Kommentar
07:51 Uhr, 27.07.2017

Nächste Aktienmarktrally: Sponsored by Bank of Japan

Vergangene Woche waren alle Augen auf Mario Draghi und die EZB gerichtet. Die viel größere Show gab es allerdings in Japan.

Große Neuigkeiten wurden eigentlich von der EZB erwartet. Diese kamen nicht. Das Thema Tapering, also Verringerung der monatlichen Anleihekäufe, wurde konsequent nicht diskutiert. Den Euro hat das nicht gekümmert. Er stieg trotzdem. Obwohl die Aussage der EZB äußerst zahm und auf weiterhin lockere Geldpolitik getrimmt war, reagierte der Markt, als hätte Draghi genau das Konträre gesagt.

Der Markt ist sich also inzwischen sicher: die EZB wird bis Ende des Jahres das Ende von QE verkünden. Da kann Draghi auf und niederspringen wie er will. Kommt es so wie erwartet, wird der japanischen Notenbank zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die BoJ ist aller Wahrscheinlichkeit nach ab Mitte oder Ende 2018 die einzige große Notenbank, die noch hunderte Milliarden in den Markt pumpt.

Bei der BoJ gibt es keine Anstalten das Ende von QE einzuläuten. Das wurde vergangene Woche noch einmal unterstrichen. Dabei geschah auch etwas durchaus Unterhaltsames. Das Inflationsziel, welches bei 2 % liegt, soll „demnächst“ erreicht werden. Das gilt seit Beginn der lockeren Geldpolitik.

Als die BoJ das Inflationsziel im Jahr 2013 auf 2 % anpasste, hätte es ursprünglich im Herbst 2014 erreicht werden sollen. Die Inflation lag damals dann tatsächlich bei 0.8 %. Schnell wurde klar, dass das Datum nicht zu halten ist. Das Datum wurde auf Ende 2015 verschoben. Die Inflation lag dann Ende 2015 tatsächlich bei 1.1 %.

Ende 2014 wurde das Datum erneut verschoben, diesmal auf Ende 2016. Ende 2016 lag die Inflation bei 0.2 %. Aktuell läuft das jüngste Datum für das Erreichen von 2 % ab. Die Inflationsrate liegt derzeit bei 0 %. Da das Erreichen immer noch nicht realistisch erscheint, wurde das Datum vergangene Woche erneut verschoben. Vermutlich werden 2 % nun Ende 2019 erreicht. Wer’s glaubt...

Inzwischen muss man das Inflationsziel als Makulatur oder Scherz ansehen. Das Zieldatum wurde zum sechsten Mal verschoben (Grafik 1). Ernst nehmen kann man das nicht mehr. Immerhin bedeutet das Versagen der Notenbank, dass in den kommenden Jahren nicht mit geldpolitischer Straffung gerechnet werden muss. Der Markt wird weiterhin mit viel Liquidität versorgt werden.

Derzeit steigen die Zinsen weltweit. Die Inflation ist gleichzeitig in einigen Regionen wieder rückläufig. Der Wechselkurs von Währungen bestimmt sich generell an der Realzinsdifferenz. Das kann für Japan ein Segen sein. Gelingt es der BoJ die Rendite 10-jähriger Anleihen im Bereich von 0 % zu halten während weltweit die Realzinsen steigen, so dürfte der Yen vor einer neuerlichen Abwertung stehen (siehe Grafik 2). Für japanische Aktien und Exporte sind das positive Aussichten.

Bedingung für das Szenario ist, dass es der BoJ gelingt ihre Zinskontrolle aufrecht zu erhalten. Meint sie es damit ernst, muss sie ihre Anleihekäufe sogar möglicherweise wieder ausdehnen.

Es ist gut möglich, dass der japanische Aktienmarkt in den kommenden Jahren zum Outperformer wird. Der stärker werdende Euro belastet den Markt in Europa. Der US-Aktienmarkt ist bereits extrem hoch bewertet. Die Luft wird dünner. Japans Markt kann hingegen von einer anhaltenden Liquiditätsflut und Abwertung der Währung profitieren. Ohne eine Veränderung der Geldpolitik kann die BoJ zum großen Sponsor der nächsten Rallye werden – nicht global, aber immerhin in Japan.

Clemens Schmale

Sie interessieren sich für Makrothemen und Trading in exotischen Basiswerten? Dann folgen Sie mir unbedingt auf Guidants!

