Fundamentale Nachricht
18:00 Uhr, 23.07.2015

Löst der Rohstoff-Crash eine neue Finanzkrise aus?

Der Einbruch bei den Rohstoffpreisen hat es bisher nicht auf die Titelseiten der Tageszeitungen geschafft. Wirken die niedrigeren Rohstoffpreise wirklich stimulierend auf die Weltwirtschaft oder droht eine neue Finanzkrise?

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Die Rohstoffmärkte befinden sich im Crash: Egal ob Energierohstoffe, Metalle oder Agrarrohstoffe: An den Terminbörsen der Welt geht es für Rohstoffe seit einiger Zeit abwärts.

Der sogenannte Rohstoff-Super-Cycle, der im Jahr 2000 begann und nach der Finanzkrise noch mal so richtig Fahrt aufnahm, trieb viele Rohstoffpreise auf zuvor ungekannte Höhen. Doch dieser Boom ist jetzt unweigerlich vorbei.

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Warum fallen die Rohstoffpreise?

Zwei Megatrends haben den Rohstoffboom angetrieben: Der Aufstieg der Schwellenländer wie China, wo in den vergangenen Jahren deutlich mehr Rohstoffe verbraucht wurden als im Westen, und die lockere Geldpolitik der Notenbanken nach dem Platzen der Technologieblase im Jahr 2000 und der US-Immobilienblase im Jahr 2008.

Beide Trends zeigen nun Schwäche: In China hat sich das Wachstum abgeschwächt und verlagert sich immer mehr auf Sektoren, die nicht direkt mit dem Rohstoffverbrauch zusammenhängen. Statt Exportwirtschaft und Immobilienboom soll das Wachstum künftig von einer stärkeren Binnennachfrage und einer modernen Dienstleistungswirtschaft getragen werden.

In den Industriestaaten des Westens nähert sich die lockere Geldpolitik unterdessen unweigerlich ihrem Ende, vor allem in den USA und Großbritannien, wo steigende Leitzinsen bereits in diesem Jahr Wirklichkeit werden könnten.

Wegen der Aussicht auf steigende Leitzinsen in den USA und den damit verbundenen Erwartungen eines stärkeren Dollars trennen sich Investoren von Edelmetallen wie Gold, die nach der Finanzkrise vor allem als Absicherung gegen eine steigende Inflation erworben wurden (obwohl die Inflation größtenteils ein Phantom blieb).

Sinkende Rohstoffpreise: Konjunkturtreiber oder Krisenauslöser?

Sinkende Rohstoffpreise sind Ausdruck einer schwächelnden Konjunktur, wirken aber gleichzeitig stimulierend auf die Wirtschaft. Was sich wie ein Widerspruch anhört, ist tatsächlich keiner.

Sinkende Rohstoffpreise sind eine Art eingebauter Stoßdämpfer der Weltkonjunktur. Läuft die Wirtschaft nur schleppend, dann sinkt die Nachfrage nach Rohstoffen und die Preise geraten unter Druck. Gleichzeitig wirken niedrigere Rohstoffpreise aber stimulierend auf die Wirtschaft und können so eine konjunkturelle Erholung unterstützen.

Während sich Autofahrer über günstigeres Benzin freuen und Industrieunternehmen billiger an Metalle und andere Rohstoffe kommen, kann der Einbruch der Rohstoffpreise an anderen Stellen der Weltwirtschaft aber auch Turbulenzen bis hin zu einer neuen Finanzkrise auslösen.

Viele Staaten sind von Rohstoffexporten abhängig und finanzieren mit ihnen einen großen Teil ihrer Ausgaben. Davon betroffen sind nicht nur Länder wie Russland, Venezuela oder Saudi-Arabien, sondern auch einige Industriestaaten wie Kanada, Australien und Neuseeland. Brechen die Einnahmen aus dem Rohstoffverkauf ein, müssen diese Staaten auch ihre Ausgaben kürzen. Die Folge kann eine Rezession in den entsprechenden Volkswirtschaften sein, die auch zu einer Abschwächung der Weltwirtschaft insgesamt führen kann.

Daneben kann der Rohstoff-Crash auch den Finanzsektor belasten. Denn der Boom bei den Rohstoffen ging mit einer deutlichen Kreditausweitung an diesen Sektor einher. Nirgendwo ist das deutlicher als im US-Schiefergas und Schieferöl-Bereich. US-Banken bereiten sich bereits darauf vor, dass viele Unternehmen aus diesem Bereich ihre erhaltenen Kredite nicht mehr zurückzahlen können. Die amerikanischen Finanzinstitute erhöhen bereits ihre Rückstellungen für diese Kredite.

Ist der Rohstoff-Crash also positiv oder negativ für die Weltwirtschaft? So pauschal lässt sich die Frage kaum beantworten, denn es gibt sowohl Gewinner als auch Verlierer des Preiseinbruchs.

Rohstoffwährungen geraten unter Druck

Zu den Gewinnern zählen Volkswirtschaften, die kaum über eigene Rohstoffe verfügen und diese importieren müssen, etwas Deutschland oder Japan. Hier führen niedrigere Rohstoffpreise zu sinkenden Kosten für Verbraucher und Unternehmen und stimulieren so die Wirtschaft.

Zu den Verlierern des Rohstoff-Crashs gehören Volkswirtschaften, die vom Verkauf von Rohstoffen leben, etwa Kanada, Australien und Russland. Dies belastet spätestens seit dem vergangenen Jahr auch die Währungen dieser Rohstoffexporteure. Die Notenbanken einiger dieser Länder lockeren bereits ihre Geldpolitik, um dem Crash entgegenzuwirken. Dies setzt die entsprechenden Währungen zusätzlich unter Druck. So hat die neuseeländische Zentralbank erst am Donnerstag ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 3,0 Prozent gesenkt.

Klar ist: Der Rohstoff-Crash hat das Potenzial, die Weltwirtschaft ganz gehörig durcheinander zu bringen.

Rohstoffwährungen (ggü. USD) im 5-Jahres-Chart
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6 Kommentare

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  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    Schweinezyklus. Bodenbildung abwarten und die anschließende Mega Rohstoffhausse mitmachen.

    Hausse warum?

    Weil jeder Rohstoffe braucht. Wenn die Preise ins Abnormale fallen, machen etliche Unternehmen dicht.

    Die Übrigen können die Nachfrage dann nicht mehr bedienen. Die Läger sind schneller leer, als die Meisten glauben ;)

    Das ist der Stoff, aus dem Mega Haussen geschmiedet werden

    20:03 Uhr, 23.07. 2015
  • Investor
    Investor

    Ich bin der Meinung solange das Überangebot der Rohstoffe nicht reduziert hat, sind niedrige Preise eher negativ zu werten.

    Die EM sind in der Weltwirtschaft momentan die Wachstumstreiber und höhere Rohstoffpreise würden den Effekt beschleunigen. Die etablierten Märkte versuchen ihre Währungen abzuwerten und damit Inflation zu treiben. Die niedrigen Rohstoffpreise werden durch fallende Währungen mehr als überkompensiert und zwingen die Produzenten ihre Preise weiter zu senken.

    Erst wenn das Überangebot durch höhere Zinsen bereinigt wird, werden wir wieder Wachstum in der Weltwirtschaft sehen.

    18:43 Uhr, 23.07. 2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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