Kommentar
14:14 Uhr, 29.09.2015

Kann es Bayern auch allein?

Die Katalanen wollen einen eigenen Staat. Vor dem Hintergrund der sich immer weiter zuspitzenden Flüchtlingskrise könnte daraus die Frage nach der Zukunft unserer Demokratie erwachsen...

In Anlehnung an einen Buchtitel des früheren Bayernkurier-Chefredakteurs Wilfried Scharnagel könnte man in diesen Tagen einmal eine gewagte These formulieren: Nachdem Europa erkennbar immer größere Auflösungserscheinungen zeigt, kann man schlussfolgern, dass Unabhängigkeitsbestrebungen, wie wir sie derzeit bei den Katalanen in Spanien sehen, auch in anderen Teilen des Kontinents schon bald hoffähig werden könnten.

Hätte womöglich gar eine Abspaltung Bayerns von Deutschland in der Bevölkerung des Freistaates längerfristig die Chance Realität zu werden? Der überwältigende Wahlerfolg der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung von dieser Woche zeigt, dass solche Ideen keineswegs so absurd sind, wie sie sich zunächst anhören.

Von der Europäischen Union (EU) werden derlei Ansinnen selbstredend mit der wirksamsten Keule bekämpft, die den Brüsseler Technokraten zur Verfügung steht: Bestrebungen der Bürger nach Unabhängigkeit werden umgehend mit Geldentzug geahndet. Damit wird man in Kürze auch die Katalanen bändigen wollen. Denn natürlich wird die EU damit drohen, katalanischen Banken den Geldhahn zuzudrehen.

"Böse Separatisten"

Übrigens spricht die Presse in diesem Zusammenhang stets von „Separatisten“. Warum das so ist, liegt auf der Hand: Der Begriff hat etwas Anrüchiges, ja Abstoßendes, das natürlich mit allen Mitteln bekämpft werden muss. Das aber nur am Rande...

Ob die Strategie, Unabhängigkeitsbestrebungen der Bürger schlecht zu machen, auf Dauer funktionieren kann, ist vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen in Europa allerdings äußerst fraglich. Insbesondere die vollkommen aus dem Ruder laufende Flüchtlingskrise dürfte dafür sorgen, dass Unabhängigkeitsgedanken, wie sie die Katalanen, die Südtiroler, die Schotten, ja selbst die Briten mit Blick auf die EU formuliert haben, schon bald regen Zulauf bekommen werden.

Wäre dies womöglich auch in Bayern denkbar?

Der folgende Artikel ist schon mehr als zwei Jahre alt. Seither ist viel passiert. Insbesondere die "Flüchtlingspolitik" der Bundesregierung hat mittlerweile derart viel Porzellan zerschlagen, dass auf diesem Nährboden in den kommenden Jahren alles Mögliche gedeihen kann, auch ein völliger Zerfall Europas. Womöglich mit einem „Freistaat Bayern?“

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In dem Artikel heißt es dazu:

"Kurzer Anruf bei der Hanns-Seidel-Stiftung: Jeder vierte Bayer, teilt eine freundliche Dame mit, finde die Vorstellung eines souveränen bayerischen Staats mit einem bayerischen Außenminister und einer Bayern-Armee ganz wunderbar. So viele waren es anfangs auch bei den Katalanen und Schotten. Dann kam die Krise und brachte Arbeitslosigkeit und Bankenpleiten. Mittlerweile findet die breite Masse, die Milliarden Steuereinnahmen aus Hotels, Fabriken und Ölfeldern sollten lieber in der Region verbleiben".

Wie gesagt, das war vor mehr als zwei Jahren. Sollte sich die Flüchtlingskrise weiter zuspitzen, und sollten IS-Terroristen demnächst Anschläge auch in Deutschland verüben, was nach realistischer Einschätzung der Sachlage nur eine Frage der Zeit sein kann, dann könnten Bestrebungen nach staatlicher Unabhängigkeit auch in Deutschland, und hier insbesondere in Bayern, massiven Zulauf bekommen.

