Kommentar
07:15 Uhr, 02.11.2015

Öl: Hedgefonds haben sich verzockt

Öl galt zu Beginn des Jahres als Investitionsgelegenheit des Lebens. Es sollte einer der besten Trades einer ganzen Generation werden. Daraus wurde nichts. Der Trade, der als einmalige Gelegenheit galt, wurde zum blanken Horror vieler Fondsmanager.

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Vergangene Woche berichtete das Wall Street Journal ziemlich ausführlich über die vielen Hedgefonds, die sich mit Öl verzockt haben. Dabei war es vollkommen unerheblich, ob sich die Fonds auf Eigenkapital (Aktien) oder Fremdkapital (Anleihen, Kredite) spezialisiert hatten. Sie alle haben gelitten und müssen wohl oder übel für das Jahr 2015 Verluste ausweisen.

Viele der Fonds haben die Schieferölindustrie überhaupt am Leben gehalten. Von Januar bis Mai 2015 flossen gut 20 Mrd. an neuem Fremdkapital und 20 Mrd. an frischem Eigenkapital zu den Unternehmen. Das war nicht wesentlich mehr als noch ein Jahr zuvor, doch gemessen an den Umständen war es eine gigantische Summe.

Bis Sommer 2014 war die Welt noch in Ordnung. Der Ölpreis lag bei 100 Dollar je Barrel. Im zweiten Halbjahr kam es zum Ölpreiscrash. Unternehmen hatten es wesentlich schwerer, an Geld zu kommen als noch im ersten Halbjahr 2014. Die Summe an frischem Geld, die durch Aktien- und Anleiheausgabe eingesammelt werden konnte, halbierte sich von 60 auf 30 Mrd.

Anfang 2015 begann das Geld wieder zu fließen. Insgesamt wurden den Unternehmen fast 50 Mrd. hinterhergeschmissen. Viele Fonds witterten eine einmalige Gelegenheit. Der Ölpreisverlauf erinnerte sehr stark an 2008/09. Bis März 2015 sah es tatsächlich so aus als würde sich das Szenario aus der Finanzkrise wiederholen. Die Gewinne der Fonds wären exorbitant gewesen, doch dazu kam es nie.

Der Ölpreis sackte wieder in sich zusammen. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Ölpreis innerhalb der nächsten Monate wieder auf 80 Dollar steigt. Ein Großteil des investierten Geldes wird dadurch auch in den kommenden Monaten weitere Verluste verursachen.

Die Verluste dürften vor allem auch deswegen ansteigen, weil vielen Unternehmen das Geld ausgeht. Im ersten Halbjahr haben Schieferölunternehmen effektiv 30 Mrd. USD mehr Cash verbraucht als sie eingenommen haben. Die Liquiditätssituation spitzt sich dadurch zu. Im Gesamtjahr 2014 betrug der Cash-Outflow knapp 40 Mrd. Dieser Wert wird in 2015 wohl deutlich überschritten.

Zusätzlich zu der bereits jetzt angespannten Liquiditätssituation beginnen Banken die Kreditlinien zu kürzen. Eine Kürzung von 10 bis 15 Mrd. Dollar ist im Gespräch. Sofern der Ölpreis nicht bald wieder steigt, werden Banken noch restriktiver. Der US Regulator bemängelte, dass Banken kaum Vorsorge für Kreditausfälle getätigt haben. Das wird nun nachgeholt und das Risiko begrenzt, indem nur noch sehr wenig neuer Kredit vergeben wird.

Auf Banken, Aktionäre und Hedgefonds läuft eine Welle an Totalverlusten zu. Der Schieferölsektor hat 200 Mrd. Dollar an ausstehenden Ramschanleihen. Dazu gesellen sich noch einmal 150 bis 200 Mrd. an Bankkrediten. Demgegenüber stehen (theoretische) Unternehmenswerte von knapp einer Billionen Dollar. Derzeit reduzieren sich die Unternehmenswerte jedes Halbjahr um 60 Mrd., weil Unternehmen hohe Abschreibungen auf ihre Vermögenswert vornehmen müssen.

Die Werte, die die Kredite besichern, schrumpfen rasant. Gleichzeitig kommen Unternehmen kaum noch an frisches Geld. Das ist eine Mischung, die viele Unternehmen in die Knie und in die Insolvenz zwingen wird. Potentiell gefährdet ist eine Fördermenge von 1,1 Mio. Barrel pro Tag.

Die hochverschuldeten Ölförderer produzieren derzeit 1,1 Mio. Barrel pro Tag. Das sind 12% der gesamten US Ölproduktion. Nicht jedes dieser Unternehmen wird tatsächlich in die Insolvenz gehen. Man kann aber guten Gewissens davon ausgehen, dass 500.000 Barrel Förderkapazität verschwinden werden. Das entschärft die Lage auf dem Markt zumindest kurzfristig.

Der Rückgang der US Ölproduktion wird die Preise nicht nachhaltig stützen. Die OPEC hat noch 2 bis 3 Mio. Barrel freie Förderkapazität und der Iran bereitet sich darauf vor wieder ungebremst Öl zu exportieren. Ohne eine Eindämmung der Fördermengen in den arabischen Ländern ist ein baldiger Turnaround unwahrscheinlich.

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1 Kommentar

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  • Schuby
    Schuby

    Ich denke für die Zukunft ist es eine einmalige Möglichkeit. Also eher zum Investieren als zum Traden. Ich habe meinem Sohn den MSCI World Energy ETF ins Depot gelegt....der kleine Mann ist jetzt 16 Monate alt, ich hoffe, wenn er 18Jahren alt ist, wird sich die Investition bezahlt gemacht haben ;)

    Gerade in Anbetracht der guten Dividenden, die Ölunternehmen zahlen. Diese "Ölkrise" bereitet doch nur den nächsten massiven Anstieg vor. Firmen gehen pleite, Investitonen werden verschoben, Öl wird verschwendet weil es gerade billig ist.

    Es ist nur eine Frage der Zeit bis die nächste "Knappheit" kommt oder das nächste (geo) politische Ereignis. Ich habe jedenfalls gute Hoffnung, dass ich ihm da keinen Rohrkrepierer ins Depot gelegt habe :P

    21:57 Uhr, 02.11. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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