Kommentar
18:00 Uhr, 27.04.2015

Planspiel Grexit - Wenn der Austritt eintritt

Das Finanzministertreffen in Riga brachte keine Lösung in der Griechenlandfrage. Dafür wird ein Austritt Griechenlands immer salonfähiger.

Der Internationale Währungsfonds ist sich sicher: ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone ist kein Systemrisiko mehr. Politiker vermuten das schon seit Wochen. Jetzt haben sie es vom IWF schwarz auf weiß. Der ehemalige Bundesbankpräsident Axel Weber, der heute bei der UBS ist, berichtete ebenfalls von dieser Einschätzung des IWF. Dieser tagte vergangene Woche. Anwesend waren unter anderem Vertreter von Banken. Sollte der Austritt kommen, dann dürfte keine Bank mehr unvorbereitet sein.

Die Finanzminister der Eurogruppe sind immer noch sehr zurückhaltend, wenn es um die Bestätigung eines Plan B geht. Schäuble kommentierte das wie immer recht deutlich. Sinngemäß sagte er, dass sie einen Plan B nicht bestätigen können. Das würde sofort zu Chaos führen.
Dass es keinen Plan B gibt ist ziemlich unwahrscheinlich. Sich mit dieser Möglichkeit nicht auseinanderzusetzen wäre fahrlässig. Inzwischen deutet auch so viel auf einen Austritt hin, dass die Wahrscheinlichkeit dafür wohl bereits bei über zwei Drittel liegt. Selbst wenn die Eurogruppe noch eine Übereinkunft mit Griechenland findet, um die restlichen 7,2 Mrd. des aktuellen Hilfsprogramms auszuzahlen, sind die Probleme damit nicht gelöst. Nach Ende des Hilfsprogramms werden Rückzahlungen in Milliardenhöhe fällig. Um die Rückzahlungen leisten zu können braucht Griechenland neue Hilfen.

Ein drittes Hilfsprogramm ist unwahrscheinlich. Die neue griechische Regierung hat so viel Vertrauen verspielt, dass die Finanzminister bei ihrem Treffen in Riga ungewöhnlich deutlich wurden. Varoufakis wurde als Amateur und Spieler bezeichnet. Was soll man dazu sagen? Eigentlich gar nichts. Die Bezeichnungen bringen es auf den Punkt. Die Verhandlungsführung der griechischen Minister ist so dilettantisch, dass man glauben muss, es sei einem Comic entsprungen. Wären die Konsequenzen nicht so ernst könnte man darüber lachen. Es ist sicherlich eines der besten Kabarettstücke der letzten Jahre.

Sloweniens Finanzminister sprach bei dem Treffen an, dass man sich nun auch offiziell mit einem Plan B auseinandersetzen sollte. Ob man das wirklich offiziell tun wird sei dahingestellt. Inoffiziell dürften Pläne bereits in den Schubladen liegen.

Griechenlands Verhandlungstaktik lässt keinen eindeutigen Schluss darüber zu, ob das Land in der Eurozone verbleiben will oder nicht. Einerseits plündert die Regierung die Pensionskassen, um liquide zu bleiben, andererseits weigert sie sich Reformpläne vorzulegen. Griechenland scheint immer noch zu glauben, dass sie weitere Gelder ohne Zusagen bekommen können. Das wird jedoch nicht geschehen. Auch wenn Griechenland letztlich doch noch Pläne vorlegt ist das keine Garantie für weitere Hilfen. Das Vertrauen ist zerstört. Wer glaubt ernsthaft noch daran, dass Griechenland die Reformen dann auch umsetzen wird?

Die Griechen selbst sind inzwischen ernüchtert. Nach der großen Aufbruchsstimmung kommt nun die Realität. Die Regierung bringt nichts voran. Sie hat die kleinen Erfolge der letzten Jahre innerhalb kurzer Zeit zunichte gemacht. Jetzt werden Pensionskassen geplündert. Die Zustimmung in der Bevölkerung sinkt deutlich.

Die Eurozone kann einen Austritt Griechenlands wohl gut verkraften. Griechenland kann das nicht. Das ist der Punkt, den die Regierung einfach nicht verstehen will. Einem Austritt folgt Hyperinflation, Armut und wieder steigende Arbeitslosigkeit. Die aktuelle Regierung wird Griechenland wohl kaum durch diese Wirren führen. Sie fahren den Karren mit maximaler Geschwindigkeit gegen die Wand. Kaum denkbar, dass die Bevölkerung sie nicht aus dem Amt jagt. Dann liegt Griechenland nicht nur wirtschaftlich komplett am Boden, sondern auch politisch. Der Staat könnte zusammenbrechen.

