Kommentar
08:25 Uhr, 05.05.2016

Öl-Aktien: Der Tag der Wahrheit rückt näher

Viele Ölunternehmen haben ihre Zahlen für das erste Quartal präsentiert. Die Zahlen waren schlecht, aber nicht so schlecht wie erwartet. Es sind jedoch nicht die Geschäftsergebnisse, die für Anleger ausschlaggebend sein sollten, sondern etwas ganz anderes.

Erwähnte Instrumente

  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 44,70 $/Barrel (Commerzbank CFD) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 44,70 $/Barrel (Commerzbank CFD)

Der Ölmarkt ist derzeit zwischen Hoffen und Bangen hin und hergerissen. Einerseits hat sich der Ölpreis deutlich von seinen Tiefs erholt und die Geschäftsberichte sind nicht so schlecht wie befürchtet. Andererseits ist vollkommen unklar, ob die höheren Ölpreise Firmen motivieren, ihre Produktion in den kommenden Wochen massiv zu steigern.

Ölpreise von 45 Dollar und mehr sind für viele Unternehmen ein Segen – zumindest im Vergleich zu den Preisen zu Jahresbeginn, als Öl unter 30 Dollar notierte. Bei 45 Dollar generieren die meisten Unternehmen einen positiven Cash Flow. Die Ölförderung deckt bei 45 Dollar zwar nicht alle Kosten ab, doch immerhin versetzt es Unternehmen in die Lage, Cash zu generieren. Das wiederum ermöglicht gerade den Schieferölunternehmen ihre Schulden zu bedienen. Das kann die lang ersehnte Bankrottwelle aufhalten.

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Ölunternehmen haben nicht nur zu den aktuellen Preisen die Möglichkeit, wieder unter positiven Cash Flows zu operieren, sondern haben auch die OPption, sich gegen fallende Preise abzusichern. Öl Futures mit Liefertermin Sommer 2017 notieren bei rund 50 Dollar. Unternehmen können diesen Preis jetzt einloggen, indem sie ihre Produktion zu diesem Preis bereits jetzt verkaufen.

Die gestiegenen Preise geben vielen Firmen die Möglichkeit, sich weiterhin über Wasser zu halten. Für die jeweiligen Firmen ist das eine gute Nachricht, doch was für ein einzelnes Unternehmen positiv ist, muss für den Gesamtmarkt nicht ebenfalls positiv sein. Bleibt nun nämlich die Insolvenzwelle aus und können Firmen wieder Cash generieren, dann haben sie auch die Möglichkeit die Produktion wieder hochzufahren.

In den letzten Monaten ging die US-Ölproduktion deutlich zurück. Von einem Hoch von 9,7 Mio. Barrel pro Tag sind nur noch 9 Mio. Barrel übrig. Das globale Überangebot weitet sich nicht mehr aus. Geschrumpft ist es noch nicht, da die OPEC Länder mehr Öl produzieren.

Der Rückgang der US-Produktion ist vor allem auf das Wesen des Schieferöls zurückzuführen. Die Quellen lassen sich zwar vergleichsweise schnell erschließen, doch sie sind auch schneller erschöpft. Die Mengen, die sich fördern lassen, gehen schnell zurück. Wird mit einem Bohrloch zu Beginn der Förderung z.B. 10.000 Barrel pro Tag produziert, geht die Förderung innerhalb eines Jahres auf 3.000 bis 6.000 zurück. Die Fördermengen sinken also relativ schnell.

Sobald Schieferölunternehmen ihre Investitionen zurückfahren und weniger bohren beginnt die Fördermenge zu sinken. Genau dieses Phänomen kann man gerade beobachten. Wenn nun der Ölpreis aber wieder auf einem Niveau ist, der Ölfirmen Investitionen erlaubt, dann kann die Produktion auch wieder schnell steigen.

Zu beobachten war das vor einem Jahr. Grafik 1 zeigt den Ölpreis und die Anzahl der US-Bohranlagen im Vergleich. Der Ölpreis begann Mitte März 2015 wieder zu steigen. Mit einer zeitlichen Verzögerung von ungefähr 12 Wochen begann die Zahl an Bohranlagen ebenfalls wieder zu steigen. Ölfirmen wollten von den gestiegenen Preisen profitieren, indem sie ihre Produktion ausweiteten.

In diesem Jahr steht der Markt nun vor einer ganz ähnlichen Situation. Die Ölpreise steigen seit Mitte Februar. Seither sind knapp 12 Wochen vergangen. Sofern Ölfirmen vorhaben, von den gestiegenen Preisen zu profitieren, dürften sie im Mai beginnen die Bohraktivität wieder auszuweiten.
Die zeitliche Verzögerung von Ölpreisanstieg und Bohraktivität beträgt im historischen Mittel etwa drei Monate. Überlagert man den Ölpreis und die Anzahl der Bohranlagen zeitversetzt um diese drei Monate, dann ergibt sich ein Bild wie in Grafik 2 dargestellt. Preis und Bohranlagen laufen parallel. Demnach müsste die Bohraktivität in diesen Tagen wieder zu steigen beginnen.

Das Ölserviceunternehmen Baker Hughes veröffentlicht wöchentlich die Anzahl aktiver Bohranlagen. Trotz gestiegener Ölpreise fiel die Anzahl zuletzt weiter. Im Mai wird sich nun zeigen, ob es dabei bleibt oder ob sich die Geschichte ähnlich zum vergangenen Jahr wiederholt. Tut sie das, dann dürften die Ölpreise in naher Zukunft wieder deutlich zu fallen beginnen. Anleger sollten das im Hinterkopf behalten, bevor sie nach der sensationellen Rallye der letzten Wochen noch einzusteigen gedenken. Derzeit lohnt es sich abzuwarten bzw. Gewinne laufen zu lassen. Den Kursen zum aktuellen Zeitpunkt hinterherzulaufen erscheint riskant.

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3 Kommentare

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  • dschungelgold
    dschungelgold

    Na dann helfen Sie uns doch auf die Spruenge. WIE bitte soll man das verstehen, das ein Produkt gleichzeitig massiv im Preis steigt obwohl alle Lager ueberquellen und es massenhaft verfuegbar ist? Was fuer Denkmuster muss man nun entwickeln? Wahnsinn?

    12:27 Uhr, 05.05. 2016
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Bei der derzeitigen Ueberproduktion auf allen Maerkten bleibt das massive Ansteigen des Preises ein vielliges Raetsel. Zumindest mir. Mit Markt kann das nichts zu tun haben.

    08:35 Uhr, 05.05. 2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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