Kommentar
08:20 Uhr, 23.03.2016

Megatrend Smart Cities!

Schon seit dem 18. Jahrhundert drängt es die Menschen immer mehr in die Städte. Mit zunehmender Industrialisierung und immer geringerem Bedarf an Mitarbeitern in der Landwirtschaft spielten die Städte ihre Vorzüge aus.

Diese Urbanisierung wurde immer mal wieder von Wellen unterbrochen, in denen die Menschen sich einerseits nach den Segnungen der Stadt, zugleich aber den Vorteilen des etwas ruhigeren außerstädtischen Lebens gesehnt haben. In diesen Phasen wuchsen die Vorstädte und das Umland der Städte besonders deutlich. Seit 2008 leben erstmals mehr Menschen in Städten als auf dem Land und dieser Trend wird sich weiterentwickeln.

Besonders ein Umstand wird hier eine neue sprunghafte Beschleunigung mit sich bringen: Die Entwicklung von Smart Cities. Was zunächst sehr abstrakt klingt, wird schnell greifbar, wenn man sich die heutigen Nachteile der großen Städte ansieht. Der größte Nachteil der Stadt ist zweifellos der dichte Verkehr und die damit einhergehenden Belastungen. Lärm, Abgase, Parkplatzsuche und Stau. Ich wohne seit Jahrzehnten im ländlichen Raum und pendle in die Stadt. Jedesmal bin ich fasziniert davon, wieviel Zeit man im Verkehr stehend zubringen kann, um wenige Kilometer in der Stadt zurückzulegen. Zu Hause steige ich ins Auto ein, fahre los und halte in der Regel erst am Ziel wieder an. Kaum Ampeln und schon gar keine Warteschlangen.

Aber zumindest der Bereich Lärm und Abgas wird sich in wenigen Jahren grundlegend verändern. Mit dem Elektroantrieb wird die Lebensqualität in den Städten sprunghaft ansteigen. Innenstadtlagen an Verkehrsadern – heute eher gemieden – werden bald begehrteste Wohnlagen sein. Industrie ist in der modernen Stadt ohnehin kaum noch zu finden, sie bevorzugt die Großflächigkeit der ländlichen Vororte. Ohne den Verbrennungsmotor werden die Städte weiter ihre Stärken ausspielen können und dabei den größten Negativfaktor abgelegt haben. Die kurzen Wege zwischen Wohnen, Arbeit, Einkauf und Kultur werden entscheidend sein.

Die Möglichkeiten der modernen Technik werden weitere neue Aspekte pro-Stadt generieren. Die Vernetzung der Stadt mit all ihren Komponenten birgt Optimierungsmöglichkeiten, die sich bislang nur erahnen lassen. Dass sich damit auch immer mehr Orwellsche Realität ergibt, ist die Kehrseite der Medaille. Man kann sicherlich davon ausgehen, dass es eines Tages auch wieder eine Flucht aus der Stadt aufs Land geben wird, nämlich derer die dieser Segnungen der Moderne überdrüssig sind und mit weniger Vernetzung und Kontrolle, dafür selbstbestimmt auf dem Land leben wollen, soweit das noch möglich sein wird.

Aber davon unberührt ist der Trend zur komplett vernetzten Smart City nicht aufzuhalten. Das wird sich auf zahllose Details auswirken. Vernetzte Straßenbeleuchtung mit diversen Sensoren, Sensorfahrbahnen für einen optimierten Verkehrsfluss der selbstfahrenden Elektroautos, minimierte Schadstoffbelastung, vernetzte und dadurch optimierte Müllentsorgung, Stromversorgung und Steuerung des öffentlichen Verkehrs.

Aber auch in der Verwaltung der Kommunen ist einiges in Bewegung geraten. Auch wenn heute noch staubige Amtszimmer mit oft ineffizienten Strukturen dominieren, der Trend zum digitalen Rathaus ist in vollem Gange. Ein Milliardenmarkt für entsprechende Lösungsanbieter, denn Lösungen werden dringend benötigt. Dazu kommen die Hersteller aller Arten von Sensortechnik, digitaler Infrastruktur und Mobilfunkentwickler. Die Stadt wird bis in den letzten Winkel optimiert und so auch ihre Bewohner. Ob uns das einem glücklicheren Leben näher bringt!? Geht die Individualität, die unglaubliche Vielfalt des Menschen verloren?

Wer weiß. Es ist der Weg, den die Menschheit heute geht. Den Weg, der uns zwangsläufig auch zur Smart City mit all ihren Vorzügen und Nachteilen führt. Gehen wir ihn weiter, aber bleiben wir skeptisch … und schließlich gibt es ja noch die ländliche Region, in die man sich zurückziehen kann, wenn die Hektik der modernen Städte zu viel wird.

Mit den besten Grüßen

Ihr Dirk Müller

Börsenhändler an der Frankfurter Wertpapierbörse

P.S. "Smart Cities" ist eines unserer aktuellen Trendthemen in meinem Börsenbrief "Cashkurs*Trends".

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5 Kommentare

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  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    ... in Karl-Marx-Stadt will halt keine Sau leben ... ;-)

    08:29 Uhr, 24.03.2016
  • Actarus
    Actarus

    Willkommen in Chemnitz... nie Stau, 10 min zum Zentrum, 1 St nach Leipzig und Dresden, 2 St. nach Prag und 2,5 nach Berlin.. und 1 St. zum Skifahren...sofort Kiga Plätze, renommiertes sächsisches Abi, wenig Schulden im Freistaat, billiges Bauland...

    12:04 Uhr, 23.03.2016
    1 Antwort anzeigen
  • P_44
    P_44

    Häh, Straßenlampen mit Sensoren? Sollen sich die vielleicht erst einschalten, wenn da jemand unterwegs ist?

    Also auf dieses ständige Geblinke habe ich ja ÜBERHAUPT keine Lust!

    10:16 Uhr, 23.03.2016
  • Frutzi
    Frutzi

    Ein erheblicher Faktor haben Sie vergessen. Die Höhe der Mieten.

    09:59 Uhr, 23.03.2016

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Über den Experten

Dirk Müller
Dirk Müller
Börsen-Experte und Sachbuchautor

Dirk Müller ist Finanzexperte, mehrfacher Spiegel-Bestseller Autor, Politikberater, Vortragsredner, Gründer des Finanzinformationsdienstleisters Finanzethos GmbH mit dem Markenkern „Cashkurs.com“– und gilt als „Dolmetscher zwischen den Finanzmärkten und den Menschen außerhalb der Börse“. Sein Weg an der Börse begann 1992, wo er als amtlich vereidigter Kursmakler tätig war. Heute zählt er zu den bekanntesten Börsenexperten Deutschlands, woher auch sein von den Medien vergebener Spitzname „Mr. DAX“ rührt. Er ist Senator der Wirtschaft Deutschland und berät in unterschiedlichen Gremien in nationalen und internationalen politischen Angelegenheiten.

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