Kommentar
09:01 Uhr, 16.08.2017

Optionsscheine: Starke Strategien für schwache Märkte (Teil 1)

Die Volatilität ist derzeit am Boden. Daraus ergeben sich reizvolle Chancen, sollte wieder Bewegung in die Kurse kommen. Bei der Optionsscheinstrategie namens „Straddle“ ist dabei sogar die Richtung egal.

Mit Beginn des Sommers scheint sich auch der DAX in den Urlaub verabschiedet zu haben. Nach der Rekordjagd im ersten Halbjahr verliefen die vergangenen Wochen trotz leichter Rücksetzer bemerkenswert ruhig. Zum Ausdruck kommt diese Trägheit auch im VDAX-New. Dieser auch als „Angstbarometer“ bezeichnete Volatilitätsindex misst die erwartete (implizite) Schwankungsbreite für den DAX in den nächsten 30 Tagen. Anfang August bewegte sich der VDAX-New zwischen 13 und 16 Punkten. Im historischen Schnitt sind das niedrige Werte. Zum Vergleich: Im Herbst 2008, als die Finanzkrise ihren Höhepunkt erreichte, schoss die Volatilität zwischenzeitlich bis auf 85 Punkte nach oben.

Auf einen Anstieg der Vola setzen

Bewegungsarme Märkte sind für Anleger gewöhnlich ein Gräuel, da es kaum etwas zu gewinnen gibt. Solche Phasen haben aber auch einen Vorteil in Form von günstigen Preisen für Optionsscheine. Hintergrund ist, dass sich der Preis eines Optionsscheins aus zwei Komponenten zusammensetzt: dem inneren Wert und dem Zeitwert. Der Zeitwert wird wiederum maßgeblich von der Volatilität bestimmt. Steigt die Schwankungsintensität an, nimmt auch der Zeitwert zu – egal ob es sich dabei um einen Call- oder einen Put-Schein handelt. Daraus ergibt sich eine Chance für Optionsschein-Anleger, die nach einer ruhigen Marktphase mit einem Anstieg der Vola rechnen. Im Idealfall profitieren sie dann doppelt: Mit einem volatilitätsbedingten Anstieg des Zeitwerts und einem zunehmenden inneren Wert. Der Haken: Das Investment geht nur auf, wenn der Basiswert in die richtige Richtung läuft. Genau dieses Manko lässt sich mit einer beliebten Optionsscheinstrategie umgehen: dem sogenannten Straddle.

Flotte Kombination

Unter einem Straddle versteht man den gleichzeitigen Kauf von Calls und Puts auf denselben Basiswert. Neben der Anzahl der Papiere ist dabei auch der Basispreis (Strike) und die Laufzeit der Papiere identisch. Das Bezugsverhältnis muss bei der Anzahl der Optionsscheine insoweit berücksichtigt werden, dass man mit den Calls und Puts rechnerisch je dieselbe Menge Aktien oder Indexanteile bewegt. Der Anleger setzt mit einem Straddle im Prinzip darauf, dass die Volatilität wieder zunimmt, egal ob der Basiswert nach oben oder unten ausschlägt – Hauptsache, es tut sich etwas. Dem Anleger ist dabei bewusst, dass eine seiner beiden Optionsschein-Positionen in jedem Fall einen Verlust erleiden wird. Denn dieser soll durch den Gewinn aus dem anderen Optionsschein mehr als ausgeglichen werden. Das Timing spielt hierbei eine wichtige Rolle, denn ein Straddle funktioniert nur, wenn die Kursbewegungen nach einer Ruhephase tatsächlich an Tempo gewinnen. In der Praxis ist das keine Seltenheit: Man denke nur an die zum Teil heftigen Kursreaktionen, zu denen es regelmäßig während der Quartalssaison oder bei der Veröffentlichung wichtiger Konjunkturdaten kommt.

Beispiel für einen Straddle

Angenommen ein Anleger erwartet, dass sich die Volatilität an den Aktienmärkten nach den Sommermonaten wieder erhöhen wird. Also erwirbt er jeweils 500 Call- und Put-Optionsscheine auf den DAX mit jeweils einer Restlaufzeit bis Mitte Dezember 2017, einem Bezugsverhältnis von 0,01 und einem Basispreis von 12.100 Euro (entspricht ungefähr dem aktuellen Indexstand). Für beide Positionen bezahlt er aktuell rund 4,25 Euro pro Optionsschein. Das ergibt bei jeweils 500 Scheinen einen Einsatz von insgesamt 4.250 Euro. Mitte Oktober kommt in dem Szenario tatsächlich Bewegung in die Märkte. Der DAX schwankt kräftig und die implizite Volatilität verdoppelt sich auf 30. Im ersten Fall sei angenommen, dass der DAX per Saldo auf 11.000 Punkte zurückgefallen ist. Während sich der Preis des Calls in diesem Fall auf rund 1,50 Euro reduzieren würde, wäre der Put nun 12,50 Euro wert. Der Anleger könnte sich also über einen Verkaufserlös von 7.000 Euro freuen (500 x 12,50 Euro + 500 x 1,50 Euro). Bei einem Einsatz von 4.250 Euro hätte er einen Gewinn von 2.750 Euro erzielt.

Alles, nur nicht seitwärts

Doch worin liegt dann das Risiko? Der „natürliche Feind“ des Straddle ist eine Seitwärtsbewegung des Basiswerts, da dann beide Positionen infolge des Zeitwertverlusts allmählich an Wert verlieren. Angenommen, der DAX verweilt im Ruhemodus und sowohl Indexstand als auch die implizite Volatilität bleibt quasi unverändert. Dann hätten seine beiden Positionen infolge des Zeitwertverlusts schon in den ersten beiden Monaten nach Erwerb rund die Hälfte ihres Werts verloren. Sollte der DAX auch am Laufzeitende der Optionsscheine (Mitte Dezember) noch bei rund 12.100 Zählern verharren, dann würde dies infolge eines auf null reduzierten Zeitwerts und eines fehlenden inneren Werts sogar zum Totalverlust in beiden Positionen führen.

Neben fallenden und seitwärts tendierenden Märkten besteht noch die Möglichkeit eines Bullenmarktes. In diesem Fall soll davon ausgegangen werden, dass der DAX per Saldo auf 13.000 Punkte zugelegt hat. Nun würde der Anleger wiederum mit dem Call deutlich auf der Gewinnerseite stehen. Auch in diesem Szenario winkt ihm ein ähnlich hoher Gesamtertrag, wie in der Berechnung mit entsprechend fallenden Märkten.

Straddle oder Strangle?

Im zweiten Teil der Serie über Vola-Strategien mit Optionsscheinen soll der sogenannte Strangle beleuchtet werden. Mit welchen Chancen und Risiken ist diese Taktik verbunden und wie unterscheidet sie sich gegenüber dem Straddle?

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