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15:10 Uhr, 11.08.2025

Market Insights: Warum das aktuelle Bewertungsniveau des S&P 500 nicht überzogen ist

Mit den Market Insights bist Du bestens informiert – ob Markttechnik, Saisonalität, Sentiment oder spannende Fakten und Statistiken. Mein Versprechen: Jeden Montag wirst Du mit den Market Insights mindestens eine neue Erkenntnis gewinnen!

Die Mag 7 dominieren den S&P 500 als Lokomotive: Über 30 % der Indexgewichtung liegen in diesen sieben Aktien, deren Marktkapitalisierung in den letzten zehn Jahren um fast 800 % gestiegen ist (S&P 493: +150 %).

YCharts, Sandbox

Wer sich dagegenstellt, stemmt sich gegen eine Welle, die die Indizes trägt (bspw. Apple vergangene Woche). Auch wenn kein Zyklus ewig hält, eine Welt ohne die Mag7 kann man sich Stand heute vorstellen.

Aber dagegen anzukämpfen, ist strategisch unklug. Ihr Vorsprung ist fundamental untermauert, kein Hype. Langfristig folgen Kurse den Gewinnen, und hier liegen die Mag 7 weit vorne.

Getrieben wird das Bild vor allem von der KI-CapEx-Welle: Die Hyperscaler haben ihre Investitionen in Rechenzentren, Software und Infrastruktur in den letzten zwei Jahren verdoppelt. KI-Investitionen haben 2025 mehr zum US-BIP-Wachstum beigetragen als der Konsum, und der macht immerhin rund 70 % der Wirtschaft aus.

Zinssenkungen

Makroseitig hat sich das Bild seit Sommer stark verändert. Der schwache US-Arbeitsmarktbericht, verstärkt durch deutliche Revisionen, hat den Anleihemarkt aufgeschreckt: Die zweijährigen Treasuries sind vom "hawkishen" ins "dovishe"-Lager gewechselt. Die Frage ist nicht mehr, ob die Fed im September senkt, sondern wie stark.

El-Erian hält 50 Basispunkte für möglich und im FOMC stimmten erstmals seit 1993 zwei Gouverneure für eine sofortige Zinssenkung. Der Markt preist inzwischen dreimal 25-Basispunkte-Senkungen bis Jahresende ein, mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % für September (CME FedWatch). Für wachstumsstarke Tech-Aktien wäre das zusätzlicher Rückenwind, sofern die Rezession ausbleibt. Zumal Waller laut Polymarket auch ganz vorne im Rennen um die Powell-Nachfolge liegt.

US-Dollar

Ebenfalls stützend wirkt der US-Dollar: Der Dollar-Index ist seit Januar um etwa 10 % gefallen. Für viele US-Firmen ist das Rückenwind. Wieso? Auslandsumsätze werden wertvoller, Exporte werden attraktiver.

In dieser Q2 Earnings Season haben zahlreiche Firmen ihre Prognosen dank des schwächeren Dollars angehoben (bspw. Duolingo, Booking). Rund 40 % der S&P-500-Umsätze stammen aus dem Ausland, besonders Tech und Industrie profitieren.

Zölle

Das große Thema dieser Berichtssaison war jedoch der Blick auf die Zölle. Trotz eines durchschnittlichen effektiven Zollniveaus von 20,2 % (höchster Stand seit 1911) bleibt der Konsum robust, und Unternehmen liefern starke Zahlen: Von den bisher berichtenden S&P-500-Firmen übertreffen 80 % die EPS-Erwartungen, die Gewinnwachstumsrate liegt bei 6,4 % statt der prognostizierten 4,9 %. Zwar zeigen Einzelfälle, wie stark die Zölle belasten können, doch andere profitieren stark. Wo die Zölle eine Gewinnwarnung nach der anderen auslösen, ist das zwischenzeitlich stark gehypte Europa.

Neue Handelsabkommen sorgen zudem für mehr Planbarkeit. Das ist fast wichtiger als das Zollniveau selbst. Die EU und Japan werden künftig 15 % zahlen, Indonesien und die Philippinen 19 %, mit China laufen Gespräche über eine Waffenruhe im Handelskonflikt (demnächst könnte eine Verlängerung um 90 Tage verkündet werden).

Märkte honorieren die Entspannung und Trump feiert "seinen Aktienmarkt" bei Truth Social (zuvor war ihm der Markt ja "egal" oder es war Powells Erbe): Der S&P 500 hat dieses Jahr 14 neue Allzeithochs erreicht, der Nasdaq kletterte über das Dezember-Top. Hohe Bewertungen (KGV S&P 500: 22, historischer Schnitt: 16) bedeuten jedoch, dass weiteres Kurspotenzial von anhaltendem Gewinnwachstum abhängt.


Kurzfristig könnte der Markt anfällig für eine leichte Korrektur sein, aber den Zeitpunkt vorherzusagen … ihr wisst es, das ist das perfekte Rezept, um mit absoluter Sicherheit zu verlieren.

