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11:29 Uhr, 07.03.2019

Neue Konjunkturhilfen: Schlittert China tiefer in die Schuldenfalle?

Im Kampf gegen die Konjunkturabkühlung will die politische Führung nun den Binnenkonsum stärken. Doch neue Maßnahmen treiben nur die Neuverschuldung an. Diese isr bereits in exorbitante Höhen geklettert.

Peking (Godmode-Trader.de) - Die Wirtschaftslage in China ist ernst. Premierminister Li Keqiang liefert nach den schlechtesten Wachstumsprognosen seit vielen Jahren auf dem Volkskongress in Peking einen überraschend skeptischen Regierungsbericht ab. Die Wirtschaftsleistung soll dieses Jahr nur noch zwischen 6,0 und 6,5 Prozent zulegen. Dies ist weltweit zwar immer noch eine der stärksten Wachstumsraten. Es wäre aber der schwächste Anstieg seit 30 Jahren.

Im Kampf gegen die Konjunkturabkühlung will die politische Führung nun den Binnenkonsum stärken. Dazu wolle die Regierung die Einkommen im städtischen und ländlichen Raum steigern, kündigte der Vizepräsident der staatlichen Planungsbehörde NDRC, Ning Jizhe, auf einer Pressekonferenz am Rande der Jahrestagung des Volkskongresses am Mittwoch in Peking an. Es werde erwartet, dass die Inlandsnachfrage in diesem Jahr anziehe. Man sei daher zuversichtlich, dass China das von der Regierung ausgegebene Ziel beim Wirtschaftswachstum erreichen werde.

China macht der Handelsstreit mit den USA zu schaffen. Vor allem die Außenwirtschaft leidet unter dem Zollfiasko. Im vergangenen Jahr hatte sich das Wachstum auf 6,6 Prozent abgekühlt. Daher setzte Peking zuletzt auf eine fiskalische und steuerliche Lockerung: Laut Zahlen der Zentralbank vergaben Chinas Banken im Januar Kredite in Rekordhöhe von fast 480 Mrd. Dollar - nach Informationen des „Handelsblatts“ fast sechs Prozent mehr als im Vorjahresmonat und fast das Dreifache der 160,8 Milliarden Dollar, die im Dezember 2018 vergeben wurden. Das wiederum hat am Markt Sorgen geschürt, dass die auf 34 Bio. Dollar gestiegene Gesamtverschuldung des Landes ohne Hemmungen weiter geführt wird.

Die chinesische Führung nimmt also auch geringere Wachstumsraten gerne in Kauf, um einer noch höheren Neuverschuldung zuvorzukommen. Doch um das gegenwärtige Niveau in etwa zu halten, hat die Regierung zuletzt immer wieder den Geldhahn aufdrehen müssen. Die Regierung erhöhte beispielsweise die Ausgaben für Infrastrukturprojekte, lockerte die Vorgaben für die Kreditvergabe und senkte die Reserveanforderungen für Banken. Außerdem sollen Privatunternehmen entlastet werden. So berichtete Bloomberg am Montag, dass China den Mehrwertsteuersatz für das verarbeitende Gewerbe um drei Prozentpunkte senken will. Die Maßnahmen dürfte ihre Wirkung nicht verfehlen und u. a. den Binnenkonsum stärken, doch die Neuverschuldung wird dadurch weiter in die Höhe getrieben.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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