Kommentar
06:28 Uhr, 09.11.2020

Kommt der große Deflationsschock?

Das Coronavirus wurde vor zehn Monaten zur globalen Krise. Notenbanken ließen nicht lange auf sich warten. Es gab viele Ängste sowohl vor einem Inflations-, als auch vor einem Deflationsschock. Nach zehn Monaten sollten wir es nun eigentlich wissen.

Als Notenbanken erstmalig in der jüngeren Geschichte QE starteten (nach der Finanzkrise), gab es ebenfalls Inflationsängste. Die befürchtete Inflation kam nie. Trotz einer unglaublichen Geldschwemme blieb die Inflationsrate sogar unter der Zielmarke von 2 %.

Der Irrtum, dem viele damals unterlagen, kam auch dieses Mal wieder zum Vorschein. Wenn mehr Geld zur Verfügung steht, sollten die Preise eigentlich steigen. Das klingt einleuchtend. Die Realität ist aber ein klein wenig komplizierter.

Die Geldmenge allein macht keine Preise. Es kommt darauf an, was mit dem Geld geschieht. Steht mehr Geld zur Verfügung und werden damit Waren gekauft, müssen die Preise steigen. Das Angebot an Waren und Dienstleistungen ist kurzfristig eine feste Größe. Man kann nicht von heute auf morgen das Angebot verdoppeln. Bis Fabriken gebaut sind dauert es.

Wenn das Angebot gleich ist, die Geldmenge aber mehr, müssen die Preise steigen, um für ein Gleichgewicht zu sorgen. Das gilt aber nur, wenn die zusätzliche Geldmenge tatsächlich in die Wirtschaft fließt und Waren nachgefragt werden. Genau das geschah nach der Finanzkrise nicht und ist nun wieder nicht geschehen.

Ob die Geldmenge zu zusätzlicher Nachfrage führt, kann man anhand der Geldumlaufgeschwindigkeit erkennen. Wird die Geldmenge ausgeweitet und sinkt die Umlaufgeschwindigkeit im gleichen Ausmaß, wird das Geld gehortet und nicht ausgegeben. Das geschah nach der Finanzkrise und aktuell wieder (Grafik 1).


Anstatt eines Inflationsschocks müsste man daher eher einen Deflationsschock vermuten. Die Umlaufgeschwindigkeit ist kollabiert wie nie. Die Umlaufgeschwindigkeit geht der Inflationsrate dabei um einige Quartale voraus. Der Schock, sofern er kommt, wäre erst im kommenden Jahr zu erwarten.

Aktuell scheint sich die Inflationsrate eher zu normalisieren. In den USA steigt sie wieder. In der Eurozone hingegen fällt sie (Grafik 2). Das hat mehrere Gründe. Steuersenkungen haben teils zu niedrigeren Preisen geführt und der Euro wertete auf. Auch das drückt die Inflation. Daher läuft der Trend in den USA und der Eurozone gegenläufig. Mittelfristig wird das wieder ausgeglichen.


Es bleibt aber bei der Frage: kommt der große Deflationsschock?

Auch dieser kommt vermutlich nicht. Die Coronakrise hat zu einem geringeren Angebot geführt. Lieferketten wurden unterbrochen und werden in den kommenden Monaten wieder gestört. Die Nachfrage ist eingebrochen, aber das gilt auch für das Angebot. Dies wirkt der Nachfrageschwäche und der geringeren Geldumlaufgeschwindigkeit entgegen.

Das sind für alle Beteiligten gute Neuigkeiten. Wenn die Börse eines nicht mag, dann ist es hohe Inflation oder Deflation. Weder das eine noch das andere ist zu befürchten.

Clemens Schmale


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8 Kommentare

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  • Tom66
    Tom66

    Zwar ist Wohnen durchaus enthalten - aber in einem Block zusammen mit Wasser, Gas und "Brennstoffen", welcher ca 30% ausmacht. Ihre Aussage, Wohnen sei zu 30% enthalten, ist also zweifelhaft. Eher dürfte es so sein, dass die stark gefallenen Öl- und Benzinpreise die stark gestiegenen Wohnkosten verstecken helfen.

    Ein nicht mehr taufrischer (aus dem Jahr 2017) aber dennoch ganz guter Artikel zum Thema Inflationsrate versus reale/individuelle Inflation ist auch der folgende, denn er thematisiert, welch große Spielräume zur Manipulation die Regierung bei der Manipulation äähhh Berechnung der Inflationsrate hat:

    https://m.focus.de/finanzen/ne...

    10:00 Uhr, 09.11. 2020
  • -oXe-
    -oXe-

    Es werden mit Sicherheit Firmen Pleite gehen. Laut Hr. Krall etwa 25%. Es ist vermutlich aber nicht so, dass diese alle gleichzeitig den Stecker ziehen. Es gibt zu wenig Insolvenzverwalter für so ein Szenario. Eine "normale" Insolvenz kann sich auch Monate und Jahre ziehen. Davon gehen dann auch nicht mehr alle Pleite. Man darf auch nicht vergessen, dass die Banken nicht dumm sind. Es werden schon lange Cashreserven aufgebaut um so ein Szenario zu überstehen. Hr. Krall überdramatisiert hier meiner Meinung nach extrem.

    14:25 Uhr, 08.11. 2020
  • LK12
    LK12

    Falls Immobilienpreise/kosten von der Inflationsrate miterfasst worden wären, wären die Inflationsraten seit 10 Jahren enorm gewesen. Diese sind aber offiziell aussen vor (warum auch immer, somit steht dem einzelnen im Umkehrschluss auch kein Recht auf bezahlbaren (= Preisstabilität) Wohnraum zu). Gleichzeitig ist der Immobilienkauf bzw. dessen Finanzierung oder aber die mtl. Miete der zentrale Punkt schlechthin im Leben eines Normalsterblichen. Was kostet mehr: 10% höhere Lebensmittelpreise oder aber 5% höhere Miete ? ist einfache Mathematik. Kommt immer auf den Basiswert an. Vor diesem Hintergrund sind auch die Konsequenzen in Berlin zu sehen. Somit kann man inoffiziell seit 10 Jahren von einer hohen Inflationsrate ausgehen, offiziell hingegen hat die hohe Inflation nur bei den Vermögensassets stattgefunden (Immobilien, Aktien, Anleihen) als Folge (Fehlallokation von Kapital) der Niedrigzinspolitik. Von daher stellt sich für mich gar nicht erst die Frage was die Zukunft bringt, sondern ergibt sich ganz logisch aufgrund des o.g. Sachverhalts = Korrektur der Assets-Inflation = Deflation. Diese müsste - als eindeutiges Zeichen - mit langfristig steigenden Zinsen einhergehen. Dies bedeutet schliesslich nichts anderes ausser dass es Kapital nicht umsonst gibt, was geschichtlich zu genüge und auch durch die BWL Lehre unterlegt ist . Auch was die Marktteilnehmer angeht stellt sich die einfache Frage: wie verdienen die Grossen ihr Geld ? Normalerweise durch Zinsen, diese gibt es aber nicht. Somit bleiben nur Buchgewinne an den Märkten. Somit erleben wir soeben entweder die Erfindung des ewigen Schneeballsystems (alles steigt immer weiter und für immer) oder es gibt aber ein böses Erwachen. Die BWL Lehre spricht ja von der Marktbereinigung. In echt versucht die Politik diese seit vielen Jahren hinauszuzögern und spielt auf Zeit, weil diese in der Realität sehr schmerzhaft werden würde. Schauen wir wer gewinnt. Und genau hier kommt der Charttechnik eine Schlüsselrolle zu: sie kann einem Sachkundigen zeigen wohin die Reise geht, ist quasi die "Uhr" .

    21:48 Uhr, 07.11. 2020
    2 Antworten anzeigen
  • Tom66
    Tom66

    ... und auch die nur dank niedriger Zinsen überlebenden, von Markus Krall "Zombiefirmen" genannten Unternehmen gibt es gar nicht. Alles nur Hirngespinste und Verschwörungstheorien.

    Oder?

    07:54 Uhr, 07.11. 2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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