Längerfristig bleibt das Momentum intakt, gestützt vom Abflauen der Zollunsicherheit, fiskalischen Impulsen aus dem One Big Beautiful Bill Act und der Monetarisierung des KI-Trades. Das zweite Halbjahr zeigt sich nach dem chaotischen ersten wie verzaubert. Der "Buy-the-Dip"-Reflex lebt.

In einem Soft-Landing Zinssenkungszyklus (Zinssenkungen ohne Rezession) wirken KI-Boom, potenzielle Zinssenkungen, schwacher Dollar und stabile Kreditmärkte wie ein zusätzliches Sicherheitsnetz.

Zudem ist die Skepsis weiterhin extrem hoch und viele Marktteilnehmer nicht im Markt, sondern an der Seitenlinie. Jeder rechnet mit fallenden Kursen. Es würde also überhaupt nicht verwunderlich sein, wenn es genau dann passiert, wenn dies nicht mehr der Fall ist. Genau diese Skepsis treibt die Kurse höher. Man nennt es auch "The market ist climbing a wall-of-worries" oder "most hated Rally".

Zum Schluss noch eine Beobachtung, die ich einfach teilen muss:

Die seit Wochen und Monaten pessimistisch gestimmten, selbsternannten "Wall-Street-Experten" haben alle denselben Refrain: "Ein 5%- bis 10%-Rücksetzer kommt, dann kaufen wir den Dip.“

Klingt vernünftig. Nur blöd, dass die Märkte in der Zwischenzeit einfach weitergelaufen sind. Wenn der Pullback irgendwann tatsächlich kommt, fällt er womöglich genau auf das Niveau zurück, bei dem sie zuletzt gewarnt haben. Und dann? Wahrscheinlich würden sie sich in den Medien dafür feiern. "Seht ihr, ich hab’s euch gesagt!"


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Warum das aktuelle Bewertungsniveau des S&P 500 (22,6) nicht überzogen ist

Auf den ersten Blick schreit der Markt nach ��berbewertung. Der S&P 500 notiert aktuell bei einem Forward-KGV von 22,6. Höchster Stand seit vier Jahren.

Wer jetzt reflexartig zur 10-Jahres-Durchschnittsbewertung greift (ca. 18,5), wittert Überhitzung. Doch dieser Vergleich hinkt krass, weil sich das Fundament unter dem Index seither sowas von verschoben hat.

Was niemand macht: Die Bewertung muss an die Ertragskraft der Unternehmen geknüpft sein. Und genau hier liegt der entscheidende Punkt.

Mehr Profitabilität = höhere Bewertungen erlaubt

Im langfristigen Mittel lag die Gewinnmarge der S&P-500-Unternehmen bei etwa 12,25 %. Heute stehen wir bei rund 14 %, wie der untere Chart zeigt.

Duality Research

Das ist ein massiver Unterschied; und der Hauptgrund, warum auch das Bewertungsniveau heute strukturell höher liegen darf als in der Vergangenheit.

Zusammenhang: Je höher die erwartete Gewinnmarge, desto höher das akzeptierte KGV

Duality Research

Zwar ist die Korrelation über alle Jahre hinweg eher moderat. Überrascht aber kaum, wenn man bedenkt, dass auch Zinsniveau, Sentiment und Risikoprämien eine Rolle spielen.

Duality Research

Sobald man das verzerrende Dotcom-Umfeld der Jahre 2000 bis 2004 ausklammert, steigt die Güte der Korrelation deutlich an. Der Datenteppich verdichtet sich entlang der Trendlinie, und der aktuelle Datenpunkt (gelb mit Pfeil markiert) liegt innerhalb eines Standardabweichungskorridors.

Duality Research

Mit anderen Worten: Das aktuelle Bewertungsniveau ist historisch keineswegs extrem, wenn man die Profitabilität mit in Betracht zieht.

Der große Fehler: KGVs isoliert betrachten

Wer das KGV von heute mit dem von vor zehn Jahren vergleicht, geht schlicht davon aus, dass die Struktur der Gewinne unverändert geblieben ist. Das ist grob vereinfacht und irreführend.

Die Sektorengewichte im S&P 500 haben sich massiv verschoben: Tech, Software, Halbleiter und Plattformunternehmen dominieren inzwischen den Index.

Ohne die Sektorumstellungen von 2018 (Alphabet, Meta etc von Techn. nach Kommunikationsservices) und 2023 (Visa, Mastercard etc. von Tech- nach Finanzsektor) wäre der Tech-Anteil im S&P 500 heute nicht bei 33,6 %, sondern auf dem Weg zu 45 %. Man hat Tech optisch geschrumpft, ohne die reale Abhängigkeit des Markts von diesen Firmen zu verringern.

Diese Geschäftsmodelle zeichnen sich durch hohe Skalierbarkeit, Netzwerkeffekte und strukturell höhere Margen aus. Die Benchmark von gestern ist damit keine relevante Vergleichsgröße mehr für heute.

Adjustiertes KGV relativiert die Bewertung

Oben das klassische Forward-KGV (schwarz), unten das um Margen bereinigte "Adjustierte KGV" (türkis).

