Kommentar
17:46 Uhr, 09.11.2016

Mit diesem Trick wurde der Trump-Sieg korrekt vorausgesagt

Der Ausgang der Wahl in Amerika macht fassungslos - nicht in Bezug auf den neuen Präsidenten, sondern die absolute Unfähigkeit des Marktes neue Realitäten zu antizipieren.

Die Renditen für Treasuries haben im Rahmen der Wahl-Turbulenzen einen Sigma-3-Move vollzogen, Gold zuckte mit Sigma-4 im Chartbild umher und der Mexikanische Peso kollabierte mit kosmologischen Sigma-15 (siehe Chart).

Zur besseren Einordnung - unser Universum ist selbst für eine “schwächliche” Sigma-8-Bewegung noch viel zu jung, um auch nur ein einziges Event wahrscheinlich zu machen, und ein Sigma-15 ist entzieht sich damit sowieso jeder Vorstellungskraft.

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Der Glaube an die seherische Kraft der Märkte ist spätestens seit dem Brexit oder dem Ölpreisverfall irreparabel beschädigt, aber woran lag im spezifischen Fall der US-Wahl der Hund begraben?

Wie die letzte Nacht schmerzlich bewiesen hat, haben sich Wall Street und Medien in einem Paralleluniversum eingerichtet, welches nichts mit der Realität “auf der Straße” gemein hatte und hauptsächliche Schuld trägt ohne Wenn und Aber das epische Umfragendesaster.

Alle lagen sie - teilweise grotesk - daneben und generierten aus Hillary Clinton einen Scheinriesen der in der Wahlnacht zu einem Zwerg schrumpfte, der nicht mal in der Lage war seinen Anhängern im Angesicht Niederlage entgegenzutreten.

Haben alle Umfragen versagt? Nein! Eine unbeugsame Consulting-Firma im Bundesstaat Georgia warf sich bis zuletzt der kollektiven Phalanx aus Meinungsforschern entgegen, und lag schlussendlich goldrichtig mit ihrer Vorhersage: Die Trafalgar Group.

Das Unternehmen um CEO Robert Cahaly setzte mit der gewagten Wette auf Trump ganz bewusst die eigene Zukunft auf das Spiel und riskierte entweder im grenzenlosen Spott unterzugehen, oder sich ganz oben zu etablieren.

Worin lag das Geheimnis von Trafalgar? Erstens wurde die Umfrage auf 1-2 Minuten reduziert, und zweitens fragte man den Umfrageteilnehmer unauffällig über die politische Einstellung seiner Nachbarn aus.

Mit diesem brillanten Kniff gab man dem Befragten - ohne dass dieser sich dessen bewusst war - die Möglichkeit seine politische Präferenz verpackt als die Meinung eines anderen auszudrücken, und minimierte dadurch seine Stigmatisierung.

Der Unterschied den diese unscheinbare Technik machte war gewaltig: In Pennsylvania steigerten sich dadurch beispielsweise die Werte von Trump um 4,4 Punkte, in Michigan um 3,6 Punkte.

Entgegen der Leugnung durch die Mainstream-Presse, existierte also tatsächlich ein großer Pool an Trump-Wählern, der sich bis zuletzt nicht zu erkennen gab. Laut Cahaly ist dies damit zu erklären, dass die Medien, wie auch Hillary Clinton, über den gesamten Wahlkampf nicht nur Donald Trump selbst, sondern auch seine Wähler systematisch attackiert und degradiert haben:

“When is the last time in a presidential race when the candidate’s supporters are called ’deplorable,’ ’racist,’ ’ignorant‘?”

Die Angst vor Stigmatisierung war ganz real, und wurde durch den extremen “Groupthink” des gesamten Medien-Komplex verstärkt, ja vielleicht sogar erst ausgelöst.

Für mich persönlich ergeben sich aus der letzten Nacht eine Lehre und ein Fragezeichen.

Die Lehre: Medien, welche sich in erster Linie als erzieherische Institutionen sehen und ihre Objektivität - so schmerzhaft sie auch sein mag - vernachlässigen, beugen die Wahrheit und erschaffen “Unintended Consequences”. Meiner Meinung nach hätte Donald Trump vielleicht sogar verhindert werden können, wenn die Presse seine Wähler nicht in den “Untergrund” getrieben hätte. Die tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse wären dann nämlich nicht maskiert worden, und die Clinton-Kampagne hätte sich darauf bei Zeiten einstellen können.

Das Fragezeichen: Aus der Vergangenheit die Zukunft ableiten zu wollen ist in umbrüchigen Zeiten eine Schönwetterveranstaltung, und ja, auch Umfragen sind aufgrund ihrer verwendeten Multiplikatoren viel stärker rückwärts gewandt als es oft den Anschein hat. In welchen Realitätsblasen schweben die Märkte denn sonst eigentlich noch so? Was ist der nächste Trend der zur Stunde verschlafen wird und wo hängt der Hammer der als nächstes auf die Köpfe der Investoren herabsaust, weil zu viel Vertrauen in nicht mehr funktionierende Modelle gesteckt wird anstatt "out of the box" zu denken?

Wenn Sie sich für Makrothemen mit Fokus USA interessieren sind Sie bei mir genau richtig. Ich lebe in den Vereinigten Staaten und beobachte dort sehr genau die Börsen-Szene.
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13 Kommentare

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  • Chronos
    Chronos

    Naja, Michel Moore hat es imho besser beschrieben.

    Zu dem sagt hinterher immer einer, er wusste es.

    Trump wurde sicher auch durch Simpsons "gestützt".

    Wir wollen doch bitte mal nicht vergessen, das mit Hillary Syria zum Dritten Weltkrieg

    eskalieren könnte. Die Yankees interessiert das nicht, es ist aber vor unserer

    Haustür in Europa. Trump dürfte Ukraine, wie Georgien, fallen lassen.

    Alles was nur Kosten verursacht fliegt raus oder wird der EU in Rechnung gestellt.

    09:24 Uhr, 10.11. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • Jason
    Jason

    Das Übel unserer Zeit. Medien die nicht die Wirklichkeit spiegeln. Ich dachte eigentlich, dass hatten wir 1989 abgeschafft.

    08:59 Uhr, 10.11. 2016
  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    Der englische Journalist Iain Martin (unter anderem ex WSJ Europe) kommentiert das Umfragedesaster auf Twitter folgendermaßen:

    "This result finally destroys the big data number-crunching at expense of all else approach. Back to ideas, and talking to people."

    Der Tweet bringt es meiner Meinung nach treffend auf den Punkt.

    20:17 Uhr, 09.11. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • amateur
    amateur

    ...sehr interessant...vielen Dank...Ein Musterbeispiel, wie die Mainstream-Presse "zu funktionieren hat" und somit (bewusst) im Vorfeld solcher Wahlen manipulieren versucht...

    19:54 Uhr, 09.11. 2016
  • moneymaker22
    moneymaker22

    Super Artikel, Daumen Hoch :-)))))

    19:00 Uhr, 09.11. 2016
  • anders
    anders

    Meinen Dank, wirklich informativ!

    Eine europäische Version bezüglich Punkt 1 ist auch nicht zu leugnen, fraglich nur, ob die verantwortlichen Eliten hier zu Lande lernfähig sind.

    18:48 Uhr, 09.11. 2016

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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