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12:30 Uhr, 26.03.2019

Japans kontraintuitive Arbeitsmarktdynamik

Jupiter-Fondsmanager Dan Carter geht davon aus, dass die japanischen Unternehmen vom engen Arbeitsmarkt weiterhin eher profitieren werden.

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London (GodmodeTrader.de) - Die rekordverdächtige Profitabilität japanischer Unternehmen hat das wirtschaftliche Gewicht des Unternehmenssektors in Japan gestärkt. Obwohl die Arbeitslosigkeit seit mehreren Jahren kontinuierlich sinkt, ist das zum Teil auf Kosten der Arbeitsbevölkerung gegangen, wie Dan Carter, Fondsmanager des Jupiter Japan Select SICAV bei Jupiter Asset Management, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Was seien die Gründe für diese kontraintuitive Dynamik am japanischen Arbeitsmarkt? Könnten Gewerkschaften die Lücke schließen? Die Profitabilität japanischer Unternehmen habe sich in den letzten Jahren dramatisch und strukturell verbessert. Dadurch seien die Vorsteuer-Gewinnmargen aus der Spanne ausgebrochen, in der sie sich über mehrere Jahrzehnte bewegt hätten, heißt es weiter.

„Durch die deutlich höheren Gewinnmargen japanischer Unternehmen hat sich auch der Anteil des Unternehmenssektors an der japanischen Wirtschaftsleistung erhöht. Und nicht nur das – der höhere Anteil der Unternehmen am Volkseinkommen ist auf Kosten anderer Anspruchsgruppen gegangen. Dabei fällt der relative Bedeutungsverlust der Erwerbstätigen mit einem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit zusammen. Das scheint dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen. Eigentlich müsste eine niedrigere Arbeitslosigkeit doch die Verhandlungsmacht der Arbeiter stärken und zu höheren Löhnen führen?“, so Carter.

Es gebe hier einen Faktor, der den Unternehmen in die Hände spiele: die sich verändernde Struktur der Erwerbstätigen, da besser bezahlte ältere Männer durch weniger gut bezahlte Arbeiter ersetzt worden seien. Darüber hinaus gehe das Beschäftigungswachstum der letzten Jahre hauptsächlich auf den vermehrten Eintritt weiblicher Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt zurück. Das habe die strukturelle Verengung des Arbeitsmarktes durch die Alterung (Verrentung) der Erwerbstätigen gemindert, heißt es weiter.

„Hinzu kommt, dass die Unternehmen ihre bestehenden Personalressourcen aufgrund des akuten Mangels an Nachwuchskräften nur noch für die profitabelsten Projekte eingesetzt haben. Wir haben dieses Phänomen bereits in der Vergangenheit als „perverse demografische Dividende“ für den Unternehmenssektor bezeichnet. So richtig diese Erklärungen auch sind, lassen sie aber einen wichtigen dritten Faktor außen vor: die Tatsache, dass die Basislöhne tatsächlich weniger stark gestiegen sind, als die meisten Ökonomen in einem derart engen Arbeitsmarkt erwartet hätten“, so Carter.

Im Februar hätten die Gewerkschaften erneut die Chance, diese Lücke zu schließen: Mit den Tarifgesprächen zwischen dem japanischen Gewerkschaftsverband Rengo und Japans größtem Arbeitgeberverband Keidanren sei in diesem Monat der Startschuss für die jährlichen Tarifverhandlungen gefallen, heißt es weiter. „Angesichts des insgesamt nachlassenden Inflationsdrucks – der japanische Verbraucherpreisindex ohne frische Lebensmittel und Energie ist im Dezember 2018 um nur noch 0,3 Prozent gestiegen – meinen wir, dass der Unternehmenssektor in diesen Verhandlungen die Oberhand behalten dürfte“, so Carter.

Zudem seien die Möglichkeiten der Unternehmen für die bereits erwähnte Reallokation ihrer Personalressourcen sicherlich noch längst nicht erschöpft. Nicht mehr sehr viel Luft dürfte es dagegen für eine weitere Ausweitung der Erwerbstätigenquote bei japanischen Frauen geben. Außerdem drängten stimmhungrige Politiker auf höhere Lohnsteigerungen für ihre potenziellen Wähler, heißt es weiter. „Insgesamt gehen wir davon aus, dass die japanischen Unternehmen vom engen Arbeitsmarkt weiterhin eher profitieren werden. Gleichzeitig ist uns aber auch bewusst, dass das Tempo der strukturellen Verbesserung nachlassen könnte. Daher werden wir das Risiko potenziell ertragsschmälernder Lohnforderungen auf Einzeltitelebene genau prüfen“, so Carter.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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