Kommentar
16:28 Uhr, 10.05.2016

Öl will hoch - oder?

Die Nachrichtenlage spricht für einen Anstieg des Ölpreises. Daraus wurde gestern nichts, obwohl nun wirklich extrem bullische Bedingungen herrschten.

Erwähnte Instrumente

So schrecklich das Feuer in Alberta, Kanada, ist: rein nüchtern mit Blick auf den Ölpreis betrachtet sollte es den Preis stützen. In der Region befinden sich die großen Ölsandvorkommen. Die Produktion steht größtenteils still.

Keiner weiß genau, wie viel weniger Kanada derzeit an Öl produziert, doch die Schätzungen reichen von 500.000 bis 1 Mio. Barrel pro Tag. Kühleres Wetter scheint die Ausbreitung des Feuers zu verlangsamen und weg von den Ölfeldern zu führen. Wie lange das so bleibt, muss man abwarten. Dreht der Wind, könnten auch schnell die Ölfelder selbst betroffen sein.

Die weltweite Überproduktion verschwindet durch das Feuer in Kanada nicht, doch zumindest wird dem Markt kurzfristig Angebot entzogen. Derweil importiert China Öl wie nie. Die Importe im April waren die zweithöchsten je gemessenen. Das entspricht einer Menge von 7,9 Mio. Barrel pro Tag. Das waren 335.000 Barrel pro Tag mehr als im März. Im Jahresvergleich stiegen die Importe um 8,3 %.

Zugegeben, Chinas Importdaten sollte man nicht überbewerten. China scheint die niedrigen Ölpreise zu nutzen, um sich mit dem Rohstoff günstig einzudecken. Wird der Rohstoff irgendwann wieder deutlich teurer, dann dürften die Importe zurückgehen. Darüber hinaus hat China seine Raffineriekapazität ausgebaut. Es kann mehr Öl im Inland verarbeitet werden. Wie viel davon dann als Benzin o.ä. wieder exportiert wird, kann man nicht genau sagen. Chinas Verbrauch ist vermutlich nicht um 8,3 % gestiegen. Es dürfte sich vor allem um eine erhöhte Nachfrage der Raffinerien handeln, die zu dem Importanstieg geführt hat.

Das möglicherweise für den Ölmarkt wichtigste Ereignis des vergangenen Wochenendes:

Saudi-Arabien hat nach über 20 Jahren seinen Ölminister abgesetzt und einen neuen bestellt. Ali al-Naimi muss Khalid al-Falih weichen. Falih führt das staatliche Ölunternehmen Saudi Aramco. Die Wahl macht also durchaus Sinn. Trotzdem wirft der Wechsel Fragen auf.

Wie man die Aktion nun wirklich interpretieren soll, ist schwer zu sagen. Naimi scheiterte in Doha eine Fördermengenbegrenzung mit anderen Staaten durchzusetzen. An ihm hat das vermutlich nicht gelegen. Er wäre auch ohne den Iran bereit gewesen ein Abkommen zu schließen.

Beobachter gehen davon aus, dass Kronprinz Mohammed Bin Salman seinem Ölminister nicht gestattet hat ein Abkommen ohne den Iran zu vereinbaren. Diese Überstimmung ist zweifelsohne problematisch. Dass Naimi nun abtreten muss, kann dennoch zweierlei bedeuten: entweder wurde er abgesetzt, weil er auch ohne den Iran eine Vereinbarung wollte oder aber, weil er es nicht geschafft hat den Iran zur Teilnahme zu überzeugen.

Letzteres wäre wesentlich beruhigender. Ersteres würde unterstreichen, dass Salman, der nun der wohl einflussreichster Lenker Saudi-Arabiens ist, die Feindschaft mit dem Iran nicht hinter sich lassen will.

Während die Lage unklar bleibt, gibt es in den USA und Kanada vermehrt Insolvenzen in der Öl- und Gasbranche. Grafik 1 zeigt die Insolvenzen in chronologischer Reihenfolge. Seit Ende 2015 deutet sich ein Trend zu mehr Insolvenzen und größeren Firmenpleiten an.

Grafik 2 zeigt die bisher größten Insolvenzen mit ausstehenden Krediten von mindesten 1 Mrd. Dollar. 2015 meldeten Unternehmen mit ausstehenden Krediten in der Höhe von 17,22 Mrd. Insolvenz an. In den ersten vier Monaten dieses Jahres sind bereits 17,06 Mrd. erreicht. Geht es in diesem Tempo so weiter, dann wird 2016 ein sehr schlechtes Jahr für Banken.

Für den Ölmarkt ist es eigentlich eine gute Nachricht, wenn sich die Insolvenzen häufen. Es zeigt, dass die niedrigen Preise Unternehmen nun aus dem Markt drängen. Nur so kann das Überangebot effektiv abgebaut werden. Sofern Öl nicht wieder über 50 Dollar steigt werden weitere Pleiten folgen.

Öl ist mit all diesen Nachrichten eigentlich unterstützt. Trotzdem kam der Preis zuletzt unter Druck, erholt sich aber heute wieder

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten