London: Neue Ideen, nicht Köpfe, braucht das Land
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Liz Truss ist am Donnerstag nach nur sechs Wochen im Amt als Premierministerin von Großbritannien zurückgetreten. Truss sagte, sie sei mit der "Vision" angetreten, durch niedrige Steuern hohen Wachstum zu ermöglichen. Doch sie habe das Mandat nicht erfüllen können, für das sie gewählt worden sei. Innerhalb der nächsten Woche solle bereits die Wahl der neuen Parteiführung erfolgen.
Sie war erst seit September im Amt und sah sich schnell einem politischen Überlebenskampf ausgesetzt. Mit geplanten Steuererleichterungen hatte Truss ein Chaos an den Finanzmärkten ausgelöst und die Entscheidungen kurzfristig zurücknehmen müssen. Sie tauschte ihren Finanzminister aus, die Innenministerin trat zurück, die Zweifel am Kurs der Regierung äußerte, und dann kamen noch chaotische Szenen im britischen Unterhaus hinzu: Abgeordnete von Truss‘ konservativer Tory-Partei sollen bedrängt worden sein, gegen einen Antrag der oppositionellen Labour-Partei zum Thema Fracking zu stimmen.
Der Abgang von Liz Truss ist keine Überraschung. Das Vertrauen der Partei, des Parlamentes und der Bevölkerung zu ihr waren nicht mehr gegeben. Nun sollen in Kürze die Position an der Parteispitze und damit auch die Position des Premierministers neu besetzt werden. Die Konservativen legen die Hürde für Bewerber auf ein hohes Niveau. Kandidaten benötigen 100 Fürsprecher unter den Abgeordneten. Dazu wird es eine Empfehlung aus der Parlamentsfraktion geben. Am Ende entscheiden die Parteimitglieder. Das ganze Procedere haben die Konservativen gerade erst hinter sich.
Liz Truss bleibt noch formal im Amt, bis ihre Nachfolge geklärt ist. Wie schon bei ihrer Wahl werden viele Namen für die Nachfolge gehandelt. Der frühere Schatzkanzler Rishi Sunak etwa, Jeremy Hunt ist als amtierender Schatzkanzler ein natürlicher Anwärter. Verteidigungsminister Ben Wallace wird auch des Öfteren genannt. Und dann wäre da noch Bors Johnson, der frühere Premier, der seinen Hut laut Medien wieder in den Ring werfen könnte.
Das Bild, das Großbritannien abgibt, ist ein Trauerspiel. Und das schon seit Jahren, im Grunde seit dem Brexit-Entscheid. Es hat was von Rosinenpickerei. Das Land wollte den Brexit, wollte Freiheiten, mehr Selbstentscheid, aber die gleichen Zugänge (freien Handel) wie zuvor im Rahmen der EU-Mitgliedschaft. Doch UK ist nicht bereit, den Preis für Zugänge zu zahlen, was sich im Streit um das Nordirland-Protokoll mit Brüssel exemplarisch zeigt. Die Briten ignorieren internationale Rechtsordnungen, isolieren sich damit aber zusehends. Das Verhältnis zur EU ist angekratzt, das zu China sowieso. Auch mit dem Lieblingspartner USA könnte es besser laufen. Das Land tauscht nun manche Köpfe an der Regierungssitze aus. Es ist zu befürchten, dass auch die neuen Köpfe erfolglos bleiben werden.
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