Kommentar
07:21 Uhr, 16.03.2015

ÖL erneut unter Druck?

Die Unklarheit über die Situation auf dem Ölmarkt setzt sich fort. Die unübersichtliche Lage wurde nun noch einmal durch die Internationale Energiebehörde (IEA) verschärft.

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Jeden Monat bringt die IEA einen Bericht heraus, der die neuesten Schätzungen für die kommenden Quartale enthält. Im Vergleich zum Februarreport haben sich die Schätzungen deutlich verändert. Die Daten zeigen: das Überangebot wird noch zunehmen. Grafik 1 zeigt die Entwicklung von Angebot und Nachfrage über die Quartale seit Anfang 2012. Bis 2013 lag tendenziell ein Unterangebot vor. Seit 2014 hat sich die Lage deutlich verändert. Das Überangebot steigt dramatisch an und wird 2015 seinen Höhepunkt sehen.

In früheren Schätzungen war die IEA davon ausgegangen, dass die Fördermenge insgesamt stabil sein würde. Für einige Regionen, insbesondere die USA, wurde ein leichter Rückgang prognostiziert. Das hat sich bisher nicht bestätigt. Die Förderung stieg im Februar sogar noch etwas an. Im Vergleich zum Vormonat kletterte die Förderung um weitere 115.000 Barrel pro Tag.
Das Überangebot dürfte im ersten Quartal 2015 auf ca. 2,5 Mio. Barrel pro Tag steigen. Im zweiten Quartal sollte die Steigerung nur noch minimal sein. Ab dem dritten Quartal ist dann mit der Verringerung des Überangebots zu rechnen.

Die IEA hat als Kernaufgabe den weltweiten Ölmarkt zu beobachten und zu analysieren. Letztlich sind die Schätzungen aber nicht besonders genau. Vor einem Jahr nahm die IEA noch an, dass der Ölpreis heute bei 95 USD stehen würde. Eine Abweichung von 50% kann man nicht gerade als knappe Verfehlung bezeichnen. Insofern darf man die Zahlen der IEA auch nicht überbewerten. Den Markt bewegen sie trotzdem. Bessere Daten sind einfach nicht verfügbar. Bis zur Veröffentlichung der nächsten Schätzungen gilt die aktuelle Prognose erst einmal als gegeben. Dass die Wahrscheinlichkeit eines Eintretens nahe 0% liegt stört den Markt dabei nicht.

Die IEA bringt in ihrem Bericht einen anderen wichtigen Punkt auf. Hierbei geht es nicht so sehr um Prognosen, sondern mehr um die Feststellung von Fakten. In den USA ist die Bohraktivität in den vergangen drei Monaten massiv zurückgegangen. Viele Marktteilnehmer hat das zu der Vermutung veranlasst, dass damit auch die Fördermenge bald zurückgeht. Das hat sich bisher noch nicht bewahrheitet. Für viele ist das eine Überraschung, obwohl das nicht unüblich ist. Eine Verringerung der Bohraktivität macht sich für gewöhnlich erst sechs Monate später bemerkbar.

Die Verwirrung und Ratlosigkeit auf dem Ölmarkt ist groß. Betrachtet man einmal eine längere Historie, dann ist die Situation relativ klar. Der Kapazitätszyklus liegt bei mehreren Jahren. Liegt ein Unterangebot vor, dann steigen die Preise. Es ist attraktiv in die Erschließung neuer Ölquellen zu investieren. Bis diese Kapazität auf den Markt kommt dauert es mehrere Jahre. Es folgt ein Überangebot. Das wiederum senkt die Preise, es wird weniger investiert und die Produktionsmenge stagniert oder geht kurzzeitig ein klein wenig zurück. Die Preise können sich erholen.

2015 dürfte das Jahr mit dem größten Überangebot werden. Es wird vermutlich bei durchschnittlichen 1 Mio. Barrel pro Tag liegen. 2016 sollte das Überangebot deutlich schrumpfen. Ab 2017 muss man damit rechnen, dass aus einem Gleichgewicht auch ein Angebotsdefizit werden kann. Die Preise würden deutlich steigen.
Eine Verdopplung des Ölpreises darf man in den kommenden anderthalb Jahren nicht erwarten. Die Frage ist momentan auch eher wie tief es noch gehen kann. Die Marktbereinigung ist noch nicht beendet. Diese wird sich bis in das zweite Quartal hineinziehen. Um den Markt zu bereinigen braucht es keine Preise von 20 USD. Der aktuelle Preis ist dafür eigentlich ausreichend. Die Meinungen darüber gehen allerdings weit auseinander.

Einige Banken halten auch einen Preis von 20 USD für möglich. Andere haben sich von der kurzzeitigen Erholung der Preise im Februar wieder zu höheren Kurszielen hinreißen lassen. Die enorme Streuung von Kurszielen und möglichen Szenarien sind typisch für einen Bodenbildungsprozess. Die Emotionen kochen hoch. Vor zwei Wochen sah es so aus als wäre Öl schon wieder auf dem Weg nach oben. Jetzt greifen Befürchtungen von einer weiteren Halbierung des Preises um sich. Beides kann nicht stimmen. Anleger schwanken jedoch innerhalb kürzester Zeit von einem ins andere Extrem. Entsprechend bewegt sich auch der Ölpreis – volatil seitwärts.

Persönlich sehe ich noch keinen Grund neue Tiefstmarken auszurufen. Solange sich Öl über dem bisherigen Tief hält gibt es keinen Grund von einem neuen Sell-off auszugehen. Ob dieses Tief hält wissen wir wahrscheinlich bereits in wenigen Tagen. Dann ist die Situation wieder etwas klarer.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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