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17:29 Uhr, 09.05.2006

Kupfer: Wie stark steigen die Preise noch?

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  • Kupfer
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    Aktueller Kursstand:   (ARIVA Indikation)

Die Lage am Kupfermarkt ist angespannt, ungeachtet der Tatsache, dass die Weltkupfernachfrage im Jahr 2005 gefallen ist. Dies war allerdings nur möglich, weil die Lagerbestände fast vollständig abgebaut wurden. Dabei hätte es gar nicht so weit kommen müssen. Die Industrie unterschätzte den Aufwärtstrend des Kupferpreises und zehrte in der Erwartung wieder fallender Preise fast ihre gesamten Bestände auf. Die wenigsten haben irrtümlicherweise erwartet, dass ein Preisniveau von über 3300 Dollar pro Tonne Bestand haben werde. Die Preise erreichten Anfang Mai ein Rekordhoch bei über 7500 Dollar pro Tonne. Nun sind die Endverbraucher von raffinierten Kupferprodukten in der misslichen Lage, zu jedem erdenklichen Preis einkaufen zu müssen. Beim Kauf von reinem Kupfer an den Spotmärkten ist ein Aufpreis von bis zu 200 Dollar pro Tonne zu zahlen. Besonders teuer ist also jenes Kupfer, das kurzfristig verfügbar sein muss, während Kupfer mit längeren Lieferzeiten schnell günstiger wird. Kupfer für Lieferungen in etwas über zwei Jahren kostet 30% weniger als jenes Kupfer, welches unmittelbar gebraucht wird. Denn das kurzfristig verfügbare Angebot ist knapp: Zahlreiche Produktionsprobleme bringen die großen Minenkonzerne in Bedrängnis. Investitionen bleiben indessen, besonders in den westlichen Industrieländern, fast vollkommen aus. Denn die kalkulatorischen Kosten, die den Kupferkonzernen zur Planung ihrer langfristigen Produktionsziele dienen, liegen noch immer unter 2200 Dollar pro Tonne Kupfer. Und dies bei Kosten, die zwischen 2003 bis 2005 - von Mine zu Mine verschieden - um 30 bis 50% gestiegen sind. Neu für die Industrie, die sich jahrzehntelang fallenden realen Preisen gegenübersah. Diese Situation liegt nicht zuletzt an den horrenden Treibstoff- und Energiepreisen, neben einer Verknappung von fast allem, was zur Förderung der Erze und zur Weiterverarbeitung zu Industriekupfer nötig ist. Angefangen bei der Zahl der qualifizierten Facharbeiter und Spezialisten auf dem Arbeitsmarkt, über einen Engpass an kurzfristig verfügbaren schweren Lkw und Transportwegen und bis hin zu einer ernsten Wasserknappheit im weltgrößten Kupfererzland Chile. Wartungsarbeiten werden immer weiter aufgeschoben, da die Minen von ihren Kunden unter Druck gesetzt werden. Dies erhöht wiederum die Wahrscheinlichkeit größerer Produktionsausfälle, was besonders jetzt, wo sich alles auf die Grenzanbieter verlässt, problematisch ist.

Das Angebot

Das Angebot könnte um 6-8% wachsen, doch nur, wenn die kleineren Grenzanbieter mitspielen. Denn fast jeder große Produzent von Codelco bis hin zu BHP Billiton hat seine Produktionsziele für 2006 gesenkt. Beispielsweise kündigte Freeport Copper, der weltweit siebtgrößte Kupferproduzent, eine Senkung seiner Produktionsmengen aufgrund technischer Probleme an. Freeport klagt über Probleme bei der Erschließung höherwertiger Erzadern in der gigantischen Kupfererzmine bei Grasberg. Der Marktführer Codelco senkte gleich für 2006 und 2007 seine Produktionsziele. Die Nummer zwei im Markt, Phelps Dodge, leidet unter der Verknappung des für den Untertagebau dringend benötigten Wassers in Arizona und im chilenischen Candelaria. Außerdem stehen in diesem Jahr, besonders in Nord- und Südamerika, zahlreiche Tarifverträge zur Disposition. Da sind Streiks und damit einhergehende Produktionsausfälle schon fast „vorprogrammiert“. Die chilenische Kupferproduktion lag in den ersten drei Monaten des Jahres 2006 um 0,3% unter dem Vorjahr. Hätte der Minenkonzern BHP Billiton seine Produktion in der Escondida-Mine nicht um 17% zum Vorjahr auf 329,100 Tonnen ausweiten können, so wäre der Einbruch noch stärker ausgefallen. Daher obliegt es den kleinen und instabilen Grenzanbieter, ihre Produktion um ein Zehntel zu steigern. Selbst wenn dies ohne Unterbrechungen und Produktionsprobleme gelingen sollte, wovon wir nicht ausgehen, wird der Kupfermarkt das Jahr 2006 mit einem Defizit beenden. Die Minderproduktion wird mittlerweile von fast allen Analysten auf rund 200,000 Tonnen geschätzt. Es mehren sich die Stimmen, die ein Angebotsdefizit im Kupfermarkt bis Anfang des Jahres 2008 sehen. Die niedrigen Lagerbestände werden die Nachfrage auf den Märkten noch einige Zeit auf hohem Niveau halten, sogar wenn durch eine mögliche Wachstumsdelle in der Weltkonjunktur die Industrienachfrage nachlassen würde.

