Kommentar
21:13 Uhr, 07.05.2018

Notenbanken weltweit kaufen kaum noch US-Anleihen. Warum?

Geld regiert die Welt, heißt es. Und wer hat so viel Geld wie die Notenbanken? Niemand. Wer seine Interessen vertreten will, tut dies am besten über Notenbanken.

Erwähnte Instrumente

  • EUR/USD
    ISIN: EU0009652759Kopiert
    Kursstand: 1,19250 $ (FOREX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • US Dollar Index Futures
    Kursstand: 92,59 Pkt (JFD Brokers) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • EUR/USD - WKN: 965275 - ISIN: EU0009652759 - Kurs: 1,19250 $ (FOREX)
  • US Dollar Index Futures - Kurs: 92,59 Pkt (JFD Brokers)

Vor zwei Wochen tauchte ein Schreckenschart auf (Grafik 1). Es geht dabei um den Besitz von US-Staatsanleihen. Das Ausland kaufte jahrzehntelang im großen Stil diese Anleihen. Seit 6 Jahren hat sich aber nicht mehr viel getan. Insbesondere ausländische Notenbanken hielten sich zurück.

Nicht nur werden weniger Anleihen vom Ausland gekauft, sondern sogar verkauft. Zwischen Sommer 2015 und Ende 2016 verkauften Notenbanken 400 Mrd. an US-Anleihen. Ein Teil wurde inzwischen wieder aufgeholt, doch die Frage steht im Raum: Wieso kaufen Notenbanken nicht immer mehr US-Anleihen? Und wer soll die USA finanzieren, wenn nicht die Notenbanken?

Die zweite Frage ist sehr relevant. Ausländische Notenbanken hielten einmal ein Drittel aller US-Staatsanleihen. Dabei geht es um die Anleihen, die tatsächlich auf dem Markt verfügbar sind. Das sind knapp 15 Billionen Dollar. Die Schulden der USA sind höher, allerdings werden 5 Billionen von staatlichen Stellen selbst gehalten.

Die Defizite der USA werden innerhalb kurzer Zeit die Billionenmarke überschreiten. Zusätzlich verkauft die Fed Anleihen. Der Finanzierungsbedarf ist also enorm. Wenn sich Notenbanken nun weigern, ihren Bestand auszubauen, ist das ein Problem. Es ist darüber hinaus ohnehin suspekt, wenn ausländische Notenbanken plötzlich keine Anleihen mehr kaufen. Was geht da bloß vor sich?

Verschwörungstheoretiker hätten an dieser Frage wohl ihre Freude. Es ließe sich ein herrliches Komplott gegen die USA konstruieren. In Wirklichkeit ist die Entwicklung weniger spektakulär. Ein Blick auf die längere Historie (Grafik 2) zeigt, warum.

Ausländische Notenbanken weiten ihren Bestand an US-Anleihen seit Jahrzehnten immer weiter aus. Ende der 70er Jahre hielten sie bereits ein Viertel aller Anleihen. Der Anteil ging bis Mitte der 80er Jahre auf 10 % zurück. Das hatte zwei Gründe. Einerseits kauften Notenbanken so gut wie keine Anleihen mehr, andererseits stieg die Verschuldung der USA stark an.

Zwischen 1996 und 2002 verhielt es sich umgekehrt. Notenbanken kauften kaum Anleihen, doch die Verschuldung ging zurück. Der Anteil stieg daher. Wichtig ist aber, dass Notenbanken bereits zwei Mal eine Pause einlegten, die jeweils 5-6 Jahre dauerte. Jetzt wird wieder eine Pause eingelegt, die seit knapp 5 Jahren andauert.

Wie es der „Zufall“ so will, korrelieren diese Pausen mit einer Aufwertung des Dollars (Grafik 3). Als der Dollar von 1981 bis 1985 stark aufwertete, pausierten Notenbanken ihre Käufe. Das gleiche geschah auch zur Jahrhundertwende und nun wieder seit 2013. Es ist vermutlich auch kein Zufall, dass Notenbanken ab Anfang 2017 wieder US-Anleihen kauften. Damals erreichte der Dollar-Index sein Hoch.

Der Dollar-Index bewegt sich in langen Zyklen, die bis zu einem gewissen Grad mit dem Zinsniveau zu tun haben. Viele Länder haben einen Teil ihrer Schulden in Dollar. Das gilt vor allem für Emerging Markets. Wird der Dollar stärker, verteuern sich die Schulden. Währungen geraten unter Druck. Notenbanken legen ihre Währungsreserven in diesen Zeiten nicht in US-Anleihen an, sondern müssen diese Teils verkaufen, um für Liquidität zu sorgen oder ihre Währungen durch Interventionen zu stützen. Das ist natürlich alles sehr viel weniger spektakulär als die Vermutung, dass hinter der Kaufverweigerung der Notenbanken ein größerer Plan steckt, aber es ist tatsächlich so einfach.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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