Kommentar
20:52 Uhr, 23.05.2014

Mit Rohstoffen gegen Inflationsgespenster

Das Gespenst der Inflation geht schon seit einiger Zeit nicht mehr um. Aber vielleicht wiegen sich die Anleger, eingelullt von moderaten Preissteigerungen und der lockeren Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken, zu sehr in Sicherheit. In den USA und bei Rohstoffen zeigen sich nämlich wieder vermehrt Inflationstendenzen, gegen die sich Investoren frühzeitig wappnen sollten.

Die Konjunkturflaute infolge der geringen Kapazitätsauslastung, die anhaltende strukturelle Arbeitslosigkeit und das nur langsame Kreditwachstum waren in den vergangenen Jahren plausible Argumente, die gegen eine Inflation sprachen. Heute steht die Weltwirtschaft allerdings weitaus besser da. Viele Probleme haben sich gelöst und systemische Risiken befinden sich unter Kontrolle. Die USA, wo die Notenbank Fed das Ende ihrer lockeren Geldpolitik angekündigt hat, sind derzeit das beste Beispiel dafür, wie die Zentralbankpolitik der konjunkturellen Erholung angepasst wird. Zwar ist offensichtlich, dass dem Aufschwung nach wie vor Hürden im Weg stehen, wie zum Beispiel die höhere strukturelle Arbeitslosigkeit in den USA. In Anbetracht des bestehenden Missverhältnisses zwischen vorhandenen und geforderten Berufsqualifikationen wird daran voraussichtlich auch die Fed leider nichts ändern können. Allerdings hat die Verringerung der sogenannten Arbeitslosigkeitslücke – die Differenz zwischen der tatsächlichen und der inflationsstabilen Arbeitslosenquote (NAIRU) – bereits Lohnsteigerungen ausgelöst. So ist in den USA der Durchschnittsstundenverdienst für Produktionsarbeiter und Angestellte ohne Führungsaufgaben seit Ende 2012 ständig gestiegen – zuletzt auf ein Niveau, das um mehr als 2,4 Prozent über dem Vorjahreswert lag. Zudem kam in mehreren Branchen wie zum Beispiel in der High-Tech-Industrie, im Maschinenbau, in der Rechnungslegungsbranche, in hochwertigen Herstellungsindustrien und in bestimmten Bereichen des Baugewerbes Lohndruck auf

Konjunkturmotor in den USA läuft rund

Die amerikanische Konjunktur kommt immer mehr auf Touren. Ein Beleg dafür ist die Kapazitätsauslastung in der Industrie, die sich von ihrem Tiefstand von 66,9 Prozent im Juni 2009 erholt hat. Im März 2014 betrug dieser Wert 79,2 Prozent, was sich nahe am durchschnittlichen Kapazitätsauslastungsgrad von 80,1 Prozent befindet, der von 1972 bis 2013 verzeichnet wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Auslastung weiter steigen wird, vor allem angesichts der auf eine starke konjunkturelle Entwicklung hinweisenden Frühindikatoren und der Daten des Cass Freight Index, der die Trends der Transport- und Logistikaktivitäten in Nordamerika misst. Demzufolge bleiben Frachtvolumina und Frachtausgaben hoch, insbesondere im Vorjahresvergleich. Grund dafür ist der Wachstumstrend der Fertigungs- und Produktionsbranche. Die Frachtausgaben erreichten laut dem Cass Freight Index im März den zweithöchsten Stand der letzten vier Jahre.

Aussicht auf höhere Rohstoffnotierungen

Auch die jüngsten Preisentwicklungen bei Rohstoffen deuten auf eine Trendwende hin, denn die seit 2011 rückläufigen Preise beginnen wieder zu steigen. Ein nützlicher Indikator für die Kassakurse – die jeweils aktuellen Preise – von Rohstoffen ist der CRB All Materials Index, der die Kurse zahlreicher Rohstoffe erfasst, darunter diejenigen für Kupfer-, Blei- und Stahlschrott, Baumwolle, Mais, Butter und Schweine. Der jüngste Anstieg dieses Indexes von fast fünf Prozent im Jahresvergleich deutet auf höhere Verbraucherpreise im laufenden Jahr hin.

„Commodities“ könnten wieder in Mode kommen

Angesichts der Kombination aus steigendem Lohndruck, anziehender Konjunktur und höheren Rohstoffpreisen ist ein Kostenanstieg absehbar, der auf die Inflation durchschlagen dürfte. Dies, sowie die rückläufige Korrelation zwischen den Anlageklassen, ist aus Anlegersicht relevant. Investoren, die gegenwärtig die Rohstoffmärkte eher meiden, werden wohl nicht darum herumkommen, ihr Engagement im Rahmen der strategischen Allokation erhöhen.

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