Kommentar
09:27 Uhr, 14.05.2015

Neue Geldflut im Anmarsch?

Bisher enttäuschte 2015, was das weltweite Wirtschaftswachstum angeht. Einige Staaten dürften jetzt nervös werden und durch Zinssenkungen und Staatsausgaben die Konjunktur ankurbeln.

Die Nervosität ist groß, vor allem in Asien. Die ganze Region bekommt die Verlangsamung des chinesischen Wachstums zu spüren. Die Exporte entwickeln sich negativ, nicht nur in China, sondern auch in den Nachbarstaaten. Chinas Exporte sind von der Entwicklung in den USA und Europa getrieben. Viele der Nachbarstaaten sind hingegen bei ihren Exporten auf China angewiesen. So geht etwa ein Drittel der Exporte Südkoreas nach China. Ähnliche Werte gelten auch für Taiwan. Ein Fünftel der japanischen Exporte gehen nach China. 29% sind es für Australien und 13% für Indonesien.

Alle diese Länder sind von der Abkühlung der chinesischen Wirtschaft betroffen. Die Importe Chinas fielen in diesem Jahr in den ersten 4 Monaten um über 10%. Für die Exportländer Australien, Japan, Korea, Indonesien usw. ist das ein schwerer Schlag. In Australien machen die Exporte etwas weniger als 20% der Wirtschaftsleistung aus. Sollte sich der momentane Trend fortsetzen und China im Gesamtjahr ca. 10% weniger einführen, dann drückt das das australische BIP Wachstum in diesem Jahr um ungefähr 0,5 Prozentpunkte.

Südkoreas Wachstum könnte durch den Rückgang der Importe nach China um über einen Prozentpunkt geringer ausfallen. In Taiwan läge der Wert bei ca. 0,75%. Für die meisten Länder bedeutet das, dass das Wachstum in diesem Jahr um 20 bis 25% geringer ausfallen wird.

Der weltweite Handel ist für viele Länder eine wichtige Stütze der Wirtschaft. Gibt es dort Probleme, dann wirkt sich das sofort auf die Gesamtwirtschaft aus. 2015 zeigt bisher keine besonders schöne Entwicklung. Die Grafiken zeigen die Import- und Exportentwicklung der letzten Jahre für einige, ausgewählte Länder. Die Werte für 2015 ergeben sich aus der Annualisierung der bisherigen Werte in diesem Jahr. Für die meisten Länder sind Daten für das erste Quartal 2015 verfügbar. Für China gibt es sogar 4 Monate. Nutzt man einfach diese Daten so wie sie sind und annualisiert sie, dann ergibt sich die in den Grafiken dargestellte Entwicklung.

Die Entwicklung ist alles andere als dynamisch. Außer den USA und Australien zeigen sehr viele Länder eine Stagnation oder einen Rückgang der Importe. Bei den Exporten sieht das nicht anders aus. Es sieht ganz so aus, als würde der weltweite Handel in diesem Jahr nur minimal wachsen. Beeinflusst wird diese Entwicklung maßgeblich von China. Hier muss man die Flinte noch nicht sofort ins Korn werfen. Das erste Quartal ist für gewöhnlich generell schwach, was an den vielen Feiertagen liegt. Nun wurden allerdings vergangene Woche die Aprildaten veröffentlicht und die waren nicht besser.

Australiens Notenbank senkt seit Monaten die Zinsen immer weiter. Seit 2012 haben sie sich mehr als halbiert. Genau die gleiche Tendenz gibt es in Südkorea. Japan muss man gar nicht erwähnen. Hier konnten die offiziellen Leitzinsen kaum noch gesenkt werden, sodass die Notenbank das größte jemals gestartete Anleihenkaufprogramm aufsetzte.

