Kommentar
08:52 Uhr, 08.11.2016

Öl als erneuerbare Energie?

Es heißt, dass das Zeitalter des Öls vor dem Ende steht, da erneuerbare Energien Öl mittelfristig ersetzen werden. Was aber, wenn Öl selbst zur erneuerbaren Energie wird?

Erwähnte Instrumente

  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 44,805 $/Barrel (Commerzbank CFD) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Brent Crude Öl
    ISIN: XC0009677409Kopiert
    Kursstand: 46,165 $/Barrel (Commerzbank CFD) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 44,805 $/Barrel (Commerzbank CFD)
  • Brent Crude Öl - WKN: 967740 - ISIN: XC0009677409 - Kurs: 46,165 $/Barrel (Commerzbank CFD)

Manche Dinge sind schon etwas skurril. Der neueste Hit unter den erneuerbaren Energiequellen ist Öl. Das dürfte ölexportierenden Ländern auf den ersten Blick gefallen. Die OPEC bestätigte zuletzt, dass sie trotz Klimaschutzzielen von einem steigenden Verbrauch ausgeht.

Auf den zweiten Blick stellt Öl als erneuerbare Energie eine große Bedrohung für die Ölexporteure dar. Erneuerbares Öl wird nämlich nicht aus der Erde geholt, sondern produziert. Das Resultat der Produktion ist Rohöl wie man es aus Bohrlöchern holt. Es entsteht ebenso wie herkömmliches Öl aus organischem Material unter Druck und Wärmeeinwirkung.

Während Öl, ob produziert oder aus der Erde geholt, immer gleichbleibt, so ist der Input doch ein anderer. Herkömmliches wird einmal aus der Erde geholt, verarbeitet und verbrannt. Danach ist es für immer verloren. Bei der Ölproduktion kommt es zu immer neuem Nachschub, da der Input, der für die Produktion benötigt wird, nicht ausgeht.

Konkret wird Abwasser zu Öl verarbeitet. Das Pacific Northwest National Laboratory (Teil des US-Energieministeriums, Medienmitteilung hier: gmtr.ly/V1SDiTUlz) hat dazu ein Verfahren entwickelt, welches aus Abwasser innerhalb von weniger als einer Stunde Öl herstellt. Abwasser beinhaltet alle möglichen organischen Stoffe. Diese werden unter Druck und hoher Temperatur zu Öl transformiert.

Während die Natur für den Prozess extrem viel Zeit braucht, lässt sich die Ölentstehung künstlich auf eine Stunde verkürzen. Das Material, was man dafür braucht (Abwasser), geht dabei niemals aus. Das Potential ist praktisch unerschöpflich.

Würde man sämtliches in den USA produziertes Abwasser in Öl umwandeln, erhielte man 30 Mio. Barrel. Weltweit lässt sich das Potential auf 550 Mio. bis 750 Mio. Barrel p.a. beziffern. Das ist eine ganze Menge Öl, die sich Jahr um Jahr herstellen lässt.

Für die Welt ist diese Produktionsmenge durchaus signifikant, wird aber herkömmliches Öl nicht verdrängen. Immerhin ließe sich der Verbrauch konventionellen Öls um mehrere Prozente senken. Die OPEC wird das vermutlich nicht ins Schwitzen bringen. Auch andere erneuerbare Energien bedrohen die Vorherrschaft des Öls bisher noch nicht.

Die Grafik zeigt den nach aktuellem Stand wahrscheinlichsten Verlauf der Energieproduktion und des Energieverbrauchs nach Energiequelle. Öl bleibt der wichtigste Energieträger, gefolgt von Gas und Kohle. Mit großem Abstand folgt Wasserkraft. Insgesamt wächst der Anteil der erneuerbaren Energie von derzeit 10 % auf 16 % im Jahr 2035 an, doch die ganz große Revolution ist das nicht.

Viele Staaten haben inzwischen ambitionierte Pläne und wollen fossile Brennstoffe aus dem Energiemix verbannen. Die Pläne werden medienwirksam angekündigt, doch in Wahrheit sind die meisten Maßnahmen von überschaubarer Tragweite. Der große Durchbruch bleibt bisher aus, obwohl sich die Welt vor einem Jahr beim Pariser Abkommen zu einem radikalen Umdenken verpflichtet hat. Nun müssen noch Taten folgen. Papier ist ja bekanntlich geduldig.

Die Ölexporteure müssen sich langfristig (die Zeit nach 2035) ernsthafte Gedanken machen. Mittelfristig droht keine Innovation Öl vom Thron zu stoßen, auch erneuerbares Öl nicht.

Clemens Schmale

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7 Kommentare

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  • k_traxler
    k_traxler

    Ist schon 1. April?: "aus organischem Material unter Druck und Wärmeeinwirkung.", also mit Energieeinsatz. Irgendwer baut sich wieder ein 'Perpetuum Mobile'...

    09:29 Uhr, 09.11.2016
  • P_44
    P_44

    Cool. Dann können Flieger bald mit Sch*** betankt werden. Wie die Fluglinien das wohl aufnehmen? Zu manchen passt es ja jetzt schon ;-)

    07:57 Uhr, 09.11.2016
  • 1 Antwort anzeigen
  • Schtonk
    Schtonk

    Danke für den interessanten Artikel, das wäre mir sonst nicht bekannt geworden.

    Können Sie bitte noch eine Quelle für Ihre Energie-Grafik angeben? Falls sie von Ihnen selber erstellr wurde, woher bekommt man die kumulierten Daten für alle Energieträger

    09:23 Uhr, 08.11.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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