Japanische Notenbank will sich erstmals von ETFs trennen
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Erwähnte Instrumente
- USD/JPY - WKN: 965991 - ISIN: XC0009659910 - Kurs: 147,972 ¥ (FOREX)
Die Zentralbank plant, ihre ETF-Positionen künftig zu Marktpreisen zu veräußern, in einem ersten Schritt im Umfang von rund 330 Mrd. Yen pro Jahr, was etwa 2 Mrd. US-Dollar entspricht. Parallel sollen auch Bestände an Immobilienfonds (REITs) im Volumen von jährlich rund 5 Mrd. Yen reduziert werden.
Die Verkäufe sollen beginnen, sobald die operativen Vorbereitungen abgeschlossen sind. Eine genaue Terminierung blieb die BOJ schuldig, Beobachter rechnen mit einem Start im kommenden Jahr. Die Maßnahme markiert eine Kehrtwende nach mehr als einem Jahrzehnt ultraexpansiver Geldpolitik, in deren Verlauf die Notenbank ETF-Anteile im Gesamtwert von rund 37 Bio. Yen aufgebaut hatte. Diese Käufe sollten ursprünglich das Vertrauen in die Kapitalmärkte stärken und deflationäre Tendenzen bekämpfen. Nun will sich die BOJ, mit Bedacht und in kleinen Schritten, aus dieser Rolle zurückziehen.
Der Ausstieg soll langfristig erfolgen
Der Ausstieg wird sich indes über Jahrzehnte hinziehen: In dem anvisierten Tempo würde es über ein Jahrhundert dauern, bis die gesamten Bestände abgebaut sind. Die behutsame Gangart unterstreicht, wie sehr die Zentralbank eine Destabilisierung der Finanzmärkte vermeiden will, insbesondere vor dem Hintergrund der global zunehmenden Unsicherheit.
Zur historischen Einordnung: Die Bank of Japan (BOJ) begann im Dezember 2010 als weltweit erste Zentralbank mit dem systematischen Kauf von börsengehandelten Fonds (ETFs) als Teil ihres Asset Purchase Programs. Das ursprünglich als vorübergehende Maßnahme bis Ende 2011 konzipierte Programm wurde unter Gouverneur Haruhiko Kuroda ab 2013 im Rahmen der „Abenomics" massiv ausgeweitet, wobei die jährlichen ETF-Käufe von initial 450 Milliarden Yen auf bis zu 12 Billionen Yen während der COVID-19-Pandemie 2020 stiegen. Die BOJ konzentrierte sich dabei auf ETFs, die den TOPIX-, Nikkei 225- und JPX-Nikkei 400-Index sowie J-REITs abbilden. Durch diese beispiellose Intervention akkumulierte die Zentralbank bis 2024 ETF-Bestände im Buchwert von rund 37 Billionen Yen (etwa 70 Billionen Yen Marktwert), was etwa 7 % der gesamten japanischen Marktkapitalisierung und 80 % des japanischen ETF-Marktes entspricht.
Begleitet wird die Entscheidung von einem geldpolitischen Zwischenton, der klar in Richtung einer strafferen Linie weist. Zwar beließ die BOJ den kurzfristigen Leitzins wie erwartet bei 0,5 %, doch zwei Mitglieder des geldpolitischen Rats, Hajime Takata und Naoki Tamura, sprachen sich erstmals offen für eine Anhebung auf 0,75 % aus. Ihr abweichendes Votum gilt als deutliches Signal, dass innerhalb der BOJ der Druck zu einer rascheren Normalisierung der Geldpolitik zunimmt.
BOJ-Gouverneur Kazuo Ueda zeigte sich auf der anschließenden Pressekonferenz offen für weitere Zinsschritte: "Die realen Zinsen bleiben niedrig. Wenn sich unsere Konjunktur- und Preisprognosen bestätigen, werden wir die Leitzinsen weiter anheben, im Einklang mit der wirtschaftlichen Entwicklung.“
Der Yen reagierte mit einer deutlichen Aufwertung, während kurzlaufende Anleiherenditen stiegen und der Nikkei-Index ins Minus drehte. Die Märkte werten die Entscheidung als Beginn einer geldpolitischen Neuorientierung und als möglichen Vorboten einer Leitzinserhöhung bereits im Oktober.
Trotz dieser Unwägbarkeiten bleibt der Inflationsdruck in Japan bestehen: Im August stiegen die Kernverbraucherpreise um 2,7 % gegenüber dem Vorjahr, der dritte Rückgang in Folge, aber weiterhin oberhalb des BOJ-Ziels von 2 %.
Ein nächster Zinsschritt scheint damit wahrscheinlicher zu werden, zumal eine Mehrheit der von Reuters befragten Ökonomen bis Jahresende mit einer weiteren Anhebung um 25 Basispunkte rechnet.
Fazit: Mit dem Einstieg in den Abbau von ETFs und der erstmals offenen Forderung nach höheren Zinsen kündigt sich eine Fortsetzung der geldpolitischen Zeitenwende in Japan ab. Die vorsichtige Gangart bleibt, doch die Richtung ist klar: Der Ausstieg aus der ultralockeren Politik hat begonnen. Die hawkishe Wende der Bank of Japan erhöht den Druck auf Yen-basierte Carry Trades. Mit der Aussicht auf weitere Zinsschritte und dem schrittweisen Rückzug aus unkonventionellen Maßnahmen verliert der Yen an Attraktivität als klassische Niedrigzinsfinanzierungswährung und könnte daher mittelfristig auch aufwerten.

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