Ölpreisschock trotz der Nahost-Unruhen in weiter Ferne
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Frankfurt (BoerseGo.de) - Die aktuelle geopolitische Situation in Nordafrika und dem Mittleren Osten wird vermutlich keinen Preisschock beim Rohöl auslösen. Preise für WTI-Öl und Brent Crude sollten in diesem Jahr nach Auffassung von Bayram Dincer, Rohstoff- Experte der LGT Capital Management, die 120 bzw. 127 US-Dollar nicht übersteigen. Für dieses Jahr erwarte er, dass die OECD-Nachfrage unverändert auf dem Verbrauchsniveau des Vorjahrs von 46 Millionen Barrel pro Tag verharrt, so Dincer. "Die Nachfrage der Nicht-OECD Staaten dürfte 2011 um 1.5 Millionen auf insgesamt 42,8 Barrel pro Tag ansteigen. Diese leicht erhöhte Nachfrage trifft auf ein ebenfalls leicht erhöhtes Angebot. In diesem Jahr dürfte das globale Erdölangebot um 1,3 Millionen auf insgesamt 88.3 Millionen Barrel pro Tag ansteigen".
Sowohl OPEC-Länder mit einem Anteil von 36,1 Millionen Barrel pro Tag als auch die Nicht- OPEC-Staaten mit dem restlichen Angebot von 52,7 Millionen Barrel pro Tag werden laut Dincer eine Ausweitung der Produktionsmenge verzeichnen. Jedoch deuteten die Schätzungen der Agenturen darauf hin, dass der Höchstwert für das Nicht-OPEC-Angebot bereits 2012 erreicht sein könnte. Danach müsse ein Angebotsrückgang durch ein höheres OPEC-Angebot kompensiert werden. Dieses zusätzliche Angebot werde wohl von den existierenden freien Kapazitäten und den zu erschließenden Reserven der OPEC-Länder und hauptsächlich von Saudi Arabien erfolgen. "Aus diesem Grund erachten wir mittel- bis langfristig diese verfügbaren und zukünftigen Kapazitäten als dominante Bestimmungsgröße für die Erdölpreise" meint Rohstoff-Experte Dincer.
"Unsere Meinung ist, dass die hohen Erdölpreise mehrheitlich die aktuell instabile geopolitische Situation im Nahen Osten eingepreist haben. Zusätzlich werden die Erdölpreise durch die positiven realwirtschaftlichen Bedingungen und die Verbesserung der fundamentalen Erdöl- Nachfrage und des Angebots gerechtfertigt. Im weiteren Jahresverlauf erwarten wir, dass der WTI-Erdölpreis zwischen 90 und 120 US-Dollar tendiert. Eine weitere Angebotsunsicherheit betreffend der geopolitischen Situation, insbesondere in Iran und Irak als die größten Risikoländer, könnte zeitweise zu einem Überschießen der Preise führen".
Den LGT Prognosen zufolge dürften die WTI Erdölpreise im ersten und zweiten Quartal bei rund 105 US-Dollar, im dritten Quartal bei 115 und im vierten Quartal bei 120 US-Dollar liegen. Die Preise für Brent-Öl in 2011 dürften rund 119 US-Dollar betragen.
Ein Preisschock-Szenario ist laut Dincer möglich, gegenwärtig allerdings nicht wahrscheinlich. Gemessen an der Produktionsmenge folgen nach Saudi Arabien die vier wichtigsten OPEC Länder Iran, Irak, Kuwait und die Emirate. In einem geopolitischen Extremszenario könnte in einem dieser OPEC-Länder die Erdölproduktion zum Erliegen kommen und ein gravierender OPEC Angebotsschock könnte die Folge sein. "In der Vergangenheit erlebte die Weltwirtschaft schon mehrere Angebotsschocks mit der iranischen Revolution, dem Irak-Iran- oder dem Kuwait- Krieg. Unsere Preisprognose in einem revolutionsbedingten Preisschock-Szenario variiert zwischen 150 bis US-Dollar 200 bei einer maximalen Dauer von 6 bis 9 Monaten", schließt Dincer seine Analyse.
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