Analyse
09:35 Uhr, 04.08.2018

Öl wird nicht knapp

Erst gab es zu viel Öl, jetzt angeblich zu wenig. Dreistellige Preisziele für Öl machen schon wieder die Runde. Davon ist wenig zu halten.

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  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 68,615 $/Barrel (Commerzbank CFD) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 68,615 $/Barrel (Commerzbank CFD)

Vom Ölüberschuss zum Defizit in nur zwei Jahren? Das ist die Frage, die derzeit alle beantworten wollen. Der Konsens geht in Richtung Defizit. Das Argument: die niedrigen Preise haben die Investitionen einbrechen lassen. Weniger neue Quellen werden erschlossen. Die Produktion wird daher mittelfristig deutlich sinken.

Mittelfristig bedeutet bei den Investitionszyklen eigentlich 5-10 Jahre. Nun sind aber erst zwei Jahre seit dem Rebound vergangen. Das geht mir persönlich etwas zu schnell. Freilich gibt es einige Sonderfaktoren. Die OPEC bringt weniger Öl auf den Markt als sie könnte. Das Angebot ist künstlich knapp. Das hat aber wenig mit einem „echten“ Defizit zu tun. Dieses entsteht, wenn einfach nicht so viel gefördert werden kann wie nachgefragt wird.

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Davon sind wir meiner Meinung nach noch weit entfernt. Die freie Kapazität der OPEC dürfte bei mindestens 2 Mio. Barrel/Tag liegen. Das reicht vermutlich gerade, um den Ausfall des Iran auszugleichen. Der Iran fällt aber nicht freiwillig aus. Die USA sorgen dafür. Auch das ist eine künstliche Verknappung.

Dann sind da noch Venezuela, Libyen und Nigeria. Letztere sind immer wieder von Förderausfällen geplagt. Diese Ausfälle sind für gewöhnlich zeitlich begrenzt. Große Sorgen sollte man sich hier nicht machen. Venezuela ist eine andere Sache. Der Staat ist de facto Bankrott. Die staatliche Ölgesellschaft kann nicht mehr investieren. Die Fördermenge geht zurück.

Dabei sind es nicht nur fehlende Investitionen. Das staatliche Ölunternehmen bezahlt seine Lieferanten nicht mehr. Diese haben entsprechend den Service eingestellt. Da die Firma die Leistungen nicht selbst erbringen kann, sinkt die Produktion zwangsläufig.

Unterm Strich führt das alles zu einem ausgeglichenen Markt. Öl ist trotzdem nicht knapp, selbst wenn die Produktion in einigen Ländern weiter sinkt. Schieferöl ist zwar vor allem in den USA ein großes Thema, aber nicht nur. Hier sind die Investitionszyklen sehr viel kürzer.

Die Grafik zeigt die Investitionen der Branche in den USA und die Fördermenge. Als in den 70er Jahren bis Anfang der 80er Jahre viel investiert wurde (Ölembargo), stieg die Produktion jahrelang an, obwohl die Investitionen bereits wieder zurückgingen. Es war ein langer Zyklus von 10 Jahren.

Von Ende der 80er Jahre bis Anfang des neuen Jahrhunderts stiegen die Investitionen. Die Fördermenge konnte selbst mit steigenden Investitionen nicht gehalten werden. Das alles änderte sich nach 2007. Schieferöl wurde nutzbar gemacht. Seither steigt die Produktion parallel zu den Investitionen.

Die Investitionen werden dabei immer effizienter. Heute wird mehr gefördert als 2014 bei einem Viertel geringeren Investitionen. Das ist ein enormer Effizienzgewinn. Persönlich mache ich mir deswegen keine Sorgen, dass Öl knapp werden könnte. Mit weniger wird mehr erreicht. Dass die Investitionen geringer ausfallen als vor dem Ölpreiscrash ist kein Hinweis für mittelfristig niedrigere Produktion. Es zeigt einfach nur, dass der Sektor effizienter geworden ist.

Lesen Sie auch: Warum der Ölpreis bei Politikern für Schweißperlen sorgt

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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