Kommentar
08:14 Uhr, 09.04.2015

QE: Bundesanleihen werden knapp

Das Anleihenkaufprogramm ist erst einen Monat alt und schon stößt es an seine Grenzen. Der Grund: Deutsche Staatsanleihen sind knapp.

Die EZB hat sich selbst Kriterien auferlegt, die sie möglicherweise nicht lange erfüllen kann. Die zwei wichtigsten Kriterien, die zur Anwendung kommen beziehen sich auf die Rendite der Anleihen und auf einen Maximalanteil, den die EZB halten will. Demnach kommen für den Ankauf nur Anleihen in Frage, die eine Rendite von mehr als -0,2% haben. Dieser Prozentsatz entspricht dem aktuellen Einlagensatz.

Das zweite Kriterium – der Maximalanteil – legt fest, dass die EZB nicht mehr als 25% einer Anleihe halten darf. Begibt ein Staat eine neue Anleihe z.B. über 10 Mrd. Euro, dann dürfte die EZB davon maximal 2,5 Mrd. auf dem Sekundärmarkt aufkaufen.

Mit den zwei Kriterien schränkt die EZB ihren Handlungsspielraum deutlich ein. Wieso das so ist, zeigt Grafik 1. Dargestellt ist die Renditekurve für deutsche Anleihen (als Fläche dargestellt). Momentan ist die Rendite deutscher Anleihen mit einer Laufzeit von 4 bis 5 Jahren niedriger als -0,2%. Dieser Teil der Kurve ist rot und bedeutet, dass die EZB wegen ihres Renditekriteriums derzeit keine deutschen Anleihen mit Fälligkeit vor 2019 kaufen kann.

Auf den ersten Blick mag das nicht so dramatisch aussehen. Die Renditekurve geht weit hinaus bis 30 Jahre. Am langen Ende ist das Volumen allerdings ziemlich klein. Die Balken in der Grafik zeigen das ausstehende Volumen deutscher Anleihen pro Jahr. Am langen Ende werden alle paar Jahre niedrige zweistellige Milliardenbeträge fällig. Das ist zu wenig, um monatlich 10 Mrd. Euro aufkaufen zu können.
Wie aussichtslos die Lage ist zeigt Grafik 2. Hier ist wieder das ausstehende Anleihenvolumen dargestellt. Diesem Volumen ist auch eine Zeit zugeordnet. Diese Zeit entspricht Monaten. Die EZB will jeden Monat ca. 10 Mrd. an Bundesanleihen kaufen. Im Jahr 2034 werden 20 Mrd. zur Rückzahlung durch den Staat fällig. Würde die EZB diesen Betrag jetzt zur Gänze aufkaufen, dann entspricht die zugeordnete Zeit 2 Monate (20 Mrd. dividiert durch 10 Mrd.).

Die grüne Linie in der Grafik zeigt, was passieren würde, wenn die EZB das Feld von hinten aufrollt. 2046 werden Anleihen im Volumen von 9 Mrd. fällig. Würde die EZB diese aufkaufen, dann kann sie damit 0,9 Monate ihres Anleihenkaufprogramms umsetzen. Insgesamt soll das Kaufprogramm erst einmal 16 Monate lang laufen. Mit dem Kauf der Anleihe mit Fälligkeit 2046 hätte die EZB 0,9 Monate gesichert. Die nächsten Anleihen werden 2044 fällig und haben ein Volumen von 16 Mrd. Das bringt 1,6 Monate. Zusammen mit der Anleihe 2046 hätte die EZB insgesamt 2,5 Monate ihres Programms gesichert.
Das gesamte Kaufprogramm von 16 Monaten ist umgesetzt, wenn die EZB sämtliche Anleihen, die nach 2028 fällig werden, aufkauft. Sie müsste den Markt nach 2028 komplett leerräumen. Das darf sie allerdings nicht. Sie will ja maximal 25% einer Anleihe halten. Setzt man den Maximalanteil an, dann wird aus Grafik 2 Grafik 3. Hier kann das Kaufprogramm nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn die EZB genau 25% aller Anleihen mit Fälligkeit nach 2020 kauft.

2020 ist relativ nah an der Grenze zu jener Rendite, die die EZB nicht mehr kaufen will. Anleihen mit Fälligkeit bis 2019 können nicht gekauft werden, weil die Rendite niedriger als -0,2% ist (wie in Grafik 1 dargestellt). Würde nun die Rendite deutscher Anleihen weiter sinken, dann kann die EZB ihr Programm gar nicht mehr umsetzen. Nehmen wir an die Rendite von Anleihen mit Fälligkeiten bis 2022 sinken auf unter -0,2%, dann hat die EZB nicht mehr genügend Volumen zur Verfügung, welches sie aufkaufen könnte. Sie muss entweder ihren Maximalanteil oder das Renditekriterium aufgeben.

Die EZB selbst sieht in diesen Fakten noch kein Problem. Sollten deutsche Anleihen, die den Kriterien entsprechen, wirklich knapp werden, dann würde die EZB keine Bundesanleihen mehr kaufen, sondern den Anteil von anderen Anleihen aufstocken. Die EZB kauft durch ihr Programm schon jetzt nicht nur Bundesanleihen, sondern auch andere Papiere. Würden Bundesanleihen knapp, dann könnte die EZB mehr Papiere von Institutionen wie der KfW kaufen (Agencies). So wie es aussieht, wird der EZB gar nichts anderes übrig bleiben.

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  • Wolfi81
    Wolfi81

    Noch ergänzend: Deutschland spart ja aktuell auch massiv an Investitionen in die Infrastruktur sowie an Rentnern, Kindern, Steuerzahlern (Stichwort kalte Progession), damit die keine neuen Schulden aufgenommen werden müssen. Die zukünftigen Schulden werden nicht den Einwohnern Deutschland zugutekommen, sondern übernommene Schulden von unseren lieben (süd-)europäischen Partnern sein.

    11:37 Uhr, 09.04. 2015
  • Publius
    Publius

    Also, wenn ich mir die aktuellen Anleihen unter http://www.finanzen.net/anleihen/Bundesanleihen anschaue, dann denke ich, dass die Bundesregierung die 2015 auslaufenden Anleihen ersetzen wird, und zwar so, dass die Rendite über -0,2 Prozent liegt. Die EZB kann die dann auch weiter kaufen (lassen). Die Laufzeit müsste dazu im Schnitt bei etwas über 10 Jahren liegen, was durchaus realistisch ist. Problem gelöst, Schuldendienst für die nächsten Jahre deutlich reduziert. EZB-Staatsfinanzierung durch die Hintertür eben...

    11:23 Uhr, 09.04. 2015
  • Unbedingt
    Unbedingt

    Also wenn ich das richtig sehe, kann die Bundesregierung die EZB unterstützen und sofort Papiere mit einem großzügigen Cupon emittieren und das Geld sofort in Gold, anderen Rohstoffen oder bei kommunalen Immobilien anlegen. Da gibt es doch bestimmt ein rechnerisches Optimum, bei dem, unternehmerisch gedacht, für die Deutschen ein Gewinn übrig bleibt?

    09:47 Uhr, 09.04. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • bembes
    bembes

    Hoffentlich blicken dann die Idioten der EZB noch durch. Draghi hat dann hoffentlich schon längst das" zeitliche" gesegnet und wird in seinem schönen Italien seine super Pension kassieren.....und wir bezahlen dies alles !!!!!!!!!!!!

    Aber alles kein Problem.....die EZB und die Politiker wie Juncker und Co werden das schon richten !!!

    08:23 Uhr, 09.04. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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