Kommentar
08:50 Uhr, 11.03.2015

Öl: Läuft es wieder wie 2008?

Geschichte wiederholt sich. Wer das nicht glaubt, der hat an der Börse bereits verloren. Es gibt jedoch seltene Ausnahmen. Öl ist so eine. Vielleicht.

Erwähnte Instrumente

Persönlich gehe ich davon aus, dass Öl bereits begonnen hat, an einem Boden zu arbeiten. Wieso ich das glaube? Weil sich Geschichte wiederholt. Vergleicht man den Ölpreissturz aus 2008 und dem aus 2014, dann zeigen sich sehr viele Parallelen. Im Großen und Ganzen sind die beiden Bewegungen gleich. Bleibt das so, dann sollte der Ölpreis keine neuen Tiefs mehr erreichen, aber durchaus noch einmal zu dem Tief von Anfang des Jahres zurückkehren. Danach würde sich dann ein neuer, langer Aufwärtstrend einstellen.

Eigentlich deutet nichts darauf hin, dass es dieses Mal anders sein sollte – bis auf ein kleines, aber wichtiges Detail. Investoren haben den Trend früh erkannt und springen auf den Zug auf. Das war möglicherweise zu früh, um eine Marktbereinigung zuzulassen. Seit Ende 2014 fließt effektiv Geld wieder in den Ölsektor, obwohl die Preise sich erst sehr vorsichtig stabilisieren. Kapital fließt dabei nicht nur von Anlegern in Aktien, sondern auch in Anleihen. Banken machen ebenfalls keine Anstalten den Kapitalhahn zuzudrehen.

Der Ölsektor kann sich weiterhin finanzieren. Das verhindert, dass wenig ertragreiche Quellen stillgelegt werden. Ebenso wäre es wünschenswert, wenn mehr Unternehmen ganz verschwinden würden. Aktionären schmeckt das natürlich nicht, wenn sie gerade von einem solchen Unternehmen Aktien halten. Dem Gesamtmarkt würde es hingegen helfen.

Ohne Kapitalabfluss ist nicht davon auszugehen, dass das Ölangebot bald sinkt. Dem Daten und Research Unternehmen Dealogic zufolge haben US Ölexplorations- und Produktionsunternehmen bereits 62 Mrd. USD an Kapital eingesammelt. Dabei handelt es sich nur um die Ausgabe von Aktien, also Eigenkapital. Wie viele Milliarden durch Fremdkapital noch dazu gekommen ist, ist unklar. Viele Unternehmen nutzen das frische Geld, um fällige Schulden zurückzuzahlen und den Betrieb aufrecht zu erhalten. Von Kapazitätsreduktion ist da noch keine Spur.
Zugegeben, das Übernahmekarussell beginnt sich zu drehen. Einige Unternehmen, wie Whiting Petroleum, wollen sich selbst verkaufen. Alles in allem sieht es nach einer Konsolidierung aus, aber nicht nach einer Marktbereinigung mit zurückgehender Produktionskapazität. Die geringeren Ausgaben der großen Ölfirmen für bestehende und neue Projekte machen sich dieses Jahr auf der Angebotsseite noch nicht bemerkbar. Das dürfte frühestens 2016 der Fall sein.
Es kann gut sein, dass Investoren den Ölunternehmen zu früh wieder das Geld hinterherschmeißen. Grundsätzlich ist es ja ein guter Rat zu kaufen, wenn sonst keiner kaufen will. Das Problem ist dabei derzeit, dass viele kaufen wollen. Banken sind zudem sehr entspannt und haben auch kein Interesse daran den Geldhahn zuzudrehen. Sie wollen keine Ölfelder übernehmen, weil ein Unternehmen seinen Kredit nicht mehr bezahlen kann. Stattdessen arbeiten sie lieben mit den Firmen an einer Brückenfinanzierung.

Wie irrational sich Investoren verhalten können zeigt ein Beispiel aus der Kohleindustrie. Diese leidet schon etwas länger unter fallenden Preisen. Seit 2011 geht es mit den Kohlepreisen bergab. Die realen Preise sind heute nicht viel höher als 1949. Fairerweise muss man sagen, dass sie zwischenzeitlich auch einmal deutlich darüber und darunter lagen. Zu den aktuellen Preisen können viele Produzenten nicht mehr profitabel arbeiten. Trotzdem gelang es Peabody Energy Fremdkapital in der Höhe von einer Milliarde USD aufzunehmen. Das Unternehmen zahlt damit einen Teil der bald fälligen Schulden zurück. Der Rest geht in den Betrieb. Ohne neue Mittel wäre Peabody in 18 Monaten insolvent gewesen. Mit den neuen Geldern kann sich das Unternehmen wohl drei Jahre über Wasser halten.

Der Kupon für die Anleihe ist hoch und beträgt 10,5%. Die Anleihe läuft aber bis 2022. Bedenkt man, dass Peabody derzeit über 700 Mio. pro Jahr verbrennt, hält die Firme niemals so lange durch. Dafür müssten die Preise drastisch steigen. Das ist nicht in Sicht. Chinas Kohleverbrauch ist unlängst das erste Mal seit Jahrzehnten etwas zurückgegangen. Es besteht auf dem Weltmarkt ein großes Überangebot an Kohle. Das erinnert fast ein wenig an die Situation auf dem Ölmarkt. Insofern ist es diesmal doch ein klein wenig anders. Bis der Markt das merkt, kann der Ölpreis aber auch schon wieder bei 65 USD stehen.

Eröffne jetzt Dein kostenloses Depot bei justTRADE und profitiere von vielen Vorteilen:

  • 25 € Startguthaben bei Depot-Eröffnung
  • ab 0 € Orderprovision für die Derivate-Emittenten (zzgl. Handelsplatzspread)
  • 4 € pro Trade im Schnitt sparen mit der Auswahl an 3 Börsen & dank Quote-Request-Order

Nur für kurze Zeit: Erhalte 3 Monate stock3 Plus oder stock3 Tech gratis on top!

Jetzt Depot eröffnen!

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

1 Kommentar

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Chronos
    Chronos

    Naja, der Januarboden bei 48$ sieht gut aus, ist aber alles noch zu frisch, bin dabei und warte mal ab, was der Kurs mir beibringt.

    Was nur leider daran hängt und welche Auswirkungen das hat, zeigt sich schon.

    Vor unrentablen Ölfeldern müsste sich erst Palmöl aussortieren.

    E.ON schreibt den größten Verlust eines dt. Versorgers, das war vorab klar nur wird das noch einige Verwerfungen und Umbauten bringen.

    Denke damit werden kleinere Energieversorger platt gemacht, viele innovative Energiekonzepte landen wieder in der Schublade. Von der Seite aus betrachtet wären Preise zwischen 65-75 USD für alle besser, außer an der Tankstelle

    09:30 Uhr, 11.03. 2015

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten