Aktien Japan: Das Marktrauschen ausblenden
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Zürich (GodmodeTrader.de) – Das Kalenderjahr 2018 war für Anleger in den meisten Anlageklassen ein schwieriges Jahr, und japanische Aktien waren keine Ausnahme: Der Topix-Index fiel in der Lokalwährung um fast 18 Prozent – die schwächste jährliche Entwicklung seit der globalen Finanzkrise. Zum Teil war dies auf die erhöhten Erwartungen nach dem sehr guten Jahr 2017 zurückzuführen, als die Kurse von risikobehafteten Kapitalanlagen durch die berauschende Kombination aus globalem Wirtschaftswachstum und tiefen Zinsen unablässig nach oben getrieben wurden, wie Ernst Glanzmann und Reiko Mito, Investment Director bei GAM Investments, in einem aktuellen Marktkommentar schreiben.
Ebenso wie in den USA hätten Wachstumsaktien im Oktober am stärksten unter der heftigen Korrektur am japanischen Aktienmarkt gelitten. Angesichts der Aussicht auf steigende Anleihenrenditen stellten sich Investoren die Frage, ob es wirklich klug sei, Positionen in den teuersten Sektoren des globalen Aktienmarktes zu halten. Obwohl es verlockend erscheine, kurzerhand zu erklären, dass Japan lediglich von externen Entwicklungen mitgerissen worden sei, wäre dies jedoch eine starke Vereinfachung, heißt es weiter.
„Wir können unmöglich schlussfolgern, dass die Handelskonflikte zwischen den USA und China keinerlei Auswirkungen auf die japanische Wirtschaft oder die Rentabilität japanischer Unternehmen haben werden. Dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge ist Japan jedoch erheblich weniger anfällig für die Folgen dieser Entwicklungen als viele andere Schwellen- und Industrieländer. Es überrascht daher nicht, dass der IWF vor kurzem seine Prognose für das japanische Wirtschaftswachstum für das Jahr 2019 um 0,2 Prozent angehoben hat, während die Prognose für die Industrieländer insgesamt um 0,1 Prozent gesenkt wurde“, so Glanzmann und Mito.
Anfang 1995 – fünf Jahre, nachdem japanische Aktien gemessen an den Kursindizes ihren Höchststand erreicht hatten – habe der Markt nach wie vor mit einem prognostizierten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 56 notiert, wohingegen sich das prognostizierte KGV des US-Marktes auf einem vernünftigeren Niveau von 12,5 bewegt habe. Als sich die globalen Aktienmärkte im Jahr 2009 von der Krise erholt hätten, sei Japan immer noch mit einem massiven Aufschlag (32) gegenüber den USA (14) gehandelt worden. In den letzten Jahren habe sich diese Dynamik jedoch drastisch umgekehrt. Das prognostizierte KGV von US-Aktien sei jetzt höher (15,4) als im Jahr 2009, wohingegen der japanische Markt mit einem erheblichen Abschlag (11,7) notiere. Aufmerksamen Marktteilnehmern dürfte nicht entgangen sein, dass Japan vor 2018 eine schwungvolle Hausse erlebt habe, die mehr als fünf Jahre andauerte, heißt es weiter. „Was könnte diese dramatische Veränderung der relativen Bewertung verursacht haben?“, fragen die beiden Autoren.
„Interessant ist hierbei, dass die Ermittlung von Bewertungen in der Vergangenheit eher eine Kunst als eine Wissenschaft darstellte. Japanische Aktien wurden – vor allem in der «Blasenbildung» in den 1980er Jahren eher durch starke psychologische Einflüsse wie Intuition, Instinkt und Herdenverhalten (und ähnliche Faktoren) getrieben. Einer der Gründe dafür war die hohe Quote von gegenseitigen Unternehmensbeteiligungen, die den japanischen Aktienmarkt früher kennzeichnete. Im Jahr 1990 betrug diese Quote zum Beispiel 35 Prozent. Bis 2017 war sie jedoch auf 9,5 Prozent gesunken und dürfte sich dank der verbesserten Corporate Governance in den nächsten Jahren weiter verringern. Unserer Meinung nach ist dies der richtige Zeitpunkt für eine Orientierung der Marktkurse an aggregierten Bewertungen, die sich auf das Wachstum und die Qualität der Gewinne beziehen. Auf dieser Basis erscheinen japanische Aktien höchst attraktiv“, so Glanzmann und Mito.
Bemerkenswerterweise sei das prognostizierte KGV des japanischen Aktienmarktes Mitte 2013 erheblich höher (14) als heute. Das bedeute effektiv, dass die Kurse japanischer Aktien im Großteil der Hausse von 2012 bis 2017 nicht mit dem Wachstum der Unternehmensgewinne mitgehalten hätten, während die Anleger US-Unternehmen in dieser Zeit für vergleichsweise schwächere Leistungen übermäßig belohnt hätten, heißt es weiter.
„Obwohl ein instinktgetriebenes Handeln nahezu zwangsläufig zu Verzerrungen führt, werden fundamentale Verzerrungen im Laufe der Zeit unweigerlich korrigiert. Das trifft nicht nur auf Länder-, sondern auch auf Sektorebene und innerhalb von Sektoren zu. Man denke nur an die explosionsartige Outperformance von Technologieaktien und die unglaublich eng beieinanderliegenden Spitzenreiter am US-Aktienmarkt in den letzten Jahren. Eine ähnliche Dynamik war auch in Japan zu beobachten, und obwohl wir relative Argumente für die Bevorzugung eines passiven Engagements in japanischen Aktienindizes gegenüber ihren US-Pendants (auf KGV-Basis) vorbringen könnten, sind wir überzeugt, dass eine auf Fundamentalanalyse basierende Kapitalanlage bedeutende Wertsteigerungen erzielen kann“, so Glanzmann und Mito.
