Ölpreis: 60 USD zum Greifen nahe
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Bereits vor zwei Monaten wies ich darauf hin, dass ich den WTI Preis mittelfristig bei 60 Dollar sehe. Als ich meine Einschätzung veröffentlichte, ging es mit dem Preis erst einmal weiter nach unten. Ein wenig Beharrlichkeit zahlt sich manchmal aus.
Wenn mittelfristige Ziele nicht sofort erreicht werden, kann man schon nervös werden. Mittelfristig heißt zwar nicht sofort, aber die Erwartung, dass es trotzdem schnell in die prognostizierte Richtung geht, ist groß. Manchmal dauert es eine Weile, bis sich der erwartete Trend einstellt.
Auch mit der erneuerten Erwartung eines Preises von 60 Dollar wird WTI nicht schnurstracks darauf zulaufen. Eine Konsolidierung nach einer 20 %-Rally ist durchaus angebracht. Das gilt kurzfristig. Mittelfristig sehe ich den Preis nach wie vor auf einem guten Weg, die Marke von 60 Dollar zu erreichen.
Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen hält sich das globale Überangebot weiter in Grenzen. Die OPEC hält sich zwar nicht ausnahmslos an ihre vereinbarten Ziele, doch die Erkenntnis ist da, dass ohne Förderkürzungen der Preis schnell wieder unter 40 Dollar sinken kann. Der Anreiz an den Förderkürzungen festzuhalten und sie immer wieder zu verlängern, ist groß.
Zum anderen gehen auch die US-Ölproduzenten wieder etwas vom Gas. Seit Ende Juli sind die Fracking-Unternehmen vorsichtiger geworden. Es wird weniger gebohrt als noch vor dem Sommer (Grafik 1). Die Bohraktivität verläuft parallel zu den Preisen, allerdings mit einer Verzögerung von etwa drei Monaten. So lange brauchen die Unternehmen, um die Aktivität nach oben zu fahren.
Vergangene Woche stieg der Rig Count moderat an. Das kann schon die Reaktion auf höhere Preise sein oder auch nur Zufall bzw. die Normalisierung nach den Hurrikans. Selbst wenn die Aktivität nun wieder zunimmt, ist nicht davon auszugehen, dass sich dies auf den Preis sofort negativ auswirkt.
Erst muss gebohrt werden. Mit der Bohrung allein ist es allerdings noch lange nicht getan. Bis dann wirklich Öl fließt, vergehen nochmals einige Wochen. So verlaufen Rig Count und Ölproduktion zwar auch parallel (Grafik 2), jedoch mit einer größeren Verzögerung. Diese liegt bei 5 bis 6 Monaten.
In dieser Zeit sollte die US-Produktion nicht neue Hochs erreichen. Das unterstützt den Preis und sorgt dafür, dass das globale Überangebot eingeschränkt bleibt. Sofern die OPEC standhaft bleibt, sollte auch der Ölpreis einigermaßen stabil bleiben.
Saisonal stehen für den Ölpreis schwierige Zeiten bevor. Von Oktober bis Jahresende tendiert der Preis nach unten. Das liegt daran, dass Raffinerien auf andere Produktsorten umstellen und im Winter etwas weniger Ölprodukte gebraucht werden als im Sommerhalbjahr. Anleger müssen sich auf Gegenwind einstellen, doch in diesem Jahr gibt es eine Ausnahmeerscheinung.
US-Raffinerien fragen derzeit ungewöhnlich wenig Öl nach, weil Hurrikan Harvey die Produktion unterbrochen hat. Es ist daher unwahrscheinlich, dass die Ölnachfrage von US-Raffinerien in diesem Herbst sinkt. Sie könnte entgegen der Saisonalität steigen, wenn die Raffinerien wieder in Betrieb gehen.
Der Weg zu einem Preis von 60 Dollar ist keine Einbahnstraße. Die Chancen stehen allerdings gut, dass das Ziel mittelfristig erreicht werden kann.
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