Kommentar
08:37 Uhr, 27.10.2018

Kryptowährungen: Noch sind die Schmerzen nicht vorbei

So mancher Kurs scheint sich endlich zu stabilisieren. Das mag wie eine Entwarnung klingen, ist vermutlich aber eher eine Falle.

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Es ist kein Jahr her, da musste man sich beschimpfen lassen, wenn man von einer Blase bei Kryptos sprach. Kursziele von 100.000 bis 500.000 wurden bei Bitcoin herumgereicht. Wer vom einstelligen Tausenderbereich redete, galt als verrückt.

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Warnungen gab es ja nicht zu knapp. Gehört haben darauf trotzdem die wenigsten. Dabei war es schon recht offensichtlich. Ein Blick auf jeden beliebigen Chart musste zu der Schlussfolgerung führen, dass wir uns in einer Blase befinden. Ein solcher Chart ist etwa das Transaktionsvolumen von Bitcoin (Grafik 1).

Ein so gigantischer Spike ist ein ziemlich sicherer Hinweis auf eine Übertreibung. Das Problem dabei: man weiß einfach nicht, wann diese zu Ende geht, wenn man mitten drin steckt. Ich hielt Bitcoin bei mehr als 2.000 USD für überbewertet. Dann stieg der Preis auf 20.000.

Obwohl die Blase geplatzt ist, sind wir von 2.000 Dollar noch ein ganzes Stück entfernt und ob dieser Preis jemals wieder erreicht wird, steht in den Sternen. Auf einen Rebound zurück zu den Hochs oder gar neuen Hochs würde ich nicht warten. Das dauert noch und bevor es dazu kommt, geht es wohl noch weiter nach unten.

Die Euphorie ist zwar verflogen, aber die Goldgräberstimmung ist noch immer unter uns. Das zeigen etwa die Erlöse bei ICOs (Initial Coin Offering, Grafik 2). Zum Jahreswechsel haben wir den Peak gesehen. Nicht nur zufällig fällt das mit den Hochs bei den Kursen zusammen. Bis das Niveau vor dem Hype wieder erreicht wird, braucht es aber noch etwas Zeit. Die Luft ist noch nicht komplett draußen.

Herrscht Goldgräberstimmung, können Anleger nicht genug von einer Anlageklasse bekommen. Unternehmen nutzen das, um Geld einzusammeln. Das war zur Zeit der Technologieblase nicht anders (Grafik 3). Die Parallelen sind nicht zu übersehen.

Entsprechend gehe ich persönlich davon aus, dass sich der Markt auch ähnlich entwickeln wird. Es brauchte bei Technologiewerten drei Jahre, bis die Luft endgültig raus war. Erst dann zeigten sich die langfristigen Gewinner und eine Rallye begann, die selbst vom Bärenmarkt 2008 nur sehr kurzfristig unterbrochen wurde.

Der Abwärtstrend hat sich bereits deutlich verlangsamt. Bisweilen zuckt der Markt sogar und kann mit plötzlichen Rallys wieder etwas Boden gutmachen. Das war bei Technologiewerten nicht anders. Unterm Strich dauerte es aber Jahre, bevor die nachhaltige Trendwende geschafft war.

Es heißt deswegen: durchhalten und Geduld bewahren. Hinter einigen Kryptos stehen großartige Geschäftsideen. Die Technologie muss sich aber erst durchsetzen und in vielen Bereichen sind wir immer noch bei ersten Prototypen und Machbarkeitsstudien. Bis wirklich das große Geld fließt, dauert es noch Jahre. Bis dahin wird der Schmerz andauern, wenn auch weniger stark ausgeprägt als im ersten Halbjahr 2018.


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2 Kommentare

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  • Glattsteller
    Glattsteller

    Mit viel Fantasie könnte man aus dem Chartverlauf eine Gauß'sche Glockenkurve machen, dann wird der Kurs eher gegen Null tendieren.

    09:01 Uhr, 29.10.2018
  • Prekal
    Prekal

    Ja, eine klare Linie kann man da keineswegs ausmachen, das ist korrekt. Problem ist naütrlich, das sich zu viele damals direkt die Finger verbrannt haben - erst eingestiegen als die Party schon lief und immer mehr Medien darüber berichteten und dann, wenn man schon mal so etwas macht, den Moment des Absprunges verpasst. Könnte ziemlich hässlich werden, bzw. ist es schon. Alle paar Wochen geht es ein wenig herauf, samt der damit verbunden Durchhalteparolen aber ich denke auch, dass es auf absehbare Zeit langfristig noch weiter herab gehen wird.

    23:32 Uhr, 28.10.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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