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16:57 Uhr, 27.11.2018

Kuka-Chef muss gehen: Zweifel an der Strategie des China-Großaktionärs

Midea hatte Anfang 2017 rund 4,5 Mrd. Euro für den Roboterhersteller auf den Tisch gelegt. Ein ungewöhnlich hoher Preis! Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Doch wer einen solch überteuerten Preis für ein Hochtechnologie-Unternehmen zahlt, könnte mehr im Sinne haben, als einen gut wirtschaftenden Betrieb zu erwerben.

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Augsburg (Godmode-Trader.de) - Er war der oberste Verfechter des Deals, jetzt muss er weichen: Vorstandschef Till Reuter werde seine Tätigkeit im Dezember beenden, teilte der Roboterhersteller Kuka am Montag mit. Darauf hätten sich der Aufsichtsrat und Reuter kurz nach Mitternacht verständigt. Finanzvorstand Peter Mohnen soll den Vorsitz des Vorstands interimsweise bereits ab dem 6. Dezember übernehmen.

Schon am Wochenende hieß es, Reuter verhandele über die vorzeitige Auflösung seines bis zum Jahr 2020 laufenden Vertrags verhandele. Dazu führe er Gespräche mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Andy Gu, dem Vertreter des chinesischen Eigentümers Midea. Laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung zieht Reuter mit seinem Abschied die „Reißleine“. Es gebe Hinweise, dass die Einflussnahme auf das operative Geschäft zugenommen hätten und auch weitere Schritte zur Integration verfolgt werden sollen.

Dabei hatte Midea anfangs mit weitreichenden Garantien versucht, die allgegenwärtigen Zweifel an der 2017 erfolgten Übernahme auszuräumen. Technologien und Patente würden im Unternehmen verbleiben, wie auch die Daten von Kunden, auf die die Chinesen keinen Zugriff erhalten würden. Das Unternehmen bleibe börsennotiert, um die Transparenz zu wahren. Der Vorstand würde unabhängig arbeiten, dessen Strategie unterstützt. Zudem wurden weitreichende Standort- und Beschäftigungsgarantien bis Ende 2023 vereinbart. Das sollte Ängste vor einem Ausverkauf der deutschen Hightech-Firma nach China zerstreuen. Dem Bündnis stimmte damals sogar die IG Metall zu. Aktuell ist von der Gewerkschaft noch nichts zu hören.

Die Ankündigungen verfehlten ihre Wirkung nicht, wurden aber in der Folge nach und nach zurückgenommen. Weder wurde das Versprechen eingelöst, den Streubesitz als vertrauensbildende Maßnahme wieder ausweiten zu wollen. Zunächst war auch die Rede davon, dass Midea zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat entsendet. Heute kommen vier der sechs Vertreter der Anteilseigner aus China.

Kuka musste im Oktober seine Umsatzprognose von 3,5 auf 3,3 Milliarden Euro nach unten schrauben und auch die Rendite schwächte sich ab. Zur Begründung wurde auf die Abkühlung der Autokonjunktur und auf die Unwägbarkeiten des chinesischen Marktes verwiesen. Marktbeobachtern zufolge konnte Großaktionär Midea dem sich abschwächenden Geschäftstrend nicht länger zusehen und erhöhte den Druck auf Reuter. Midea hält fast 95 Prozent der Aktien.

Kritiker von chinesischen Übernahmen in Deutschland sehen sich nun aber in ihren schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Chinesen würden nach einer gewissen Frist dann doch Technologie abziehen und das Kommando an sich reißen. Das Augsburger Unternehmen betonte aber, dass alle Investorenverträge, die Kuka mit Midea als Mehrheitsaktionär unterzeichnet hat, „einschließlich der Abschirmvereinbarung zum Schutz des geistigen Eigentums von Kuka“, unverändert bestehen bleiben.

Die zunehmende Sorge von Wirtschaft und Politik im Umgang mit China unterstreicht der Entwurf eines Grundsatzpapiers des Bundesverbands Deutsche Industrie (BDI), der Reuters vorliegt. Unter dem Titel „Partner und systemischer Wettbewerber – Wie gehen wir mit Chinas staatlich gelenkter Volkswirtschaft um?” argumentiert der BDI, dass eine echte Öffnung des chinesischen Marktes wahrscheinlich nie stattfinden wird. „Zwischen unserem Modell der offenen Marktwirtschaft und Chinas staatlich gelenkter Wirtschaft besteht ein Systemwettbewerb.” Politik, Gesellschaft und Wirtschaft in Deutschland und Europa bräuchten eine breite öffentliche Debatte über diese Herausforderung.

Der BDI fordert von den hiesigen Betrieben, ihre Präsenz und ihr Engagement in China zu überdenken. „Trotz der starken Anziehungskraft des chinesischen Marktes wird es für Unternehmen jedoch immer wichtiger, die Risiken eines Engagements in China genau zu untersuchen.” Es gehe darum, “bestehende Abhängigkeit gegebenenfalls durch eine Diversifizierung von Lieferketten, Produktionsstandorten und Absatzmärkten zu minimieren”.

Die Chinesen hatten damals 4,5 Mrd. Euro für den Roboterhersteller Kuka auf den Tisch gelegt. Ein ungewöhnlich hoher Preis. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Doch wer einen solch überteuerten Preis für ein Hochtechnologie-Unternehmen zahlt, könnte mehr im Sinne haben, als einen gut wirtschaftenden Betrieb zu erwerben.

Der scheidende Vorstandschef des Roboterherstellers Kuka bedauert nach eigenen Worten seinen vorzeitigen Abgang aus dem Unternehmen. „Ich gehe nicht gern, ich bin traurig, es geht aber weiter", sagte Reuter der "Augsburger Allgemeinen". Was ihm richtig gutgetan habe, „ist der Rückhalt der Mitarbeiter bis zur letzten Sekunde". Die Aufsichtsräte aus dem Arbeitnehmerkreis hätten bis zuletzt zu ihm gestanden.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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