Sind die Bayern also die nächsten Katalanen? Einstweilen sind es "nur" Maßnahmen wie ein Aufnahmestopp für Flüchtlinge, die Bayern jetzt im Alleingang durchsetzen will. Bei einer weiteren Verschärfung der Lage könnte jedoch sehr viel mehr daraus werden.

Im folgenden Beitrag aus der gänzlich unverdächtigen, weil politisch weit links angesiedelten taz, wird ein wichtiger Aspekt freiheitlicher (!) Bestrebungen ins Spiel gebracht. Florian Weber, Landesvorsitzender der Bayernpartei, wird darin mit folgenden Worten zitiert:

„Ich weiß, dass das für viele Menschen sonderbar klingt. Aber wenn man die Idee mal durchdenkt, dann steckt viel Wahrheit darin.“

Je kleiner die politische Einheit, umso näher seien die Menschen an den politischen Entscheidungen.

Man könnte auch sagen: Je kleiner und überschaubarer die politische Einheit, desto größer ist die Chance, dass dort demokratische Strukturen errichtet werden können.

Ein sehr lesenwerter Artikel des Prometheusinstituts fasst diesen zentralen Aspekt wie folgt zusammen:

"Demokratie ist auch, wie Karl Popper es beschrieb, die Möglichkeit des unblutigen Regierungswechsels. Demokratie ist auch die Möglichkeit, Entscheidungen zu revidieren und aus Fehlern zu lernen. Demokratie ist auch die Vielfalt an Partizipationsmöglichkeiten, die sich in Elementen wie Gewaltenteilung und Volksabstimmungen widerspiegelt. Und Demokratie hat sehr viel mit Föderalismus und Subsidiarität zu tun.

(...)

Demokratie korrekt übersetzt heißt nicht Volksherrschaft, sondern „Selbstverwaltung der kleinsten Einheit“, der „Deme“. Es ist kein Zufall, dass die Demokratie in den ziemlich überschaubaren Stadtstaaten des alten Griechenland seinen Ursprung nahm und nicht im gigantischen Perserreich. Es ist kein Zufall, dass die moderne Demokratie zunächst in den kleinen Kantonen der Schweiz heranwuchs und nicht in den großen Zentralstaaten des Mittelalters und der frühen Neuzeit".

Demokratie hat auch sehr viel mit Verantwortungsfähigkeit und -bewusstsein zu tun. Darum ist die nicht selten zu vernehmende Forderung nach dem „mündigen Bürger“ auch absolut richtig. Denn es geht um Selbstverwaltung – oder noch deutlicher: um Selbstbestimmung. Je größer die Menschengruppe wird, in der Entscheidungen demokratisch getroffen werden, umso weniger erkennt man die unmittelbaren Auswirkungen der Entscheidungen, umso leichter fällt das Sozialisieren.

Das ist bei kleinen Einheiten nicht der Fall: Wenn etwa in einer Stadt über Gewerbesteuern oder Infrastrukturmaßnahmen diskutiert wird, dann werden die Vor- und Nachteile sehr schnell deutlich werden. Dann steht die Abwägung von Kosten und Nutzen tatsächlich zur Debatte. In einem großen Staat wie Deutschland oder Frankreich und erst recht in einem Gebilde wie der EU werden solche Entscheidungen hingegen anonymisiert, unüberschaubar und mithin sozialisiert. Irgendjemand zahlt, irgendjemand empfängt – aber keiner hat mehr wirklich den Überblick oder gar die Kontrolle. Selbstbestimmung ade!

(...)

"Demokratie bedeutet in erster Linie Selbstverantwortung. Dazu gehört die Möglichkeit, sein Leben selber in die Hand zu nehmen. Und deshalb gehört dazu ein Staat, der sich so weit wie möglich aus dem Leben, dem Portemonnaie und der Privatsphäre seiner Bürger zurückzieht. Aber genau so gehört dazu die Fähigkeit, sein Leben selber in die Hand zu nehmen. Diese Fähigkeit lernen wir Menschen am besten, wenn wir die Konsequenzen unserer Handlungen und Entscheidungen spüren. Und dafür brauchen wir die kleinen Einheiten".