Unter thematischen Aspekten habe die Wachstumsdynamik in einigen Fertigungssektoren nachgelassen, insbesondere in Bereichen mit Bezug zu Smartphones und Automatisierung. Globale Rezessionsgefahren erschienen aufgrund des robusten Privatkonsums, der weiterhin von soliden Realeinkommen in den Kernländern getragen werden dürfte, als gering. Aufgrund des knappen Arbeitskräfteangebots dürften die Löhne potenziell steigen. Der niedrigere Rohölpreis dürfte die Inflation zügeln. Im Oktober 2019 solle die Konsumsteuer in Japan von acht auf zehn Prozent angehoben werden. Um den negativen Effekt zu begrenzen, beabsichtige die Regierung, der Wirtschaft im Vorfeld mit einem Konjunkturpaket sowie mit Maßnahmen wie Einkaufsgutscheinen oder Steuersenkungen bzw. Subventionen für Neufahrzeuge unter die Arme zu greifen, heißt es weiter.
„Eines der Anlagethemen, die wir für das Jahr 2019 ins Auge fassen, ist die Trendwende im Maschinenbausektor. In letzter Zeit hat diese Branche massiv unter den Sorgen vor einer weltweiten Wachstumsverlangsamung und den Handelskonflikten zwischen China und den USA gelitten. Auf Basis bisheriger Erfahrungen und früherer Trends glauben wir jedoch, dass der Tiefpunkt zu Beginn des zweiten Quartals 2019 oder sogar schon gegen Ende des ersten Quartals erreicht sein wird. Wir beurteilen das strukturelle Wachstum des Maschinenbausektors zuversichtlich, da die Fabrikautomatisierung nicht nur notwendig ist, um dem Arbeitskräftemangel zu begegnen, sondern auch, weil viele Produkte und Elektrobauteile zunehmend diffiziler geworden sind und erstklassige Produktionsverfahren benötigen. Diese Arbeit kann nicht mehr von menschlichen Arbeitskräften erledigt werden – hier ist mechanische Präzision erforderlich“, so Glanzmann und Mito.
Darüber hinaus hätten die Hersteller in Bereichen, die direkt von den Handelskonflikten betroffen seien, offenbar notwendige Investitionen zurückgestellt. Wenn sich allerdings ihr allgemeines Szenario eines nachhaltigen, soliden Privatkonsums als richtig erweise, würden sie zu höheren Investitionen gezwungen sein, um die Nachfrage der Endkonsumenten zu bewältigen. Aus strategischer Sicht sei man weiterhin der Ansicht, dass börsennotierte Unternehmen in Japan auf absehbare Zeit jährliche Gewinnwachstumsraten im hohen einstelligen Bereich halten könnten, heißt es weiter.
„Japan befindet sich nach wie vor an der Speerspitze technologischer Innovationen, insbesondere im Bereich Robotertechnik. Wir sind davon überzeugt, dass Zukunftsthemen wie künstliche Intelligenz (KI) und das Internet der Dinge (IoT) auch zukünftig Impulse für neue Geschäftschancen und effizientere Arbeitsabläufe geben. Die Konsumnachfrage sollte dank der Weiterentwicklung von Technologien wie 5G und der Cloud robust bleiben. Trends in den Bereichen Elektromotorisierung, autonomes Fahren und bargeldlose Zahlung – letztere wird vor allem von staatlicher Seite vorangetrieben – dürften sich indes beschleunigen“, so Glanzmann und Mito.
Das Wachstumspotenzial der japanischen Unternehmensgewinne werde zwar 2019 voraussichtlich geringer ausfallen als im letzten Jahr. Doch der Gewinntrend von Aktien, die wir als ‚Leaders‘ ansähen, sei robust. Im deutlichen Gegensatz dazu erscheine ihnen der Aktienmarkt überverkauft, insbesondere in den Bereichen Smartphones und Fabrikautomatisierung. Insgesamt scheine der Aktienmarkt eine globale Rezession übermäßig stark eingepreist zu haben, heißt es weiter.
„Deshalb halten wir eine Höherbewertung des Marktes für sehr wahrscheinlich. Auf Einzelaktienebene sehen wir einige wirklich attraktive Anlagechancen in ausgewählten Unternehmen, die ihre Gewinne unseres Erachtens wiederholt mit einem soliden Tempo steigern können, aber dennoch auf niedrigen Bewertungsniveaus gehandelt werden. Unsere Anlagephilosophie beruht darauf, das von uns als nachhaltig betrachtete Gewinnwachstum führender Unternehmen in Relation zu den vorherrschenden Aktienkursen zu nutzen. Bei dieser Disziplin zahlen sich Geduld und Anlageüberzeugung aus. Kurzfristigen Turbulenzen schenken wir daher keine allzu große Aufmerksamkeit, da solche Verzerrungen unsere Kernkompetenz potenziell untergraben könnten“, so Glanzmann und Mito abschließend.
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