu, bis der Traum der Metamorphose von Mensch und Maschine im „Terminator“(der sich allerdings außer zum Kämpfen als wenig hilfreich erwies) Gestalt erlangte.
Roboter als Alltagshelfer gehen uns einfach nicht aus dem Kopf. Gerade in Zeiten von Doppelverdiener-Paaren, chronischer Zeitknappheit und einer schnell alternden Gesellschaft geraten die Maschinen mit Dienstleistungskompetenz wieder stärker in den Fokus. Die Fessel-GfK Sozialforschung hat vor längerer Zeit, im Jahr 2004, eine repräsentative Umfrage zum Thema 'beliebteste Wunscherfindungen in der Zukunft' unter 2.000 Personen per Internet durchgeführt, um zu erfahren, wie in der Zukunft der Alltag 'leichter und lustiger' werde. Ganz vorne auf der Wunschliste steht die Unterstützung im Haushalt durch Roboter. Dieser Wunsch wird von 33 Prozent der befragten Frauen und sechs Prozent der Männer geäußert. Während 37 Prozent der Befragten keine Wünsche einfallen, reichte die Palette bei den Antwortenden von Erfindungen gegen Vetternwirtschaft über Techniken zur „absoluten Liebe“bis zu Zeitreisen.
Roboter werden in den kommenden zehn Jahren unser Haushalts-Management in den eigenen vier Wänden auf den Kopf stellen. Gemäßder International Federation of Robotics wurden 2008 ungefähr 940.000 Staubsaugerroboter weltweit verkauft, das sind 50 Prozent mehr als 2007. Staubsauger-Roboter gibt es seit Ende der 1990er. Sie stellten die erste Form eines Serviceroboters im Alltag dar. Hersteller sind unter anderem Unternehmen wie iRobot (Roomba), Kärcher, Electrolux (Trilobite), Siemens, Neato Robotics und Samsung (Navibot). Die Preisspanne reicht zurzeit von 40 Euro bis 1.500 Euro.
Vor allem Staubsager- und Rasenmäherroboter haben sich seit dem ersten Roboterstaubsauger, dem Roomba von iRobot (2002), eine größere Bekanntheit und Marktstellung erarbeitet. Der koreanische Hersteller Illshim bietet einen Wischroboter für Fenster namens „Windoro“an, der sich mit Hilfe von Magneten an der Scheibe festklammert. Weitere Roboter verdingen sich als Babyschaukler (bislang nur in Japan erhältlich) oder als Diätroboter, der Ermahnungen an seinen Benutzer verteilt. In Japan gibt es eine ganze Welt, bestehend aus Spielzeugrobotern für Kinder. Vorwerk, der legendäre Staubsaugerhersteller aus Wuppertal, arbeitet mit einem innovativen Saugroboter an der Neuausrichtung seiner Marke. Mit Lasertechnik scannt der Kobold VR 100 den Raum mit allen Möbeln, die drinstehen und eckt nicht an Stuhl- oder Tischbeine an. Das Gerät teilt sich den Raum intelligent in Flächen ein und saugt sie systematisch ab –bei billigen Konkurrenzmodellen arbeiten die unbemannten Helfer eher nach dem Zufallsprinzip. Die Software, mit der der Roboter-Kobold arbeitet, ist weltweit führend. Um an sie heranzukommen, ist Vorwerk eine Kooperation mit Neato Robotic im Silicon Valley eingegangen. Die Entwicklung des Saugroboters hat drei Jahre gedauert. Der Akku des Gerätes hält 50 bis 60 Minuten. Und kurz bevor die Energie zu Ende geht, rast der Kobold automatisch zur Ladestation zurück, lädt Strom und fährt anschließend genau an die Stelle, an der er zuvor aufgehört hatte.
Der Anbietermarkt der Roboter für die eigenen vier Wände ist einstweilen übersichtlich strukturiert. Staubsaugerroboter kommen vorwiegend aus Europa, USA und Asien. In Europa ist zu beobachten, dass Staubsaugerroboter verstärkt von klassischen Reinigungsgeräte-Herstellern herausgebracht werden, während sich in den USA und Südkorea auf Roboter spezialisierte Hersteller aufgestellt haben. Im Gegensatz zu den Staubsaugerrobotern werden Bodenwischroboter bislang nur von einem amerikanischen Unternehmen (iRobot) und einem chinesischen Unternehmen (TTI bzw. Dirt Devil) angeboten. Europäische Hersteller von Bodenwischrobotern gibt es trotz entsprechender Forschung in der Unternehmenszentrale eines deutschen Reinigungsgeräteherstellers noch nicht.