Eines zeigt der Beitrag mit seltener Klarheit: Wenn wir heute über die Unabhängigkeitsbestrebungen von Katalanen, Schotten oder Bayern diskutieren, über Europa und die sich immer weiter zuspitzende Flüchtlingskrise, dann sollten wir zuallererst auch über die Zukunft der Demokratie diskutieren.

Und darüber, wie wir diese Demokratie gestalten wollen...

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG. Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de

80 Kommentare

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  • ReisingerM
    ReisingerM

    Wir nehmen euch auf. Bayern zu Österreich ;) :P xD

    20:18 Uhr, 04.10.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Sonnenschein
    Sonnenschein

    Diskutieren ist wichtig, doch ohne Taten geht es ins Leere ...

    17:48 Uhr, 04.10.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Sonnenschein
    Sonnenschein

    Für den Fall, dass Ihr heute noch etwas in Sachen TTIP tun wollt:

    https://secure.avaaz.org/de/stop_ttip_de_hyb/?bkdD...

    17:32 Uhr, 04.10.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Tom_
    Tom_

    Bei der letzten Diskussion über die Flüchtlingskrise vor einigen Tagen gab es ja auch einige die meinten das wäre kein bedeutendes wirtschaftl. Thema, man das jetzt auch in Berlin ganz anders:

    "Es wird richtig teuer werden." "Wir brauchen jetzt wirklich jeden Cent, ob der jetzt in diesem Jahr oder im nächsten Jahr entsteht, um diese Herausforderung abzubilden"

    https://www.boerse-go.de/nachricht/brinkhaus-cdu-b...

    16:50 Uhr, 04.10.2015
  • So wie der Adler fliegt
    So wie der Adler fliegt

    Und weil wir gerade bei Jägerstätter sind - ein wichtiger Grund warum er sich weigerte für das Naziregime zu kämpfen, seinen Einberufungsbescheid verweigerte, seinem Bischof und allen anderen Kirchenvertretern, die ihm vom Gegenteil überzeugen wollten, ins Angesicht widersprach, die Hinrichtung in Kauf nahm und schweren Herzens Frau und mehrere kleine Kinder zurückließ, ist neben dem Bibelstudium ein Traum den er hatte und der es Wert ist erzählt zu werden....

    Jägerstätter sah im Traum einen Kleinstadtbahnhof, auf dem Volksfeststimmung herrschte. Der Bahnhof war überfüllt mit Menschen, die Blaskapelle spielte und die Menschen waren freudig und ausgelassen über den herannahenden Zug. Der Zug war über und über mit Girlanden und blutroten Naziemblemen geschmückt. Als der Zug einfuhr und stoppte, prügelten sich die Menschen als erste in den Zug zu kommen und einen sicheren Platz zu ergattern - alle wollten unbedingt dabei sein.

    Gleichzeitig verkündetet die Lautsprecheranlage des Bahnhofs: "Dieser Zug fährt in die Hölle, alles einsteigen"....

    13:05 Uhr, 04.10.2015
  • So wie der Adler fliegt
    So wie der Adler fliegt

    Also Chronos sorry, für mich leiden Sie an selbstherrlichem Größenwahn/Selbstüberschätzung:

    "Im Gegensatz zu Ihrem doppelbodigem Ablasshandel menschliche Schwäche oder Unwissenheit auszunutzen, dulde ich derartige Dogmen nicht."

    Der "große Chronos, der "Schöpfer des Menschengeschlechts" entscheidet und weiß also das jeder Glaube perse mit "menschlicher Schwäche und/oder dem ausnutzen von Unwissenheit" zu tun hat - habe ich das jetzt richtig verstanden?

    Und da er das weiß und klüger ist als seine "von menschlicher Schwäche und Unwissenheit" gezeichneten Angestellten, ist es seine Aufgabe sich um das Seelenheit seiner Angestellten dadurch zu kümmern, daß er alles religiöse aus seinem Machtbereich verbannt!?

    Für mich ist das Totalitarismus reinsten Wassers.