Eröffne jetzt Dein kostenloses Depot bei justTRADE und profitiere von vielen Vorteilen:

  • 25 € Startguthaben bei Depot-Eröffnung
  • ab 0 € Orderprovision für die Derivate-Emittenten (zzgl. Handelsplatzspread)
  • 4 € pro Trade im Schnitt sparen mit der Auswahl an 3 Börsen & dank Quote-Request-Order

Nur für kurze Zeit: Erhalte 3 Monate stock3 Plus oder stock3 Tech gratis on top!

Jetzt Depot eröffnen!

11 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • trunki
    trunki

    Wenn die Kaufkraft der Masse durch unzureichende Entlohnung/Beteiligung an den wirtschaflichen Erfolgen sinkt,, kann die Notenbank Anleihen und Aktein kaufen soviel sie will, Sie wird keine Inflation erzeugen können. Sie erreicht nur einen sukzessiven Vertrauensverlust, wenn Sie versucht Gläugiberansprüche mit neuen Zahlen aus dem Computer zu befriedigen wo keine Werte vorhanden sind. Die Reise nach Jerusalem ist längst im Gange und die 90% haben nicht einmal bemerkt dass ihnen der Stuhl längst weggezogen wurde, dafür braucht es gar keine Inflation. Aber der Glaube versetzt bekanntlich Berge (LOL)

    Inflation steigt wenn Investitionen und Löhne steigen und in der Folge sich die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erhöht.

    Seit Jahren aber sinkt die Umlaufgeschwindigkeit als Folge der Vermögenskonzentration. Preissteigerungen lassen sich nur noch von Oligopolen und vor allem Monopolisten durchsetzten, hier aber richtig. Der Rest bleibt früher oder später auf seinem Dreck sitzen. Dann kommt der deflationäre Schock und der ist bei einer seit 2008 um mindestens 40% gestiegenen VErschuldung schlimmer als jede Inflation jemals sein kann.

    Das ganze Geld aus QE landet bei immer denselben Klientel und wird dadurch fast nicht Nachfrage relevant. Gleichzeitig sinken die Reallöhne von immer mehr Menschen in den Industriestaaten und dmit ihre Kaufkraft.

    Autos kaufen keine Autos - auch keine Autos mit Elektro oder Wasserstoffantrieb.

    Aber führen wir weiter Scheindisskussionen, während ein paar wenige mit Hilfe dummer, williger Helfershelfer gerade die komplette Gesellschaft sowohl in der EU als auch in Amerika (Nord-und Südamerika) ausraubt.

    12:59 Uhr, 27.07. 2017
  • Morningstar
    Morningstar

    Wie letztendlich der Begriff der Inflation definiert und berechnet wird ist m.E. sekundär. Die Frage die sich mir stellt, ist vielmehr warum mit aller Macht versucht wird weltweit das magische Inflationsziel zu erreichen, oder ob es nur als Deckmantel dient um den Status Quo unseres geliebten Kapitalsystems aufrecht zu erhalten, welches unter einer massiven Überschuldung der Staatsapparate leidet. Man betrachte sich die Entwicklung der Staatsverschuldung der EU, JP und der USA und kommt unweigerlich zu der Vermutung, dass ohne massivste ZB Interventionen das System bereits zusammengebrochen wäre. Da aber letztendlich aufgrund der Zero Interest Policy der ZB die Staaten sich ihres Zinsdienstes quasi entledigt haben, versuchen sie sich nun noch der überbordenden Verschuldung mittels Inflation zu entledigen. Das ist der größte Zock der Geschichte, aber es gibt keine Alternative mehr, weil mit steigenden Zinsen JP, ITA, ESP nicht mehr in der Lage sind ihre Zinslast zu bedienen. Wir können über ZB klagen wie wir wollen, aber dort sitzen keine Volltrottel ohne Ahnung, ganz im Gegenteil. Wenn dieser Tanker sinkt, haben wir ein globales Fiasko, einen Vorgeschmack hatten wir 2008.

    12:06 Uhr, 27.07. 2017
  • 1 Antwort anzeigen
  • 2 Antworten anzeigen
  • Bigdogg
    Bigdogg

    Japan ist der größte Pleitegeier des Planeten - kann sein, dass es die Aktien trotzdem steigen, aber für mich ist das kein sinnvolles Investment

    09:58 Uhr, 27.07. 2017
  • thomas84
    thomas84

    Nikkei kommt massiver Sell off

    07:56 Uhr, 27.07. 2017
    1 Antwort anzeigen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten