Kommentar
08:55 Uhr, 13.03.2015

Kommt der zweite Ölpreisschock doch noch?

Bildet sich bereits ein Boden oder bildet er sich noch nicht? Für letzteres gab es letzte Woche einige Argumente.

Erwähnte Instrumente

Mit der Veröffentlichung des jüngsten Reports der US Energieagentur zum Öllagerbestand und der Kapazitätsauslastung griff schon beinahe Panik um sich. Der Bericht zeigt, dass die Lager so voll sind wie schon lange nicht. Die Lagerkapazitäten sind entsprechend ausgelastet. Sie sind so hoch wie seit 2010 nicht mehr als der Überfluss an Öl nach der Wirtschaftskrise erst wieder begann abgebaut zu werden. Jochen Stanzl hat das Thema gestern bereits hier aufgegriffen.

Grafik 1 zeigt die Zahlen des halbjährlichen Berichts der Energieagentur. Die Lagerkapazität ist seit 2010 um ca. 110 Mio. Barrel angewachsen. Im gleichen Zeitraum wurden insgesamt 60 Mio. Barrel an Lagerbeständen aufgebaut. Die Kapazitätsauslastung ging bis vergangenen Sommer noch zurück. Erst im letzten halben Jahr haben sich die Lager erst so richtig gefüllt. Insgesamt liegt die Auslastung allerdings noch unter den Werten aus dem Jahr 2010.

Die Kapazitäten wachsen nur langsam an. Eine Tankfarm lässt sich nicht von heute auf morgen aus dem Boden stampfen. Steigen die Lagerbestände weiter so schnell an wie bisher, dann kann man sich ausrechnen, wann es zu einem Engpass kommen wird. Theoretisch wären die Lager in 16 Monaten komplett voll, unter der Voraussetzung, dass die Kapazität um maximal 10 Mio. Barrel pro Jahr steigt.
Einige Beobachter sehen in dieser Rechnung gleich eine große Gefahr für den Ölpreis. Es könnte dazu kommen, dass Lagerbetreiber kein zusätzliches Öl mehr aufnehmen. Es bliebe den Produzenten dann nichts anderes mehr übrig als das Öl zu verkaufen. Das Angebot würde so noch schneller steigen als ohnehin schon. Die Folge: der Markt würde mit zusätzlichem Öl überschwemmt, welches derzeit noch in den Lagern landet.

Ob es soweit kommt, seit dahingestellt. Wirklich wahrscheinlich ist es nicht. Die US Energiebehörde hat in der Veröffentlichung eine Lagerauslastung von 60% errechnet. Die Kapazitätszahlen sind allerdings vom September 2014. Unterstellt man eine stetige Ausweitung der Kapazität seither, dann liegt die aktuelle Auslastung wie in Grafik 1 dargestellt bei ca. 65% und nicht bei den 60%, die die Energiebehörde per September 2014 berechnet hat (Grafik 2).

Übervolle Lager und eine Ölschwemme muss man aktuell noch nicht befürchten. Es kann dennoch zu kurzzeitigen Verzerrungen kommen. Die USA werden in 5 Zonen eingeteilt. Die Ostküste ist dabei jene mit den geringsten Lagerkapazitäten und sind entsprechend auch schon stark ausgelastet. Mit 85% Auslastung kann man fast schon von vollen Lagern sprechen. Wird dort Öl abgewiesen, dann dürfte das für einen kurzen Ruck sorgen, wenn eine solche Meldung durch die Medien geht. Tatsächlich aber ist die Kapazität im Landesvergleich so klein, dass es keinen wegweisenden Einfluss hat – egal, ob das Lager nun voll oder leer ist.

Insgesamt können die Lagerbestände noch deutlich ansteigen. Betreiber werden zusätzliches Öl kaum ablehnen. Es bringt immerhin ca. 0,5 USD pro Barrel pro Monat ein. Je voller die Läger, desto höher der Umsatz und letztlich auch der Gewinn. Produzenten könnten allerdings bei den hohen Kosten irgendwann auf die Idee kommen, dass sich die Lagerung nicht mehr lohnt. Bei 6 USD pro Jahr überlegt man sich bei einem Preis von z.B. 40 USD schon sehr genau, ob man noch einmal 6 USD vom Preis abzieht oder um 40 USD verkauft. Dann käme es doch noch zu einer kleinen Ölschwemme aus den Lagern.

Die Kosten für andere Lagermöglichkeiten als Tankfarmen sind deutlich teurer. Für die Lagerung eines Barrels werden 0,5 USD pro Monat gezahlt. Die Lagerung auf einem Öltanker kann pro Monat auch 1,5 USD betragen. Man kann davon ausgehen, dass Produzenten zuerst die Tankfarmen füllen wollen. Das ist billiger. Sind diese voll, was noch lange nicht der Fall ist, dann kann immer noch auf andere Lagermethoden ausgewichen werden. Die größten Öltanker können bis zu 3,7 Mio. Barrel fassen. Das entspricht der weltweiten Überproduktion von 4 bis 6 Tagen.

Momentan lässt sich aus den Daten nicht ableiten, dass es in den kommenden Monaten zu einem Lagerengpass kommt. Einen zweiten Preisrutsch unter 40 USD kann man hieraus wirklich nicht ablesen. Die Chancen, dass Öl den Tiefpunkt schon gesehen hat, stehen nach wie vor ganz gut.

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3 Kommentare

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  • elliot
    elliot

    unter 43,5 (WTI) geht`s rrrund...und wir sind aktuell auf bestem Wege...

    den Chart interessieren keine Lagerbestände und sonstigen Argumente, der macht was er machen muss... ;-))

    22:12 Uhr, 13.03.2015
  • Otua
    Otua

    Na ja, bei alleine schon knapp 60 % Steueranteil ist der Einfluss des Rohölpreises auf den Spritpreis eher gering und von den verbleibenden 40 % geht ja auch noch einiges für die Raffinierung, den Transport und die Lagerung drauf.

    10:25 Uhr, 13.03.2015
  • Dieter_HW
    Dieter_HW

    Also ich verstehe das jetzt richtig, dass der Verfasser gerne 2,00 Euro /l Sprit bezahlt? Denn dann scheint es ja kein Schock zu sein. Für mich kann der Ölpreis gar nicht stark genug fallen. Denn der ist eh noch zu hoch. Und vielleicht sollte man auch einfach berücksichtigen, dass bei einem Preisrückgang durchaus mehr verkauft wird.

    00:44 Uhr, 13.03.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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