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14:44 Uhr, 16.05.2022

Öl-Embargo: Deutschland will eigenen Weg gehen

Deutschland plant unterdessen, die Einfuhr von russischem Öl bis Ende des Jahres unabhängig vom europäischen Konsens auf Null zu drosseln, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Regierungsvertreter berichtet. Im Kanzleramt in Berlin liefen die Verhandlungen mit alternativen Lieferanten auf Hochtouren.

Brüssel/ Berlin (Godmode-Trader.de) - Die EU-Außenminister beraten am heutigen Montag in Brüssel über ein Öl-Embargo gegen Russland. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erwartet nicht unbedingt, dass schon heute eine Einigung erzielt werden könne. Laut Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg könnte solch eine Einigung aber in den nächsten Tagen erreicht werden könne. Es gebe noch einen gewissen Diskussionsbedarf. Zugleich mahnte er Geschlossenheit an. Man dürfe in der Öffentlichkeit nicht den Eindruck von Uneinigkeit erwecken. „Russland beobachtet uns.“

Allerdings bleibt Ungarn ein harter Brocken: Budapest lehnte ein Öl-Embargo bisher strikt ab. Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sah vor, wegen des Ukraine-Kriegs den Import von russischem Rohöl in sechs Monaten und den von Ölprodukten in acht Monaten zu beenden. Ungarn und die Slowakei sollten 20 Monate Zeit bekommen. Nachbesserungsangebote konnten Ungarn bislang nicht zu einer Aufgabe der Blockade bewegen. Alle zwei Länder sind stark vom russischen Öl abhängig

Deutschland plant unterdessen, die Einfuhr von russischem Öl bis Ende des Jahres unabhängig vom europäischen Konsens auf Null zu drosseln, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Regierungsvertreter berichtet. Im Kanzleramt in Berlin liefen die Verhandlungen mit alternativen Lieferanten auf Hochtouren, und die Regierung sei zuversichtlich, die verbleibenden logistischen Probleme innerhalb der nächsten sechs bis sieben Monate lösen zu können, so Bloomberg.

Die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz sei entschlossen, ihren nationalen Plan als Teil der europäischen Sanktionen gegen Russland für dessen Einmarsch in der Ukraine voranzutreiben, sagten die mit den Plänen vertrauten Personen der Finanzagentur. Die Regierung habe sich noch nicht dazu geäußert, welche Länder das Öl-Loch ausgleichen würden. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in Berlin ist der Anteil Russlands am deutschen Rohölverbrauch bereits von rund 35 Prozent vor Ausbruch des Ukraine-Krieges auf 12 Prozent gesunken.

Zu den verbleibenden Herausforderungen gehört nun eine alternative Versorgung der wichtigen ostdeutschen Raffinerie in Schwedt/Oder, die derzeit noch über die so genannte Druschba-Pipeline weitgehend auf russisches Rohöl angewiesen ist und von dem russischen Konzern Rosneft betrieben wird.

Die Anlage in Schwedt, die die Treibstoffversorgung des BER-Flughafens, der meisten Tankstellen in der Hauptstadt und des umliegenden Landes Brandenburg sicherstellt, wird alternative Lieferungen über den deutschen Ostseehafen Rostock einführen müssen.

Die deutschen Behörden haben festgestellt, dass eine alte Pipeline zwischen Rostock und Schwedt genutzt werden könnte, aber aufgrund ihrer relativ geringen Größe dürfte sie vorerst nur etwa 60 Prozent der vollen Kapazität der Raffinerie abdecken. Die Behörden arbeiten laut Bloomberg daran, den Pumpdruck der Pipeline zu erhöhen und die Infrastruktur zu modernisieren, damit mehr Volumen nach Schwedt gelangen kann. Außerdem werde erwogen, den Treibstoffbedarf des Berliner Flughafens durch eine andere Raffinerie, möglicherweise in Bayern, zu decken.

Das nicht-russische Öl für Schwedt würde zunächst aus einer nationalen Reserve in der Nähe des Hafens von Wilhelmshaven stammen, von wo aus es durch den Nord-Ostsee-Kanal nach Rostock und von dort durch die aufgerüstete Pipeline zur Raffinerie transportiert werden würde.

Da Rosneft selbst wenig Anreiz haben dürfte, den Lieferanten für Schwedt zu wechseln, bereitet Deutschland ein Gesetz vor, das dem russischen Unternehmen bereits am 1. Juni die Kontrolle über die Raffinerie entziehen würde.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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