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15:57 Uhr, 23.05.2022

Neue US-Wirtschaftsinitiative im Indo-Pazifik: Gegenpol zu China

Der IPEF, der Australien, Indien, Japan, Südkorea und Neuseeland angehören, schließt China vorsätzlich aus, da das Weiße Haus der Ansicht ist, dass Peking die hohen Standards des Abkommens nicht erfüllen kann.

Tokio (Godmode-Trader.de) - Am Montag starteten die USA und ein Dutzend Länder eine Initiative zur Festlegung von Regeln, die 34,7 Bio. Dollar und damit mehr als 40 Prozent der weltweiten Wirtschaftstätigkeit betreffen. Der angesprochene Indo-Pazifische Wirtschaftsrahmen (Indo-Pacific Economic Framework, IPEF) besteht aus vier Säulen, die folgende Ziele zum Inhalt haben: 1. Intensivierung der Handelsbeziehungen in der indopazifischen Region, 2. die globalen Lieferketten zu stärken, 3. Förderung von Infrastrukturinvestitionen und Dekarbonisierung und 3. neue Regeln für Steuern und Korruptionsbekämpfung festzulegen.

Der IPEF, der Australien, Indien, Japan, Südkorea und Neuseeland angehören, schließt China vorsätzlich aus, da das Weiße Haus der Ansicht ist, dass Peking die hohen Standards des Abkommens nicht erfüllen kann.

Der IPEF ist auch kein traditionelles Handelsabkommen, sondern ausdrücklich ein Rahmenwerk. Damit sollen zunächst die Handelsbeziehungen durch den Abbau kostspieliger Handelshemmnisse verbessert werden. Ein Freihandelsabkommen ist es allerdings auch nicht, eine Senkung von Zöllen ist nicht vorgesehen.

Zweitens ist der IPEF in der Frage der Durchsetzbarkeit absichtlich vage gehalten. Die US-Regierung hat noch nicht entschieden, ob der Pakt über ein Streitbeilegungssystem wie das Handelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada verfügen wird oder ob seine Verpflichtungen durch einseitige US-Zölle durchgesetzt werden sollen.

Drittens, und das ist möglicherweise der wichtigste Punkt, gibt es keine Garantie dafür, dass dieses Abkommen nicht einfach gekippt wird, wenn eine neue Regierung die US-Präsidentschaftswahlen 2024 gewinnt. Schließlich waren viele der Unterzeichner des IPEF Mitglieder der Transpazifischen Partnerschaft, aus der der ehemalige Präsident Donald Trump an seinem ersten Tag im Amt ausstieg.

Warum lohnt es sich also, dieser Verhandlung Aufmerksamkeit zu schenken, fragt die Nachrichtenagentur Bloomberg? Die Antwort: Weil für Amerikas pazifische Handelspartner nicht mehr drin ist. Die Regierung Biden hatte keinerlei Interesse an einem Beitritt zum umfassenden Abkommen über die transpazifische Partnerschaft mit 11 Ländern gezeigt. Man wolle „gemeinsam daran arbeiten, eine Wirtschaftsordnung zu schaffen, die in den kommenden Jahren nachhaltiges Wachstum, Frieden und Wohlstand in der Region Indo-Pazifik sicherstellt", sagte Japans Regierungschef Fumio Kishida. Mit dem IPEF will Japans Schutzmacht USA gemeinsam mit den asiatischen Partnerstaaten neue Herausforderungen wie die Gewährleistung sicherer Lieferketten angehen.

Die Initiative kann auch einige greifbare Vorteile für Unternehmen bringen, indem sie die Transparenz erhöht und nichttarifäre Hemmnisse abbaut, die indirekte Formen des Marktzugangs darstellen können. Und schließlich kann der Rahmen dazu beitragen, den wirtschaftlichen Einfluss Amerikas im asiatisch-pazifischen Raum zu vertiefen, während China mit seiner Regionalen Umfassenden Wirtschaftspartnerschaft aktiv die Handelsregeln des 21. Jahrhunderts dominiert.

Ohne eine handels- und wirtschaftspolitische Agenda der USA könnte Experten zufolge im asiatisch-pazifischen Raum eine Lücke aufklaffen, die sofort von China ausgefüllt wird. Was Peking von der Initiative hält, machte Außenminister Wang Yi deutlich. Er sagte, die indo-pazifische Strategie der USA sei „zum Scheitern verurteilt".

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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