    "Ansonsten gilt, wer zahlt schafft an und wer intoleranten Unfrieden abseits der Aufgabe und Wertneutralität versucht kann sich ein anderes Team suchen"

    Wer zahlt schafft sicher weder an noch kann er im positiven Sinne Einfluß darauf nehmen, was Menschen in ihrem Herzen über Gott und die WElt denken und für wahr und richtig halten.

    Ich wüßte auch nicht, daß ich dazu aufgerufen hätte "intoleranten Unfrieden" am Arbeitsplatz zu verbreiten und "die Aufgabe/Arbeit" zu behindern. Und sich ein anderes Team zu suchen, würde ich bei Ihrer Intoleranz in jedem Fall empfehlen.

    Und was genau ist nun Wertneutralität? Wer legt diese fest - der allwissende Chronos?

    Wissen Sie eigentlich wie sich aus meiner Sicht der christliche Glauben einzig und alleine verbreitet - aus Einsicht des Herzens und basierend auf absoluter Freiwilligkeit. Jesus erhebt den Anspruch die Wahrheit zu sein. Wahrheit aber kann man aber weder verordnen, einem anderen Menschen dogmatisch aufzwingen noch verbieten!

    Das bedeutet aber nicht, daß sich ein normaler Mensch/Christ von den "Chronos" der Erde verbieten lassen wird über Jesus/Herzensanliegen zu reden. Gott sei Dank ist das ein vollkommen sinnloser Kampf von Menschen wie Ihnen.

    Die Bibel sagt "Gott hat dem Menschen die Ewigkeit ins Herz gelegt" = das stille Wissen um und nach Transzendenz. Deshalb schufen sich alle Kulturvölker der Erde Religionen als Rückbindung des Menschen zu dieser Transzendenz. Daneben wird die Existenz Gottes jedem Menschen natürlich auch noch tagtäglich durch die Natur und sein Gewissen bezeugt.

    Wenn ein Chronos also glaubt gegen diese im Menschen angelegte Veranlagung "Krieg" führen zu können/müssen, dann ist das ein Kampf gegen Windmühlen und zeugt von unreifem Narrentum.

    Und in der Tat ist das Christentum die Berufung zur maximalen Freiheit. Jesus und die Bibel lehrt nämlich

    "der Herr unser Gott ist der einzige Herr"

    Auf deutsch - es gibt keine irdischen Herren/Chronose, die dem Christenmenschen etwas zu sagen/melden hätten, mehr Wert wären als er oder über ihm stünden (ins Seelenleben/Glaubensfragen hat sich schon gar keiner einzumischen).

    Der christliche Glaube verbietet es regelrecht auf irgendeinen "Chronos" der Erde in diesen Fragen zu hören / sich Anmaßungen solcher Chronose bieten zu lassen!

    Du bist nicht mein Herr und nicht der Herr über deine Angestellten, ob du zahlst oder nicht, ist dabei in gänze irrelevant!

    Und das das Niederwerfen deiner Angestellten vor dem Königshaus das Maximum an devotem und religiösem Verhalten offenbart ist dir hoffentlich auch klar - es ist da sicherlich eine Form von Vergötzung der Königsfamilie dabei, also genau das was die Bibel ggü. jedem Menschen verbietet!

    Gruß!

    01:12 Uhr, 04.10.2015
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  • 1 Antwort anzeigen
  • lusche
    lusche

    Wenn ich das richtig verstanden habe kommen ca. 10000 Asylbewerber pro Tag nach Deutschland. Herkunft nicht festzustellen, da keine Kontrollen möglich. Es sollen auch sogenannte IS Schläfer miteingeschleust werden, die zu einem späteren Zeitpunkt dann vom IS aktiviert werden könnten, um terroristische Aktivitäten auszuführen. Da ist es doch ein genialer Schachzug unserer Regierung immer mehr nukleare Sprengköpfe der Amis bei uns zu lagern. Wir könnten dann mal richtig voRWEg gehen.

    15:53 Uhr, 03.10.2015
  • So wie der Adler fliegt
    So wie der Adler fliegt

    Gemeint war am Schluß tststs....

    15:26 Uhr, 03.10.2015