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8 Kommentare

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  • Dieter_HW
    Dieter_HW

    Herr Schmale, ein kleiner Fehler ist im Artikel. Sie schreiben:

    „...Schäuble kommentierte das wie immer recht deutlich. Sinngemäß sagte er, dass sie einen Plan B nicht bestätigen können. Das würde sofort zu Chaos führen."

    Seit wann ist Schäuble denn deutlich in seiner Aussage? Schwätzer würde besser passen, und sieht man auch immer wieder auf den PK´s, wenn Journalisten nach wenigen Minuten die Augen nach hinten drehen.

    23:03 Uhr, 27.04.2015
  • Chronos
    Chronos

    Der Bericht klingt als wäre er schon eine Woche alt, was gar nicht so wichtig ist.

    Pavlopoulos ist eine neue Puppe im Theaterspiel. Das ist neu. Derzeit läuft die monetäre Versorgung doch noch so halbwegs.

    Am WE scheinen wieder zwischen bestätigten 18 Mrd bis 29 Mrd geflossen zu sein.

    Da kann man auf Bestätigung zu "pünktlichen" Lieferung nicht mehr lange warten, dürfte die nächsten Tage zu lesen sein.

    Meiner Meinung nach geht aus griechischer Sicht nur darum Zeit zu gewinnen.

    Als Zielhorizont Ende Juni, die Zahlungen im September sind doch noch viel massiver.

    Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen das seitens Varufakis das nicht im Kalkül steht.

    Was alle irgendwie vergessen haben, oder niemand public erwähnt:

    Niemand kann Griechenland juristisch aus dem Euro werfen, die müssen schon freiwillig gehen, was sie mit einer einstelligen Wahrscheinlichkeit wollen. Ausser aushungern geht da nix, eine Klage würde Jahre in Anspruch nehmen. Daher wird halt gezockt, wenn nicht mit Geld dann mit Zeit oder Geopolitik. Exit-EU müsste gehen, wäre für Greece noch schlimmer als Zweitwährung oder Drachme.

    Wenn man sich das Gezocke so ansieht ( heute allein 4,7 % +) wird das noch das nächste Quartal so laufen. Die Griechen führen alle an der Nase durch den Ring.

    Wer an einen positiver Fortschritt glaubt, glaubt auch an Hoose, einen homöopathischen Zinsanstieg seitens der Yankees am Mittwoch, oder an die DeuBa dreistellig.

    Eher mache ich Yellen ein Kind....

    22:40 Uhr, 27.04.2015
  • amateur
    amateur

    Griechenland war, ist und bleibt pleite - das wissen ALLE. Jede Variante kostet die EU Milliarden. Bleiben sie, müssen jährlich Milliarden auf Dauer transferiert werden. Gehen sie raus, bricht bei denen Chaos aus. Das will niemand in Europa - so helfen da auch nur die Milliarden - auch das wissen ALLE.

    21:12 Uhr, 27.04.2015
  • Super-Hobel
    Super-Hobel

    Was früher Italien ist heute Griechenland. Chaos und politische Ameteure auf der Bühne.

    21:04 Uhr, 27.04.2015
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    ... vertreibt die Griechen endlich vom Hof ... - die haben hier nichts mehr verloren.

    Hoffentlich verlassen sie endlich den EURO ... - Bitte bitte bitte ...

    20:44 Uhr, 27.04.2015
  • mkgeld
    mkgeld

    Hoffentlich ist bald Schluss mit der Panik um den Ausstieg. Klar die Goldmänner malen ein Horror Szenario an die Wand weil sie damals mit falschen Zahlen die Griechen in den Euro geführt haben. Evtl. droht Ihnen ja ein Regress beim Ausstieg und nur deshalb die Aufregung. Ein so unwichtiges Land wie die Griechen mit 1 % im gesamten EU Haushalt kann nicht zum Scheitern führen. Kalifornien hatte oder hat immer noch Probleme und ist viel wichtiger für die USA und kein Mensch interessiert es wenn Bundesstaaten, oder Städte in USA Konkurs anmelden. Wir sollte uns nicht länger zum Narren machen lassen.

    18:31 Uhr, 27.04.2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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