Allein in Deutschland werden pro Jahr sieben Milliarden Euro für Staubsauger ausgegeben. Ende 2011 meldete die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) für die Branche der Haushaltsgeräte: „Die Gewinner sind aber Saugroboter, die ihren Umsatz verdoppeln und mittlerweile immerhin einen Anteil von fast fünf Prozent haben. Sie erfreuen sich derzeit sehr unterschiedlicher Popularität in Europa –überdurchschnittlich oft kaufen Konsumenten in den beiden südeuropäischen Ländern Italien und Spanien diese kleinen Haushaltshelfer.“Was den Markt der Konsumrobotik zu einem sicheren Zukunftskandidaten macht, ist nicht zuletzt auch die Tatsache, dass in der IT in den vergangenen Jahren wichtige Durchbrüche wie günstige Digitalkameras, Spracherkennungssysteme und der WLAN-Technologie erzielt wurden, die jetzt auf das Konto der Robotik einzahlen. Kameras, die vor 30 Jahren noch 50.000 US-Dollar kosteten, gibt es jetzt für 2,99 Euro.
Der Roboter als Freund und Helfer und Ersatz für menschliches Buckeln ist weltweit längst in hohen Stückzahlen im Einsatz. Serviceroboter gibt es für gewerbliche und häusliche Anwendungen. Laut eines vom IFR veröffentlichten World Robotics-Bericht waren bis 2009 im gewerblichen Bereich immerhin gut 63.000 Serviceroboter in Benutzung. Im Privatbereich sind Staubsauger- und Wischroboter (4,2 Millionen) sowie Rasenmähroboter (133.000) die beliebtesten Kaufobjekte. Für das Jahr 2012 prognostiziert die IFR eine globale Steigerung auf rund 8,8 Millionen Staubsaugerroboter. Die europäische Robotik hat derzeit einen Marktanteil von 25 Prozent, noch stellen Industrieroboter den Löwenanteil. Ein weiterer interessanter Wachstumsmarkt ist derzeit der Einsatz von Robotern bei medizinischen Anwendungen. Die heilenden und helfenden Roboter legen beim Absatz in den letzten Jahren mit durchschnittlich 30 Prozent zu und haben ihren Preis: ein Gesundheitsroboter kostet im Schnitt mehr als 1,5 Millionen US-Dollar.
Eine Studie des Elektronikverbandes VDE zum Einsatz von Robotern im Haushalt zeigt, dass in Deutschland für Roboter im Haushalt, aber noch stärker im Bereich der Altenpflege, große Potenziale bestehen. Die Akzeptanz von Servicerobotern lag bei Technikern (75 Prozent), aber auch bei Rentnern (56 Prozent der Befragten) und bei Pflegekräften (50 Prozent) recht hoch. Laut Studie werden Serviceroboter dazu beitragen, die Herausforderungen der alternden Gesellschaft zu meistern und dem Mangel an Pflegekräften zu begegnen. Ehrlicherweise zeigt die Studie aber auch, dass die Deutschen noch lange nicht so roboterfreundlich sind wie Japaner oder Südkoreaner. In Fabriken bei der Herstellung von Autos, in der Herstellung chemischer Stoffe oder bei Großprodukten kommen beispielsweise Schweiß- oder Heberoboter dagegen seit Jahrzehnten zum Einsatz. Zahlreiche Unternehmen tummeln sich weltweit bei der Entwicklung automatisierter Maschinen, der Herstellung von Greifarmen oder anderen roboterähnlichen Geräten. Die Automobilindustrie testet seit einigen Jahren intensiv mit autonomen, fahrerlosen Fahrzeugen wie z.B. bei VW mit dem „Leonie“oder bei Toyota und BMW. Auch Google ist in dem Markt aktiv und hat gerade erfolgreich einen Test mit einem Roboter-Auto abgeschlossen. Allerdings sind diese Fahrzeuge noch lange nicht reif für die Serienproduktion. Selten sind die in Deutschland auf Robotik und Automatisierungstechnik spezialisierten Firmen börsennotiert (Schwalm Robotik, Festo, Schunk Gruppe oder die Firma Reis Robotics)...
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