Kommentar
08:47 Uhr, 09.09.2017

Niedrige Inflation: Die Globalisierung ist nicht das Problem!

Janet Yellen und Donald Trump haben ein gemeinsames Problem. Gemeinsam lösen werden sie es aber wohl nicht.

Viel verschiedener können zwei Menschen kaum sein. Trotzdem verbindet die Notenbankchefin viel mit Donald Trump. Trump will einen schwachen Dollar, Zölle und eine Mauer zu Mexiko. Yellen will vor allem eine höhere Inflationsrate sehen. Trumps Pläne würden das möglich machen.

Yellen schwebt vermutlich ein anderer Lösungsweg als Trump vor. Sie ist Verfechterin von Freihandel. Trump ist da skeptischer. Am liebsten würde er die Grenzen für so manches Importgut schließen. Solche Maßnahmen – oder zumindest Zölle – erhöhen die Inflation kurzfristig. Sie sind aber letztlich keine wirkliche Lösung.

Freihandel wird für viele Missstände verantwortlich gemacht. Auch eine niedrige Inflationsrate gehört dazu. Durch die Globalisierung ist viel mehr billige Arbeit vorhanden. Unternehmen siedeln sich entsprechend an. Die Preise fallen.

Persönlich kann ich diesem Argument wenig abgewinnen. Man darf nicht vergessen, dass es Länder wie Deutschland gibt, die auf Lohnbasis gegenüber China oder Indien absolut keinen Vorteil haben. Trotzdem ist Deutschland eine der erfolgreichsten Produktionsnationen der Welt.

Löhne mögen in vielen Ländern niedriger sein, doch dafür sind andere Faktoren Mangelware, sei es Kapital oder Infrastruktur. Die Produktivität nimmt bei der Verlagerung in Billiglohnländer ab. Das senkt nicht die Preise, sondern hebt sie an (auf relativer Basis).

Wie dem auch sei, zwischen Globalisierung und Inflation besteht kein offensichtlicher Zusammenhang. Grafik 1 zeigt die zunehmende Globalisierung (Veränderung eines Globalisierungsindex gegenüber dem Vorjahr) und die Inflation. Mal steigt die Inflation mit zunehmender Globalisierung, mal fällt sie.

Globalisierung kann man über den Waren- und Dienstleistungshandel vermutlich am besten auf den Punkt bringen. Grafik 2 zeigt dazu das globale Exportwachstum, die Inflation und den Exportanteil an der Weltwirtschaftsleistung. Mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zeigt sich, dass die Inflation mit zunehmenden Exporten steigt. Dies sagt aus: je mehr gehandelt wird, desto höher die Inflation.

Das ist natürlich nur auf den ersten Blick korrekt. Der Wert der Exporte steigt, wenn die Preise steigen. Das hohe Exportwachstum kann also auch Folge höherer Preise sein und nicht umgekehrt. Dafür zeigt sich aber ein recht klarer Zusammenhang zwischen dem globalen Export- und Wirtschaftswachstum. Auch hier kann man natürlich sagen: das höhere Exportwachstum ist Folge eines schnelleren Wirtschaftswachstums und nicht umgekehrt.

Die meisten Studien deuten eher daraufhin, dass es sich um einen sich selbstverstärkenden Zyklus handelt. Kann ein Land mehr exportieren und steigen so die Einkommen, wird auch mehr importiert. Der globale Handel steigt, das Wachstum zieht weiter an.

Wirtschaftswachstum ist am Ende aller Tage das, was die Nachfrage und damit die Inflation bestimmt. Das Argument, dass mehr Globalisierung zu mehr Wachstum und mehr Inflation führt ist also durchaus berechtigt.

Letztendlich gibt es aber auch noch eine ganz andere Erklärung. Inflation ist und bleibt ein Nachfragephänomen. Je mehr nachgefragt wird, desto eher steigen die Preise. Natürlich ist es auch möglich, dass die Nachfrage steigt, die Preise aber nicht. Das liegt dann einfach daran, dass das Angebot die Nachfrage deutlich übersteigt. Ist das Angebot knapp, kommt es zur Inflation. Haupttreiber der Inflation sind Rohstoffpreise. Sind Rohstoffe knapp, explodieren die Rohstoffpreise und mit diesen auch die allgemeine Inflation. Einen deutlicheren Zusammenhang als in Grafik 4 dargestellt kann man gar nicht konstruieren.

Es gibt Faktoren, die die Inflation niedrig halten. Demographischer Wandel ist ein Faktor. Der Hauptfaktor bleibt allerdings die Teuerung der Rohstoffe. Da kann man analysieren, was man will. Die Sache ist eigentlich ziemlich einfach. Man muss es nur wahrhaben wollen.

Clemens Schmale

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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