Kommentar
13:50 Uhr, 09.12.2021

Öl: Wieso fällt der Preis trotz Covid-Sorgen nicht?

Omikron ist an der Börse schon wieder fast vergessen. Auch der Ölpreis konnte sich erholen. Die Ölnachfrage wird trotzdem einen Dämpfer erhalten. Anleger können dennoch auf hohe Ölpreise zählen.

Erwähnte Instrumente

  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 71,81900 $/bbl. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 71,81900 $/bbl. (FXCM)

Die OPEC hat sich vorerst nicht dazu entschlossen, ihre Förderpläne zu verändern. Anleger hatten erwartet bzw. gehofft, dass die OPEC auf die neue Virusvariante reagiert und die geplante Fördermengenanhebung im Januar aussetzt. Da am ursprünglichen Plan festgehalten wird, kommen ab Januar zusätzlich 400.000 Barrel Öl pro Tag auf den Markt. Was wie eine schlechte Neuigkeit wirkt, ist einfach eine realistische Einschätzung der OPEC. Neue Restriktionen wie etwa in Europa dämpfen die Ölnachfrage. Ein Einbruch ist jedoch nicht zu erwarten. Der am meisten Betroffene Sektor (Airlines), ist lediglich für einen geringen Teil der Nachfrage verantwortlich. Auto gefahren wird trotz Covid immer noch. In den USA ist das Vorkrisenniveau in etwa wieder erreicht. Ein starker Nachfrageeinbruch ist nicht zu erwarten. Die geplante Fördermengenausweitung ist zudem im Gesamtkontext nicht weltbewegend. Hält die OPEC an ihrem Plan fest, bleibt das zusätzliche Angebot aller Wahrscheinlichkeit nach begrenzt. Eine Ölschwemme durch die OPEC ist nicht zu erwarten.


Das Festhalten am Produktionsplan bedeutet, dass Angebot und Nachfrage im kommenden Jahr wieder zueinander finden (Grafik 2). Da die OPEC ihre Produktion nicht bedeutend ausweitet, muss der prognostizierte Anstieg aus anderen Ländern kommen. Der Blick fällt sofort Richtung USA. Sie sind der größte Swing-Producer.


Ob die erwartete Fördermengenausweitung in den USA kommt, kann man hinterfragen. Schieferölunternehmen fahren einen rigorosen Sparkurs. Die Bohraktivität nimmt wieder zu. Das bedeutet jedoch nicht, dass eine Ölschwemme kommt. Stattdessen trägt die erhöhte Bohraktivität einem anderen Umstand Rechnung.

In den vergangenen 18 Monaten wurde wenig gebohrt. Die Fördermenge wurde aufrechterhalten, indem gebohrte, aber noch nicht fertiggestellte Bohrlöcher, fertiggestellt wurden. Noch nicht in Betrieb genommene Bohrungen kann man als Inventar bezeichnen. Dieses ist am unteren Ende der Bandbreite seit 2014 angekommen (Grafik 3).

Da das Inventar so niedrig ist, ist auch eine rasante Fördermengenausweitung unwahrscheinlich. Zudem ist der Ölpreis auch mit 70 Dollar keine Goldgrube. Quellen in Betrieb zu nehmen, kostet Geld. Der Breakeven-Preis liegt im Durchschnitt und je nach Region zwischen 48 und 58 Dollar. Die Bandbreite um diesen Mittelwert ist allerdings hoch.

Bestehende Quellen zu betreiben, ist hingegen billig (Grafik 4). Eine Produktionsausweitung ist teilweise bei 70 Dollar/Barrel profitabel. Es reicht aber nicht für alle Regionen. Wirklich attraktiv und mit einer gewissen Sicherheit kann man erst erwarten, dass ein Ölpreis von 80 Dollar zu einer erhöhten Aktivität führt.


Auf einem Preis von 80 Dollar beruhen die meisten Prognosen zur Fördermenge im kommenden Jahr. Mit den neuen Unsicherheiten und dem jüngsten Rücksetzer des Ölpreises dürfte sich die Fördermengenausweitung zeitlich nach hinten verschieben. So können trotz Omikron Angebot und Nachfrage auch 2022 im Gleichgewicht bleiben.

Kurzfristig kann viel geschehen. Geraten Anleger in Panik wie zum Monatswechsel, kann der Ölpreis auch zwischenzeitlich fallen. Fundamental ist der Ausblick solide und Rücksetzer bleiben Kaufgelegenheiten. Am mittelfristigen, bullischen Ausblick ändert sich nichts.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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