Der gesamte asiatische Raum, inklusive Australien, setzt auf Zinssenkungen. Das soll die Währungen schwächen und den Export beleben. Da alle Länder die gleiche Idee haben kommt unterm Strich nicht viel dabei herum, zumal alle die Hoffnung haben, dass die Exporte nach China wieder anziehen. China hat momentan allerdings andere Probleme als durch Importe ganz Asien über Wasser zu halten. Der chinesische Wirtschaftsmotor stottert nicht nur, er ist kurz davor abzusterben. Der Immobilienmarkt bereitet immer noch Sorgen. Trotz Zinssenkungen kommt der Markt nicht in Gang. Die Preise stagnieren. Das Wirtschaftswachstum ist im ersten Quartal auf 7% gefallen. Ohne Gegenmaßnahmen sollte es ich auf 6% bis Jahresende abschwächen. Die chinesische Regierung würde ihr 7% Wachstumsziel wohl verfehlen.

6 bis 6,5% Wachstum sind immer noch eine ganze Menge. Inzwischen fragt man sich allerdings schon, woher dieses Wachstum überhaupt noch kommt. Die Exporte waren bisher immer ein wichtiger Treiber des Wachstums. Diese sind derzeit jedoch bestenfalls stabil, wenn nicht sogar rückläufig. Gleichzeitig versinken die lokalen Regierungen in Schulden. Banken weigern sich die Schulden zu refinanzieren, da die Regierungen maximal 4% Zinsen zahlen wollen. 4% Zinsen decken so gerade noch die Kapitalkosten der Banken. Es macht für sie wenig Sinn für eine Marge von 0% hohe Kreditsummen zur Verfügung zu stellen, zumal die Schulden als Anleihen mit 10 Jahren Laufzeit begeben werden sollen.

Eine Lösung für das Schuldenproblem ist noch nicht endgültig gefunden. Bisher sind unterschiedliche Varianten bis hin zum Kauf der Anleihen durch die Entwicklungsbank im Gespräch. Der Markt hat sich über die Möglichkeit einer direkten Staatsfinanzierung über die Druckerpresse kaum aufgeregt. Wahrscheinlich ist man aufgrund der diversen Anleihenkaufprogramme inzwischen abgehärtet. Wenn ein Regime jedoch die Notenpresse braucht, um Schulden zu refinanzieren und um weiteres Geld in die Wirtschaft zu pumpen, dann ist die Wirtschaft meist schon über die Klippe.

Die Währung eines solchen Landes würde im Normalfall stark abwerten. In China ist das anders. Obwohl Kapital aus dem Land flieht, bleibt der Yuan Kurs relativ stabil. Die Notenbank scheint die Währung zu stützen, um Kapitalflucht zu verhindern (oder zu verdecken). Die Notenbank wird in den kommenden Monaten viel zu tun haben, denn eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht. Sollte die Notenbank in größerem Stil intervenieren müssen, um den Wechselkurs zu verteidigen, dann könnte indirekt Druck auf die Rendite von US Anleihen ausgeübt werden. China ist einer der größten Halter von US Staatsanleihen. Braucht das Land Dollar, um die eigene Währung stabil zu halten, würden Teile der Assets (Anleihen) verkauft werden.

Wir dürfen gespannt sein, was passiert. Momentan sieht es so aus, als würde die Politik des billigen Geldes in Asien mit großer Freude adaptiert. Sofern sich China weiter abkühlt, dürfte die Lage hochinteressant werden. Es ist sogar vorstellbar, dass Länder wie Südkorea ein eigenes QE Programm auflegen. Spätestens dann eskaliert wohl der Währungskrieg. Erleben wollen wir das nicht, die Wahrscheinlichkeit dafür ist jedoch gar nicht einmal so gering.

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    China hat Schnupfen, sollte sich dieser zu einer handfesten Grippe entwickeln, werden die Folgen weltweit zu spüren sein. Besonders delikat ist die Situation durch eine aktuell schwächelnde US-Wirtschaft, die eventuell kurz vor einer Rezession steht. Man darf gespannt sein, mit welchen Maßnahmen die Problemlösung versucht wird

    22:29 Uhr, 14.05.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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