Die Nachfrage

Eine große Rolle spielt wie so oft die chinesische Nachfrage. Das Land der Mitte entwickelt sich von der Werkbank der Welt für Schuhe und Kleider in rasanter Geschwindigkeit zum größten Hightech-Produzenten und „saugt“ Kupfer und Altschrott auf, um es in Kühlschränke, Klimaanlagen, Computer, im Bausektor und in der expansiven Industrie zu verwerten. Die chinesische Kupfernachfrage steigt exponential. China wäre wohl nicht in der Lage, für ein ausreichendes Metallangebot zu sorgen, würde es nicht die alten Kühlschränke und Elektrogeräte aus dem Westen zurückkaufen und den Altschrott wieder zu neuen Geräten verwerten. Zusätzlich zum chinesischen „Staubsaugereffekt“ gesellt sich eine hohe Nachfrage aus den westlichen Industrieländern, deren Wirtschaftsleistung stark wächst. Trotzdem fiel die Kupfernachfrage im Jahr 2005 um 0,4%, da Kupfer primär aus den vollen Lagern geholt wurde. Nun sind die Lager leer und müssen früher oder später, wenn es die Angebotssituation zulässt, wieder aufgebaut werden. Diese Wiederauffüllung der Lager wird die Nachfrage zusätzlich erhöhen. Analysten rechnen mit einem Wachstum des weltweiten Kupferverbrauchs in 2006 um 5,4%.

Die spekulative Nachfrage – A game of the big boys

Die spekulative Nachfrage gliedert sich in zwei Gruppen. Auf der einen Seite steht das aktiv gemanagte Kapital (Hedgefonds und so genannte Commodity Trading Advisors CTAs), auf der anderen Seite das passiv gemanagte Kapital (Indexfonds). Sie wirken wie ein Verstärker der Aufwärtsbewegung in einem Bullenmarkt und werden genauso als Verstärker wirken, sollte sich eine Trendumkehr ereignen. Da die drei Gruppen unglaubliche 1,2 Billionen Dollar verwalten (Indexfonds 80 Milliarden Dollar, CTAs 130 Milliarden Dollar, Hedgefonds 1 Billion Dollar) und sich zunehmend die Überzeugung durchsetzt, das Rohstoffe aufgrund ihrer negativen Korrelation zu den Aktien- und Rentenmärkten ein geradezu ideales Instrument zur Portfoliodiversifikation sind, ist es immer wichtiger, neben der fundamentalen Analyse eines Rohstoffs auch die Kapitalströme der Fonds zu beobachten (Die Einlagen der Hedgefonds sind nur in begrenztem Maße zu beachten, da nicht alle Hedgefonds für den Rohstoffhandel zugelassen sind). Das Engagement der Fonds wird noch weiter zunehmen, da – wie oben gesehen – die Verknappungssituation bei Kupfer zunächst anhält. Das wichtigste Kriterium zur fundamentalen Bewertung von Kupfer ist für die aktiv gemanagten Fonds die Lagerreichweite. Sie besagt, wie lange der weltweite Verbrauch durch die alleinige Versorgung aus den Lagerbeständen gedeckt werden kann. Aktuell liegt sie bei 2 Wochen, bis zum Jahresende wird sie wahrscheinlich auf eine Woche fallen. Vergleichbar niedrige Werte für die Lagerreichweite gab es in den 70er und 80er Jahren, doch zu keinem Zeitpunkt stiegen die Preise in der Vergangenheit so stark wie heute an. Die Preise liegen heute mehr als doppelt so hoch! Die Leidtragenden dieser Euphorie sind jene großen Kupferproduzenten, die ihre Jahresproduktionen in den Minen an den Terminbörsen gegen fallende Kurse abgesichert haben, und nun am laufenden Band Nachschussforderungen der Terminbörsen decken müssen. Der weltweit zweitgrößte Kupferhersteller Phelps Dodge musste unter anderem wegen seinem Hedgebuch Anfang des Jahres eine Gewinnwarnung aussprechen, obwohl er eigentlich im aktuellen Umfeld prächtig verdienen müsste. Nun stellt sich die Frage, wie lange die hohen Preise, die fundamental nur schwer zu rechtfertigen sind, noch anhalten werden. Die großen Anbieter im Markt werden die Verluste ihrer Hedgepositionen wahrscheinlich „aussitzen“ können. Kleinere Anbieter stehen unter größerem Druck, wenn immer neue Nachschussforderungen der Terminbörsen gestellt werden. Da aufgrund der fundamentalen Verknappungssituation kein Ende der Fondsinvestments abzusehen ist, könnten Glattstellungen der kleineren Produzenten zu zusätzlichem Aufwärtsdruck führen, was direkt den Hedgefonds in die Hände spielen würde. Hedgefonds haben daher ein direktes Interesse an noch weiter steigenden Preisen, um die Grenzanbieter von Kupfer aus dem Markt zu „drücken“. Daher sind auch auf dem aktuellen Niveau von 7500 Dollar pro Tonne noch weitere Kurssteigerungen möglich, wenngleich die Fundamentalanalyse immer weniger als Rechtfertigung dienen kann.

Zusammenfassung

Die Lage am Kupfermarkt bleibt also angespannt. Als Kleinanleger muss man sich angesichts der Spiele der „Big Boys“ allerdings zweimal überlegen, ob es sinnvoll ist, auch jetzt noch auf den fahrenden Zug aufzuspringen. Wir raten davor eher ab. Eine Anlagestrategie nach dem Muster „kaufen und liegen lassen“ sollte vermieden werden. Die hohe Volatilität schafft hingegen gute Trading-Voraussetzungen. Mögliche Tradingpositionen sollten aber auf alle Fälle mit engen Stopps versehen werden. Wenn die Position in die Gewinnzone läuft, empfiehlt sich das Nachziehen von Stopps. Beachten Sie für mögliche Tradingchancen die folgende Chartanalyse sowie die laufend aktualisierten Chartanalysen auf [Link "http://www.godmode-trader.de/profile/?id=XC0007203216" auf www.godmode-trader.de/... nicht mehr verfügbar]

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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