Duality Research

Während das klassische KGV deutlich über dem 20-Jahres-Mittel (ca. 18,5) liegt, sieht die Welt nach Margenanpassung deutlich besser aus: Das adjustierte KGV steht aktuell bei 18,24, leicht über dem Langfristmittel von 16,16, aber meilenweit entfernt von einer exzessiven Überbewertung.

Das aktuelle Niveau entspricht etwa dem 89. Perzentil, liegt also im oberen Zehntel aller historischen Beobachtungen.

Ja, es ist teuer. Aber es ist nicht irrational teuer, sondern lässt sich durch fundamentale Veränderungen im Margen- und Geschäftsmodell-Mix erklären.

Fazit: Ohne Kontext ist jedes KGV wertlos

Bei 22,6x Forward Earnings zuckt man als Investor zunächst zusammen. Aber: Mehr Profitabilität, andere Geschäftsmodelle, bessere Skaleneffekte. All das rechtfertigt ein strukturell höheres Bewertungsniveau.

Der Markt ist nicht billig, aber auch nicht in einer Blase. Wer nur das KGV betrachtet, ohne Profitabilität oder Sektorstruktur einzubeziehen, greift zu kurz. Die Zahl allein sagt wenig, der Kontext ist alles.

Magnificent 7

📌 Freier Cashflow im Realitätscheck

Die Tabelle macht deutlich, wie stark sich die freien Cashflow-Renditen (FCF Yield) der größten Tech-Konzerne relativieren, wenn man aktienbasierte Vergütungen (SBC) herausrechnet.

Hohe Margen allein sagen wenig über die tatsächliche Cash-Generierungskraft aus, entscheidend ist, wie viel davon wirklich bei den Aktionären ankommt.

Koyfin

📌 NVIDIA erreicht Rekordgewicht im S&P 500

Mit einem Anteil von rund 8 % am S&P 500 hat NVIDIA derzeit das höchste Gewicht, das jemals seit Beginn der Aufzeichnungen 1981 von einer einzelnen Aktie erreicht wurde.

Dieser Spitzenwert übertrifft selbst historische Schwergewichte wie Apple, Exxon Mobil oder IBM zu ihren Hochzeiten.

Apollo Sløk

📌 Nvidia krönt sich zum FCF-König der "Magnificent 7"

Im ersten Quartal 2025 hat Nvidia mit einem Free Cashflow von 26,2 Mrd. USD erstmals alle anderen Mitglieder der "Magnificent 7" übertroffen, auch Microsoft (25,6 Mrd. USD).

Wie die Grafik zeigt, hat sich Nvidias FCF in wenigen Jahren von unter 1 Mrd. USD auf dieses Rekordniveau vervielfacht (CAGR: 88 %).

Um die Spitzenposition zu halten, müsste Nvidia erneut über 25,6 Mrd. USD abliefern

Fiscal.AI

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Wusstest Du ...?

📌 Mehr Umsatz pro Kopf im S&P 500

S&P-500-Unternehmen benötigen heute im Schnitt nur noch 1,55 Mitarbeiter, um 1 Mio. USD Umsatz zu erwirtschaften. 1991 waren dafür noch 2,46 Mitarbeiter nötig.

Besonders stark stieg der Umsatz pro Kopf in Sektoren wie Versorgern, Real Estate und Healthcare, während zyklische Konsumgüter und Industriewerte geringere Zuwächse verzeichneten.

Compound

Spannende Earnings diese Woche

Earnings Whispers

📅 Am Montag:
☀️ Barrick Gold, monday.com, Hypoport
🌙 Oklo, AST SpaceMobile, Celanese, Plug Power, AMC Entertainment, BigBear AI, GoPro

📅 Am Dienstag geht es weiter mit:
☀️ Sea Ltd, Circle, PONY AI, Hannover Rück, Cardinal Health, Tencent Music, On Holding, Wistron, secunet, Ceconomy, K+S, TAG Immobilien, Schott Pharma

🌙 CAVA Group, CoreWeave, Rigetti

📅 Zur Wochenmitte warten:
☀️ Tencent Holdings, E.ON, Ørsted, Vestas Wind Systems, Evotec, Jenoptik, Metaplanet, Ströer, Springer Nature, TUI Group, Sixt, Renk, Fraport, Brenntag, AIchip Technologies, Porsche Automobil Holding

🌙 Cisco Systems, Lenovo Group, Coherent, dLocal

📅 Am Donnerstag folgen:
☀️ Deere & Company, Foxconn (aka Hon Hai Precision Industry), JDcom, Swiss Re, NetEase, Adyen, JD.com, RWE, Talanx, Hapag-Lloyd, PNE AG, HelloFresh, Wacker Neuson, Vorwerk, Lanxess, Weibo Corporation, Bilfinger, thyssenkrupp, Birkenstock, NICE Ltd., Tapestry, Geely Automobile

🌙 Applied Materials, Nu Holdings, Ross Stores

📅 Zum Wochenabschluss:
☀️ Foot Locker, Nibe
🌙 –


Ich wünsche euch einen erfolgreichen Wochenstart! Euer Valentin

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