Kommentar
08:02 Uhr, 26.07.2016

ÖL - Ist das Thema endgültig durch?

Die OPEC freut sich und verkündet, dass Angebot und Nachfrage schneller zu einem Gleichgewicht zurückfinden werden als gedacht. Wenn sich die OPEC da mal nicht zu früh freut...

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Fast unbemerkt fällt der Ölpreis seit einem Monat wieder. Das vorläufige Hoch der Ölsorte WTI bei 51,40 wurde im Juni erreicht. Seitdem hat der Preis 15 % nachgegeben und steuert erneut auf die Marke von 40 Dollar zu. Dieses Preisverhalten passt ganz und gar nicht zu den Meldungen der letzten Wochen.

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Die OPEC verkündete bereits, dass sich Angebot und Nachfrage wohl deutlich früher wieder im Gleichgewicht befinden werden als zunächst angenommen. Der Blick auf den Preisverlauf unterstützte diese These, doch die Nachfrage war zuletzt künstlich hoch und das Angebot von mehreren Faktoren gedrückt.

Anschläge und politische Unruhen haben die Ölförderung und den Transport in einigen Ländern (z.B. Nigeria) stark beeinträchtigt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Produktion und der Export wieder auf vollen Touren laufen. In den USA geht die Produktion derweil Stück für Stück zurück. Vor einem Jahr wurden noch 9,5 Mio. Barrel Öl pro Tag gefördert. Heute sind es nur noch 8,5 Mio.

Der Rückgang der US-Ölproduktion hat zweifelsohne zur Freude der OPEC beigetragen. Sie konnte ihren Marktanteil verteidigen und durch den Preiskampf Schieferölproduzenten aus dem Markt drängen. Gestorben sind die Fracker in den USA jedoch noch lange nicht. Grafik 1 zeigt die Zahl aktiver Bohrungen. Seit zwei Monaten steigt die Anzahl wieder.

Der dazu parallel laufende Ölpreis ist um 3 Monate zeitversetzt. Ölunternehmen reagieren auf Preisanstiege durch eine Ausweitung der Bohrtätigkeit, doch das braucht etwas Zeit – ungefähr 3 Monate. Es ist davon auszugehen, dass die Aktivität weiter zunimmt. Ab Ende August kann sich der Trend wieder ändern, wenn der Ölpreis nun weiter fällt.

Die Ölproduktion wird trotz einer steigenden Bohrtätigkeit nicht in die Höhe schnellen. Vielmehr kann sich in den USA bei einer Fördermenge von 8 Mio. Barrel pro Tag ein Gleichgewicht einstellen. Der Rückgang der US-Förderung wird durch die Produktion des Irans fast vollkommen wettgemacht. Das weltweite Angebot ist also noch nicht wirklich auf dem Rückzug.

Wenn das Angebot konstant bleibt, muss die Nachfrage steigen, um ein Gleichgewicht herzustellen. Diesen Trend will die OPEC entdeckt haben. Die Nachfrage nach Rohöl ist tatsächlich gestiegen, doch das täuscht lediglich ein Gleichgewicht vor.
Es wird derzeit viel Rohöl nachgefragt. Die Nachfrage nach Ölprodukten, wie etwa Benzin, steigt so langsam wie in den vergangenen Jahren auch. Es gibt keinen reellen Nachfrageschub. Dieser wird quasi vorgetäuscht, indem Raffinerien von den niedrigen Ölpreisen profitieren wollen und besonders viel Rohöl zur Verarbeitung einkaufen.

Weltweit produzieren Raffinerien so viel Ölprodukte wie noch nie. Sie konnten Rohöl günstig einkaufen. Das taten sie exzessiv. Nun kommt es allerdings dazu, dass es zu viele Ölprodukte gibt. In China kam es im vergangenen Jahr wegen einer Gesetzesänderung dazu, dass private Raffinerien mehr Rohöl importieren und mehr Ölprodukte exportieren durften. Von dieser Freiheit machten sie viel Gebrauch.
Es gibt für die Rohölimporte von privaten Firmen gewisse Quoten. Diese sind bald erschöpft, sodass die Nachfrage aus China schon allein deswegen in den kommenden Monaten fallen wird. Die Lager für Ölprodukte sind derzeit voll wie nie und China exportiert so viel Benzin wie es nur kann.

Die Lager sind nicht nur in China ungewöhnlich voll, sondern auch in den USA (Grafik 2). Normalerweise sinkt der Treibstoffbestand im Sommer, weil in der Feriensaison viel Benzin gebraucht wird. Ab September steigt der Lagerbestand dann bis Januar.

Im aktuellen Zyklus steigt der Lagerbestand bereits jetzt wieder leicht an. Das ist ungewöhnlich früh und zeigt die Überproduktion an Ölprodukten. Je mehr Ölprodukte auf Lager sind, desto geringer wird letztlich die Marge der Raffinerien im Verkauf der Produkte. Es ist daher davon auszugehen, dass die Überproduktion in den kommenden Monaten abgebaut wird. Das sorgt weltweit für geringere Nachfrage nach Rohöl und dann rückt das Gleichgewicht plötzlich wieder in weitere Ferne.

Der Markt reagiert auf diesen Umstand noch gelassen. Der Ölpreis fällt, aber nicht panikartig. Das gleiche gilt für die Aktien von Ölunternehmen. Im Idealfall ist der Markt mit dem Thema durch. Die Preise werden deswegen trotzdem fallen, aber es wird nicht zu einem raschen und panikartigen Selloff wie zu Jahresbeginn kommen.

Clemens Schmale

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15 Kommentare

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  • Chronos
    Chronos

    whatzz up? KnowHow? Mag sein das es ein anderer Anbieter ist, sollte ABBA da elektronisch keinen Unterschied machen. Ich have den screen für charting umgeschalten, finde aber diese Quote nicht.

    Werde ich mir aber ansehen! Meine underlyings halten sich noch zu gut. Nadal peaks overnight filtere ich aber automatisch aus.

    16:21 Uhr, 26.07.2016
  • 3 Antworten anzeigen
  • Subdi
    Subdi

    Was die OPEC da öffentlich verkündet, ist eine taktische Lüge. Die OPEC weiß genau, dass fossile Energie langfristig ein schrumpfender Sektor ist. Sie wollen nur die Fracking Industrie zu Fehlinvestitionen verleiten, um sie zu vernichten. Die Saudis sind nämlich abgebrüht ;-)

    22:04 Uhr, 25.07.2016
  • netzadler
    netzadler

    ich habe bisher nicht verstanden, weshalb die ölnachfrage jetzt noch weiter steigen soll. automobilmarkt geht richtung sättigung. sicherlich werden viele SUV's verkauift, aber auch da scheint für mich eigentlich die spitze langsam erreicht.

    dazu kommt jetzt das elektroauto mit bedeutenden mengen in den markt. der ölverbrauch steht auch aus klimaschutzzgründen unter beschuss. wo soll da die höhere nachfrage herkommen?

    öl wird auf dauer die 40 dollar nicht halten. die produzenten wissen dass und werden raushauen, was geht.

    der flugverkehr scheint auch an einem wendepunkt zu sein. ich kann mir vorstellen, dass den flugzeugmarkt ein fast ähnliches schicksal ereilt, wie den schifffahrtsmarkt

    21:29 Uhr, 25.07.2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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