Plötzliche Marktkorrekturen werden zur neuen Normalität
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Die Marktstruktur hat sich im vergangenen Jahrzehnt signifikant verändert. Die Markttreiber sind heute nicht mehr fundamental, sondern technisch quantitativ gesteuerte Zahlungsströme. “ Unter dem Begriff Markt verstehen wir heute eigentlich zwei Welten: Die Wirtschaft einerseits sowie die Aktien- und Rentenmärkte andererseits“, sagt Giorgio Caputo, Senior Fund Manager und Leiter des Multi-Asset-Value-Teams von J O Hambro Capital Management (JOHCM). Für Investoren sei es wichtig, strukturelle Marktveränderungen zu verstehen und ihre langfristige Investmentstrategie entsprechend anzupassen. “Die Finanzmärkte sind heute getrieben von quantitativen Modellen und Faktorinvestoren. Dadurch erlebt der Aktien- und Rentenmarkt derzeit eine der schnellsten Marktkorrekturen aller Zeiten. Schlagen die Algorithmen aus, die vielen Investitionen zugrunde liegen, werden Gelder umgehend aus dem vermeintlich identifizierten Risiko abgezogen. Die Liquidität, die diese automatisierten Marktakteure schaffen, kann somit rasch wieder verschwinden, wenn die Volatilität zunimmt. Schnelle kurzfristige Verwerfungen, auch in hochwertigen Vermögenswerten, können die Konsequenz sein”, fasst Caputo zusammen.
Investoren sollten sich daher auf einzelne Unternehmen konzentrieren, die langfristig Potenzial haben. “Marktverzerrungen strafen meist ungerechtfertigt gesamte Anlageklassen ab”, erklärt der Fondsmanager. „Wir reagieren daher nicht auf jede Schwankung und investieren in Aktien oder festverzinsliche Titel, die langfristig Value – also Mehrwert – bieten.“ Investoren empfiehlt er, den Blick aktuell auf folgende drei Bereiche zu legen:
- Verzerrungen bei hochwertigen Unternehmensanleihen: Verwerfungen an den Anleihemärkten im Investment Grade Bereich bieten Kaufgelegenheiten auf der Aktienseite. Hierzu gehören beispielsweise in den USA regulierte Versorgungsunternehmen. Die Entwicklung der Versorger hängt mittelbar von der Funktionsfähigkeit der Märkte für Schuldtitel im Investment-Grade-Bereich ab. Maßnahmen der Federal Reserve sind bereits auf der Anleiheseite eingepreist, bieten auf der Aktienseite aber noch Potenzial.
- "Quality-at-a-Reasonable-Price": Breit angelegte Marktverwerfungen bieten bei qualitativ hochwertigen Aktientiteln aktuell attraktive Kaufgelegenheiten. Diese Unternehmen zeichnen sich in der Regel durch hohe Eintrittsbarrieren, attraktive Renditen auf das investierte Kapital sowie ein langfristiges Wachstumspotenzial aus. Entsprechende Unternehmen finden sich aktuell in der Technologiebranche (einschließlich Hardware und Software) sowie bei Plattformunternehmen in den Bereichen Zahlungsverkehr, Online-Medien und Dienstleistungen.
- Deep Value: Die aktuellen Marktverwerfungen führen vermehrt auch bei Substanzwerten zu attraktiven Einstiegsmöglichkeiten. Caputo empfiehlt daher, den Fokus auf Unternehmen zu legen, die hohe Marktanteile in ihren Branchen sowie starke Bilanzen aufweisen und deren Geschäft nur vorübergehend von der Krise beeinträchtigt ist. Diese sieht er aktuell insbesondere in den Bereichen Finanzen, Energie und Tourismus.
“In den nächsten drei bis fünf Jahren werden sich mit der Marktvolatilität auch weitere attraktive Kaufgelegenheiten am Markt abzeichnen”, ist Caputo überzeugt. Dabei sollten Investoren ein Auge auf die Unternehmensverschuldung haben: „Marktkorrekturen aber auch Verlangsamungen können zu unattraktiven Hebelwirkungen führen.“ Für den Fondsmanager ist das ein klares Signal, auch künftig den Fokus auf Unternehmen mit einer starken Bilanz und einer geringen Verschuldung zu legen.
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