Kommentar
10:20 Uhr, 30.09.2020

PALANTIR TECHNOLOGIES - Hochspannung vor Börsendebüt

Am Mittwoch werden die Aktien des geheimnisumwobenen US-Unternehmens Palantir erstmals an der Börse gehandelt. Das vom deutsch-amerikanischen Investor Peter Thiel mitgegründete Unternehmen bietet u.a. Überwachungssoftware für Geheimdienste und Polizeibehörden an.

Palantir hat sich auf die Auswertung großer Datenmengen ("Big Data") spezialisiert. Die Softwareprodukte des Unternehmens kommen bei Polizeibehörden, Geheimdiensten, Hedgefonds und immer mehr "normalen" Großkonzernen zum Einsatz.

Die Programme von Palantir prognostizieren etwa, wo eine Einbrecherbande das nächste Mal zuschlagen wird oder erstellen für das US-Militär automatisch aktualisierte Karten, in denen das Gefährdungspotenzial in bestimmten Krisengebieten der Welt dargestellt wird. Aber auch bei der Bekämpfung des Coronavirus oder des Menschenhandels kommt Software von Palantir zum Einsatz. Da sich die Produkte von Palantir früher vor allem an Ordnungshüter und Nachrichtendienste richteten, ist es kein Wunder, dass der US-Geheimdienst CIA zu den frühen Investoren der Firma gehörte, nachdem das Unternehmen 2003 gegründet wurde. Aber auch große Konzerne setzen zunehmend auf die Datenauswertung von Palantir, so hilft die Software des Unternehmens etwa dem Ölkonzern BP bei der Suche nach Öl oder unterstützt die Fluggesellschaft United Airlines darin, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.

Heute werden die Aktien des Unternehmens zum ersten Mal an der Börse gehandelt. Dabei verzichtet Palantir beim Gang auf das Börsenparkett auf einen regulären Börsengang (Initial Public Offering, IPO), und wählt stattdessen den Weg einer sogenannten Direktplatzierung (Direct Public Offering, DPO). Der Unterschied besteht vor allem darin, dass bei einem IPO Investmentbanken damit beauftragt werden, neue Aktien bei Investoren zu platzieren. Bei einem Direct Public Offering werden bestehende Aktien einfach von den alten Anteilseignern direkt über die Börse verkauft. Das Unternehmen spart sich so hohe Kosten, der Gang auf das Börsenparkett kann aber auch eher zu einem Wagnis werden, zum Beispiel bei einem geringen Interesse der Investoren.

Von einem geringen Interesse der Investoren sollte man bei Palantir allerdings nicht ausgehen: Mit staatlichen Behörden insbesondere in den USA aber zunehmend auch in Europa hat Palantir eine verlässliche Kundschaft. Und da die Software von Palantir hochspezialisiert ist und es oftmals keine oder kaum Alternativen gibt, gibt es auch wenig Konkurrenz, um die sich Palantir Sorgen machen muss.

Anders als bei einem regulären IPO existiert bei einem DPO normalerweise auch keine Lock-up-Periode, die den Verkauf von Aktien durch bisherige Eigentümer begrenzt. Im Falle von Palantir allerdings dürfen die bisherigen Aktionäre höchstens 20 Prozent ihrer Aktien bis Anfang 2021 verkaufen. Damit dürfte es zunächst in den ersten Wochen und Monaten nach dem Börsendebüt nicht zu einem übermäßigen Angebot der Papiere kommen.

Gewöhnungsbedürftig beim Börsendebüt von Palantir ist allerdings, dass die Gründer durch unterschiedliche Aktienklassen auch dann die Kontrolle über das Unternehmen behalten können, wenn sie nur noch einen Bruchteil der Aktien halten. So kann Unternehmenspräsident Stephen Cohen zusammen mit den Mitgründern Peter Thiel und CEO Alex Karp laut "Wall Street Journal"das Unternehmen sogar dann noch effektiv kontrollieren, wenn er nur noch 0,5 Prozent der Aktien besitzen sollte.

Wie bei den meisten Unternehmen, die in diesen Tagen den Schritt auf das Börsenparkett wagen, ist die Bewertung des Unternehmens jenseits von gut und böse. Die Aktien dürften am Mittwoch in der Nähe von 10 Dollar in den Handel starten, was einer Marktkapitalisierung von rund 22 Milliarden Dollar entspricht. Dabei kam das Unternehmen 2019 gerade einmal auf Umsätze von 739 Millionen Dollar und verbuchte einen Verlust von 579,6 Millionen Dollar, fast genau so viel wie im Vorjahr. Immerhin zeigt die Entwicklung in die richtige Richtung: Für 2020 wird ein Umsatzanstieg um 42 Prozent auf rund 1,1 Milliarden Dollar erwartet und der Verlust lag im ersten Halbjahr 2020 mit 164 Millionen Dollar unter dem Verlust in der Vorjahresperiode von 274 Millionen Dollar.

Fazit: Palantir profitiert von einer eher unrühmlichen Entwicklung, nämlich dem zunehmenden Ausbau des Überwachungsstaates und einer immer umfassenderen Datensammlung und -auswertung auch durch private Akteure. Anleger, die keine ethischen Bedenken haben, in ein solches Unternehmen zu investieren, dürften in den kommenden Jahren von einem erheblichen Wachstumspotenzial profitieren, auch wenn Palantir bisher keine Gewinne abwirft und die Bewertung in keinem sinnvollen Zusammenhang mit den realwirtschaftlichen Rahmendaten steht.


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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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